Mittlerweile geht Klinsmann nur noch aus Zeitgründen in die Luft – als Hobby-Pilot schwebt er zum Training seiner US-Boys in Los Angeles.
“Er wollte schon als Kind Pilot werden. Er ist ein Typ, der sich immer neue Projekte sucht”, sagt Fitness-Coach Darcy Norman. Der 49-jährige Kanadier war unter Klinsmann schon für die deutsche Nationalmannschaft und Bayern München tätig. Klinsmanns neues Hobby hat einen Nutzen: Er umgeht im Helikopter den chaotischen Verkehr von Los Angeles, um aus Huntington Beach zum Trainingszentrum in Carson zu gelangen. In Amerika ist ein fliegender Nationaltrainer nichts Besonderes.
Jones eine feste Größe
In Deutschland war das anders. Als Klinsmann 2004 den Job von Rudi Völler übernahm, stieß einigen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) die Pendelei zwischen Kalifornien und Deutschland sauer auf. Auch die Trainingsinhalte, delegiert an einen großen Betreuerstab, sorgten für Irritationen. Nach Platz drei beim “Sommermärchen” 2006 machte Klinsmann Platz für seinen Co-Trainer Joachim Löw. Im Juli 2008 holten die Bosse des FC Bayern den Reformer Klinsmann nach München, nach genau 300 Tagen war das Experiment wieder beendet.
Als 2011 der Anruf von Sunil Gulati kam, zögerte Klinsmann keine Sekunde. “Er ist ein hoch dekorierter Spieler und Trainer mit der nötigen Erfahrung, um unser Fußballprogramm nach vorn zu bringen”, sagt der Präsident des amerikanischen Verbandes. Von Kalifornien aus plant Klinsmann die erfolgreiche Zukunft seines Teams. Dabei helfen ihm die erfahrenen Landon Donovan, Kapitän Clint Dempsey oder Jozy Altidore – zudem bedient sich Klinsmann mit Vorliebe aus der Bundesliga.
Der Schalker Jermaine Jones ist im Mittelfeld eine feste Größe, Hoffenheims Fabian Johnson debütierte unter Klinsmann ebenso wie John Brooks von Aufsteiger Hertha BSC. Weltweit suchen Scouts nach Talenten mit US-Hintergrund, das Jugendförderprogramm wird stetig weiterentwickelt. “Viel läuft in die richtige Richtung”, sagt der ehemalige Welt- und Europameister Klinsmann. Die Resultate geben ihm recht.
Erfolge gegen Italien und Deutschland
Von 41 Spielen gewann Klinsmanns Team 26, gegen Honduras errangen die Amerikaner im vergangenen Juli zum fünften Mal den Gold Cup. Hinzu kamen Prestige-Erfolge wie ein 1:0 in Italien und das kuriose 4:3 gegen Deutschland in Washington im Juni. In der Qualifikation sicherten sich die USA ausgerechnet gegen Erzrivale Mexiko das Ticket nach Brasilien. “Der nächste Schritt ist, dem Team klar zu machen, dass die WM noch zwei Level höher liegt”, sagte Klinsmann danach.
Für den großen Wurf dürfte es auch bei der neunten WM-Teilnahme nicht reichen. In der Vergangenheit war nach der Vorrunde oft Endstation. Das beste Ergebnis gelang 1930 bei der ersten WM-Endrunde in Uruguay, als das Team sensationell Dritter wurde. In Brasilien droht den US-Boys eine Todesgruppe, doch Klinsmann dürfte auch für diesen Fall eine Idee haben – und möglicherweise gelingt dem Hobby-Piloten aus Göppingen und seinem Team ein unerwarteter Höhenflug.