Die ersten grünen Landräte in Bayern

Wolfgang Rzehak ist fortan der heimliche Chef auch in Wildbad Kreuth, wo sich alljährlich die CSU zu ihren Klausuren versammelt. Und darüber hinaus im Tegernseer Tal, im ganzen Landkreis Miesbach: Rzehak, 46, ist zum ersten grünen Landrat in Bayerns Geschichte gewählt worden. Es ist das Ergebnis einer beispiellosen Polit-Posse im Herzen Oberbayerns.

53,46 Prozent sind es am Abend genau für den Verwaltungsfachmann aus Gmund, also merkbar vor dem Freien Wähler Norbert Kerkel. Mit dem Spruch „Schwer zu schreiben, gut zu wählen“ hatte Rzehak (der Name kommt aus dem Tschechischen) für sich geworben. Er hob seine Erfahrung aus dem Münchner Kreisverwaltungsreferat hervor, wo er seit 2001 arbeitet, und dem Kreistag, in dem er seit 18 Jahren sitzt. Der verheiratete Vater zweier Töchter warb für Klimaschutz, Erhalt der Landschaft und Kampf gegen Gentechnik, aber auch für Investitionen mit Augenmaß im Tegernseer Tal.

Wichtiger als jedes Plakat war freilich die Entstehungsgeschichte des spektakulären Wahlsiegs. Rzehak ist der Hauptprofiteur der Affären-Serie des scheidenden CSU-Landrats Jakob Kreidl um Sparkassen-Partys, erschlichenen Doktortitel, Nebeneinnahmen, Verwandten-Beschäftigung und Schwarzbau, vielleicht auch noch mehr. Kreidl hätte mit vielleicht nur der Hälfte der Skandale die Wahl noch gewonnen – nun aber machten es die Außenseiter unter sich aus, und die Freien Wähler hatten selbst noch Ärger mit einem weiteren Sparkassen-Fest an der Backe. „Ich werd narrisch“, jubelt jetzt die frühere Grünen-Landeschefin Theresa Schopper.

Die CSU ist es schon. Für die Partei endet damit wenigstens der wochenlange Albtraum. Selten erlebte die Partei kommunal so ein Desaster wie hier im schönsten Oberbayern. Am Ende musste Kreidl ja von CSU-Chef Horst Seehofer politisch zu einer Verzichtserklärung gezwungen werden. Das Hin und Her war aber nicht mal damit beendet. Vergeblich versuchte Seehofer, eine Wahlempfehlung der örtlichen CSU für den Freien Wähler durchzusetzen. Die Basis vor Ort weigerte sich, weil sie alle Kandidaten für ungeeignet hielt – und entschied damit wohl die Stichwahl. Die Wahlbeteiligung lag bei 43,6 Prozent, etwas mehr als befürchtet.

Mit einer schwarz-grünen Mehrheit im Kreistag könnte man jetzt zumindest zusammen mit Rzehak Politik gestalten, heißt es bei den örtlichen CSUlern. Die übrigens widersprechen vehement der Lesart, der Landkreis sei nun grün. Man habe „vier Bürgermeister mehr als vorher“, sagt die örtliche Abgeordnete Ilse Aigner: „Das Tegernseer Tal ist fast schwarz.“

Zum ersten Grünen-Landrat kommt noch einer mit roter Hilfe dazu: In Miltenberg gewann Jens Marco Scherf, der gemeinsam für SPD, Grüne und ÖDP angetreten war. Auch spektakuläre Siege in Städten gelangen den Grünen: In Grafing (Landkreis Ebersberg) zum Beispiel gewann Angelika Obermayr mit 60 Prozent gegen eine CSU-Frau.

C. Deutschländer

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