Witterung fordert bayerische Kartoffelbranche

Witterung fordert bayerische Kartoffelbranche

Bilanz für den bayerischen Kartoffelanbau und die Vermarktung 2013

Kartoffelmarkt ist Stimmungsmarkt – ob dieses Jahr eher die Stimmung oder doch die Fakten den Marktverlauf prägen, wird sich zeigen. Hier die Fakten, die für dieses Jahr unstrittig sind.

Bilanz für 2013

Das Anbaujahr 2013 war geprägt von Wetterextremen. Dem langen Winter folgte ein nur kurzes Zeitfenster im Frühjahr für die Auspflanzung. Danach war es vielerorts lange Zeit nass und regnerisch, was regional zu der bekannten Hochwassersituation bzw. Überschwemmungen oder „Absaufen“ von ganzen Kartoffelbeständen führte. Auch wer nicht direkt von Hoch- oder Druckwasser betroffen war, konnte in dieser Zeit aufgrund der reichlichen Niederschläge nicht ans Auspflanzen denken. Mancherorts wurden die letzten Kartoffeln erst Ende Mai oder sogar erst im Juni „gesteckt“. Die rechtzeitig gepflanzten Kartoffeln blieben im kalten und nassen Boden in der Entwicklung stehen. Im Anschluss kam das gegenteilige Problem: Es blieb wochenlang heiß und trocken. In vielen Kartoffelgebieten fiel von Mitte Juni bis Ende Juli kein Tropfen Regen. Verschärft wurde dies durch anhaltende Hitze Ende Juli mit Temperaturen weit über 30 Grad Celsius. In einer Umfrage des Bayerischen Bauernverbandes gaben über 70 Prozent der Befragten an, keine Beregnungsmöglichkeit zu haben. Diese Betriebe traf es somit „voll“. Aber auch auf den beregneten Flächen wurde kein Wachstum mehr beobachtet, lediglich ein „am Leben halten“ war möglich.

Für die Bestände, die sowohl das viele Wasser als auch die anschließende Trockenheit überstanden haben, stellte sich im August die nächste Herausforderung. „Wüchsige“ Witterung sorgte bei manchen Sorten und Standorten für Zwiewuchs. Blühende Kartoffelbestände im August waren keine Seltenheit. Unter der Erde entwickelte sich eine zweite Generation Knollen oder es kam zur sogenannten „Kindelbildung“, also Neuansatz von Knollen.

Anfang September stellte sich somit die Frage: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach? Soll heißen: Reifefördern und sicher ernten, oder wachsen lassen mit der Gefahr einer verzögerten Ernte oder eines nassen Herbstes und damit massiven Ernte- und Qualitätsproblemen. Entscheiden musste das jeder Landwirt selbst in Abstimmung mit seinen Abnehmern. Jetzt weiß man, dass die Bestände durchaus noch gewachsen sind, aber leider zeigt sich die Witterung auch zum Schluss des Kartoffeljahres 2013 eher von der unfreundlichen Seite.

Ernteschätzung überrascht nicht

Überrascht hat die Prognose der Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) Ende September nicht wirklich – zumindest nicht die Landwirte. Im Rahmen des Landesmarktgespräches schätzten die Erzeugergemeinschaften bereits Anfang September einen Minderertrag für 30 Prozent in Bayern – mit weiter Streuung in beide Richtungen. Das BMELV schätzte die Ernte für Bayern auf 1,35 Mio. Tonnen, was ein Minus von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeuten würde – mehrjährige wären dies sogar 30 Prozent unter dem Durchschnitt. Auch wenn die Ergebnisse für Bayern „als besonders dramatisch“ vom BMELV bezeichnet wurden, wurde für die übrigen Länder auch ein unterdurchschnittliches Ergebnis ausgewiesen. Für ganz Deutschland wurde eine Ernte von 9,2 Millionen Tonnen prognostiziert. Dies sind 13 Prozent weniger als im Vorjahr und knapp 18 Prozent weniger als im mehrjährigen Schnitt.

