Zorneding – Das schwarze Loch der CSU

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Ein rechtspopulistischer Artikel und eine rassistische Beleidung: Die fremdenfeindlichen Entgleisungen des Ortsverbands Zorneding suchen ihresgleichen. Nun gibt es wohl Konsequenzen.

Zuerst ein rechtspopulistischer Artikel der Zornedinger CSU-Vorsitzenden Sylvia Boher im örtlichen Parteiblatt und dann die verbale Entgleisung ihres Stellvertreters Johann Haindl, der den aus Kongo stammenden katholischen Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende als “Neger” bezeichnet haben soll: CSU-Bezirkschefin Ilse Aigner werden die fremdenfeindlichen Auswüchse ihrer Parteifreunde in der 8000-Seelen Gemeinde Zorneding 20 Kilometer östlich von München offenbar zu bunt. Aigner teilte der Süddeutschen Zeitung nun mit, dass sie gegen Haindl Ordnungsmaßnahmen prüfen lasse. Auch ein Parteiausschlussverfahren ist demnach möglich.

Haindl wird in einem Interview mit der Lokalredaktion des Münchner Merkur wie folgt zitiert: “Der muss aufpassen, dass ihm der Brem (Anmerkung d. Red: Altpfarrer von Zorneding) nicht mit dem nackerten Arsch ins Gesicht springt, unserem Neger.” Haindl kommentierte damit die Reaktion des Pfarrgemeinderates auf einen umstrittenen Artikel der CSU-Ortsvorsitzenden zur Flüchtlingspolitik. Das Gremium hatte den Ortsverband daraufhin aufgefordert, eine Grafik der Zornedinger Kirchen vom Cover des Parteiblattes zu nehmen.

Aigner schaltet sich ein

“Die Äußerungen von Herrn Haindl sind völlig inakzeptabel. In der CSU Oberbayern haben solche Äußerungen und eine solche Wortwahl keinen Platz!”, schreibt Aigner. Und weiter: “Ich kann Herrn Pfarrer Oliver Ndjimbi-Tshiende versichern, dass wir solche Entgleisungen nicht dulden.” Sie gehe nun davon aus, dass Herr Haindl sich in aller Form entschuldigen und der CSU-Ortsverband Zorneding sich deutlich distanzieren werde. Distanzieren, das ist momentan politische Hauptbeschäftigungen vieler der 85 Mitglieder des Zornedinger CSU-Ortsverbandes. Teilweise mit allen Konsequenzen. So ist die Leiterin des örtlichen Helferkreises für Flüchtlinge aus der CSU ausgetreten, und auch der Geschäftsführer der Zornedinger CSU hat den Ortsverband verlassen.

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Grund war ein Artikel der Ortsvorsitzenden Boher vor 14 Tagen im Parteiblatt Zorneding Report, in dem sie gegen Flüchtlinge hetzt. Die Diplom-Kauffrau und promovierte Politologin polemisiert darin etwa: “Heute wird uns von den linksdominierten Medien weisgemacht, ein Militärdienstflüchtling aus Eritrea ist mit einem heimatvertriebenen Deutschen des Zweiten Weltkriegs gleichzusetzen???” Als nach 1945 Heimatvertriebene nach Deutschland kamen, seien sie von der Bevölkerung – anders als heute – nicht mit Begeisterung empfangen worden. “Kostenlose Verpflegung, Unterkunft und Taschengeld: Fehlanzeige! Integrationsbeauftragte: Fehlanzeige! Psychologen für die traumatisierten Vertriebenen: Fehlanzeige!”

Angriffe auf Gauck und Merkel

Auch spielt sie Asylbewerber gegen deutsche Bedürftige aus: “Was würde Strauß dazu sagen, dass die von deutschen Staatsbürgern gewählten Volksvertreter auf allen Ebenen weit größere Solidarität mit Flüchtlingen aus aller Welt zeigen als mit den eigenen Bürgern?” Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck greift sie ebenfalls an: “Würde Strauß glauben, wir leben in einem Gottesstaat, in dem ein protestantischer Pastor aus der ehemaligen DDR Bundespräsident ist und eine FDJ-Funktionärin und Pastorentochter Bundeskanzlerin?”

Für ihre hetzerischen Artikel ist Boher bekannt. Schon 1997 schimpfte sie über Flüchtlinge, die “sich auf Kosten der deutschen Beitragszahler die Zähne sanieren lassen oder Stammesfrisuren für viel Geld vom Sozialamt” bezahlt bekommen. 2011 äußerte sie sich abwertend gegenüber Zugezogenen “mit norddeutschem Akzent”, die die “Baulandpreise für Einheimische ins Utopische wachsen lassen”.

Protest in der Bevölkerung ist groß

Bislang haben die jüngsten Diffamierungen aber die Toleranzgrenze nur weniger Zornedinger Parteifreunde überschritten, wenngleich der Protest in der Bevölkerung groß ist. Der Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Thomas Huber stärkte Boher den Rücken, indem er den Artikel als freie Meinungsäußerung abtat, auch wenn er die Ansichten nicht teile.

Auch der Ortsvorstand stellte sich vorige Woche noch hinter Boher. Nachdem mit dem “Neger”-Zitat ihres Stellvertreters eine neue Eskalationsstufe in der Affäre erreicht wurde, sind Boher und ihr Stellvertreter Johann Haindl kaum zu halten. An diesem Montag soll es eine weitere Sondersitzung des Ortsvorstandes geben. Das teilte Boher der SZ mit. Den Inhalt der Tagesordnung ließ sie aber offen.

Bezirkschefin Aigner, die sich derzeit auf einer Delegationsreise im Iran befindet, wird aber wohl kein Machtwort sprechen müssen. Nachdem der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) Boher in einem Radiointerview am Samstag empfahl, “dass sie Verantwortung für ihr Handeln übernimmt und weiteren Schaden von der CSU, der Gemeinde und dem Landkreis abwendet, um somit auch den Weg für einen Neuanfang frei zu machen”, forderte am Sonntag auch Kreisvorsitzender Huber personelle Konsequenzen im Ortsverband.

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