Bayern ist betroffen, Bayern trauert

Mitgefühl

Horst Seehofer ist am Tag nach der Katastrophe in Bad Aibling. Er trifft sich mit Rettern, die Unaussprechliches erlebten.

Von Katia Meyer-Tien, MZ

Im Foyer des Rathauses in Bad Aibling stehen Trauerkränze. Auch auf dem Platz davor haben Menschen Kerzen und Blumen abgelegt. Foto: dpa

Bad Aibling.Am Tag danach ist der Himmel grau in Bad Aibling. Eine trübe Sonne scheint auf das leere Springbrunnenbecken vor dem Rathaus, auf die Grablichter und Blumen. Zehn Menschen kamen ums Leben, als am Dienstagmorgen zwei Züge auf der eingleisigen Bahnstrecke von Bad Aibling in den Nachbarort Kolbermoor zusammengeprallt sind, Dutzende Verletzte liegen noch in den Krankenhäusern.

Es ist der Tag, an dem viele Politiker nach Bad Aibling kommen. Ministerpräsident Horst Seehofer ist am späten Vormittag da, er besucht Opfer, legt einen Kranz an der Unglücksstelle nieder und spricht mit Rettungskräften. Mit Menschen wie Thomas Neugebauer vom Bayerischen Roten Kreuz, der am Dienstag als Abschnittsleiter direkt in den zerstörten Zügen geholfen hat, die eingeklemmten Opfer zu befreien. Und dabei Unaussprechliches erlebt und gesehen hat. Wie schlimm das war, ahnt man, wenn er erzählt, dass mehr als 20 Rettungskräfte noch am Dienstag selbst vom Kriseninterventionsteam betreut werden mussten. Trotzdem spricht Neugebauer vor allem von Positivem: dem Riesenglück mit dem Wetter, und dass Ferien waren. Und von der Riesenleistung, dass alle Teams so gut zusammenarbeiteten und innerhalb von nur drei Stunden die Fahrgäste befreien konnten.

Dank vom Ministerpräsidenten


So sind es dann auch die Rettungskräfte, denen der Ministerpräsident in der Pressekonferenz zuerst dankt: „Sie haben unter ungeheuer schwierigen Bedingungen Beachtliches geleistet. Wir sind stolz auf Euch.“ Seine Stimme bricht, als er das sagt. Eine „furchtbare Tragödie für ganz Bayern“ sei der Unfall: „Bayern ist betroffen. Bayern trauert.“ Das Mitgefühl für die Opfer und ihre Angehörigen versammelt am Aschermittwoch viele Politiker, die auf verschiedenen Veranstaltungen gesprochen hätten, übereinander, gegeneinander, sicher nicht miteinander.

SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher ist da, viele Vertreter der CSU, auch Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, die im Nachbarort aufwuchs und selbst in ihrer Jugend jeden Morgen über die Unglücksstrecke nach Bad Aibling zur Schule fuhr.

Hier finden Sie eine Bildergalerie und ein Video zu den Rettungsarbeiten:

Großrettung nach Zugunglück in Bad Aibling

Die Ermittlungen und Aufräumarbeiten haben nach der Zug-Tragödie begonnen. Video: dpa

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth hatte am Dienstag gerade an ihrer Rede für den politischen Aschermittwoch gefeilt, als sie die Nachricht von dem Unglück bekam. Schnell fiel bei den Grünen wie auch bei den meisten anderen Parteien die Entscheidung, die Veranstaltung abzusagen, erzählt sie: „Ich bin froh, dass auf die Polterei verzichtet wird. Ich hätte gar nicht reden können“. Am Mittwochmorgen fährt sie fast unbemerkt von den Medien gemeinsam mit den Spitzenpolitikern der Grünen in Bayern zu den Gleisen, legt Blumen nieder, zündet eine Kerze an. Sichtlich berührt ist sie anschließend: „Das sind fürchterliche Bilder. Plötzlich ist das so nah. Traurig und nachdenklich mache sie das Unglück. „So viele Konflikte, so viel Gehetze. Dabei ist es das Leben, das zählt.“

Polizisten bewachen den Zugang

Bei dem schwerem Zugunglück in Oberbayern am Dienstag sind mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Foto: dpa

Das Leben, das irgendwie weitergehen muss in Bad Aibling. Die Straßen sind nicht mehr gesperrt, nur an der Mangfallbrücke am Ortsausgang sind noch Fahrzeuge von Feuerwehr, Polizei und der Bayerischen Oberlandbahn geparkt, Polizisten bewachen noch immer den Zugang zu dem kleinen Weg, der zwischen den Bahngleisen und der Mangfall entlangführt. Das Gelände ist noch weiter abgesperrt als am Dienstag, nur aus der Ferne und durch die Bäume erkennt man, dass jetzt vor und hinter den Zügen, die noch immer verkeilt auf den Gleisen stehen, die roten Bergungsfahrzeuge stehen, die aus Fulda und aus Leipzig gebracht worden sind. Zwei Jungen auf Fahrrädern stehen am Weg, vielleicht zwölf oder 13 Jahre alt. „Krass“, sagen sie und lachen. Wenn nicht Faschingsferien wären, hätten sie in genau dem Zug gesessen, sagen sie.

Hier finden Sie ein Video zu den Entwicklungen am Mittwoch:

Die Ursache für die Katastrophe in Bad Aibling ist noch immer unklar. Video: dpa

Im Ort selber hängen noch die Banner, die für den Faschingszug und den abgesagten Kehraus am Dienstag werben. Die Menschen auf den Straßen sind betroffen, fast jeder, den man fragt, kennt jemanden, der im Zug war oder im Zug hätte sein können. Kurt Beyersdorffer zum Beispiel, der mit Kopfschütteln das Verkehrschaos am Aiblinger Rathaus beobachtet, das entsteht, als der Ministerpräsident mit Polizeischutz vorfährt. Ein guter Freund von ihm wollte eigentlich den Unglückszug nehmen, hat sich dann aber spontan entschieden, mit einem späteren Zug zu fahren.

Das sind die guten Geschichten, die man hört. Dass es auch ganz andere gibt, weiß man, wenn man in das blasse Gesicht und die roten Augen der Frau schaut, die am Nachmittag ganz still ein weißes Totenlicht im Brunnenbecken vor dem Rathaus anzündet. Sagen möchte sie nichts.

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