Gemischte Ernten in Bayern

In einer aktuellen Telefonkonferenz der bayerischen Landesvereinigung für Kartoffeln wurde von weit fortgeschrittenen Rodearbeiten berichtet. Aus Niederbayern berichten die Erzeugergemeinschaften von rund 30 Prozent Mindererträgen. Späte Sorten konnten die Witterung im August noch in Ertrag umsetzten, erreichten aber nicht den gewohnten Umfang. Stärkekartoffeln sind im Ertrag eher schwach. Aufgrund der Nässe wird derzeit viel Erde mit geerntet. Beobachtern zufolge wurde der Beregnungsaufwand nicht mit entsprechenden Mehrerträgen belohnt. Ein höherer Beregnungserfolg wird aus dem Münchner Raum berichtet, doch auch hier bleiben die Erträge unterdurchschnittlich. Aktuell wird unter erschwerten Bedingungen die Ernte beendet. Massive Ertragseinbrüche werden aus der Oberpfalz und Mittelfranken gemeldet. Verspätet Pflanztermine und fehlende Bewässerungsmöglichkeiten sind die Hauptursachen. Die fehlenden Erträge stellen nicht nur die Landwirte sondern auch die Verarbeiter vor große Probleme. Gerade die frühen Sorten sind in der Hitzeperiode zusammengebrochen. Bei den späten Sorten und Pflanzterminen sorgt die Witterung jetzt für eine erschwerte Ernte. Auch das größte Kartoffelanbaugebiet Neuburg-Schrobenhausen kann sich diesen Meldungen nur anschließen. Rund 30 Prozent weniger – einziges Trostpflaster bleibt die bis dato recht gute Qualität der Kartoffeln. In den schwäbischen Anbaugebieten, stark geprägt von Verarbeitungsware für „Fritten“, ist die Ernte noch nicht so weit fortgeschritten – noch mehr als ein Drittel dürfte auf den Feldern sein.

Bayerns größter Kartoffelverarbeiter, die Südstärke, rechnet nur mit einer Vertragserfüllung von lediglich 65 Prozent. Der zum Teil späte Ertragszuwachs führte oft zu Verdünnungseffekten im Stärkegehalt und konnte das Gesamtergebnis nicht verbessern. Im Hinblick auf das Ende der Stärkemarktordnung und das damit verbundene Ungleichgewicht innerhalb der EU, stellt dies die bayerische Stärkeindustrie vor besonders große Herausforderungen.

Kann es der Markt richten?

Aufgrund der bereits knappen Ernte 2012 startete das laufende Kartoffeljahr von Anfang an mit positiven Vorzeichen. Während in den vergangenen zwei Jahren die Frittenindustrie als Preismacher – mal nach unten, mal nach oben – auftrat, übernimmt diesen Part heuer der Speisekartoffelmarkt. Der Speisekartoffelpreis konnte sich 2013 von Anfang an gut behaupten, und hielt sogar über die Haupternte die Marke von 20 Euro je Dezitonnen. Auch wenn diese Preise nicht für jeden Landwirt ausreichen, um die Mindererträge auszugleichen, ist dies aktuell durchaus ein „guter Preis“. Marktexperten rechnen dennoch mit Luft nach oben, von ersten Preisanhebungen wird aus dem Norden Deutschlands bereits berichtet. Auch wenn die Vermarktung der Kartoffelernte 2013 erst am Anfang steht, sollte man das „Vermarkten“ nicht aus den Augen verlieren und regelmäßig sich bietende Verkaufsmöglichkeiten prüfen und ggf. nutzen. Im Verarbeitungsbereich können die Preise noch nicht ganz mitziehen. Zwar gibt die Warenterminbörse deutlich die Richtung vor, die Erzeugerpreise in Bayern verharren aber noch bei 15 bis 17 Euro/100 kg, zzgl. MwSt. Das mag zum einen daran liegen, dass sich die Verarbeiter derzeit überwiegend aus Kontraktware bedienen und deshalb relativ wenig Ware über den freien Markt bezogen wird. Zum anderen sind die Ernteprognosen für die bedeutenden Anbaugebiete von Frittenrohstoff nicht so schlecht. Für Nordrheinwestfalen schätzt das BMELV ein Plus von sieben Prozent. In einer aktuellen Zusammenfassung der AMI wird für Frankreich und Belgien eine deutlich bessere Ernte als 2012 erwartet. Die Niederlande werden in etwa die gleiche Ernte einfahren wie im Vorjahr. Ob diese Erntemengen letztlich eingebracht werden können und ob diese den Rohstoffhunger der Fabriken stillen können, wird sich zeigen. Schwierig bleibt die Lage beim Vertragsanbau ohne variablen Preisanteil, also mit Festpreisen! Verträge sind natürlich für beiden Seiten ein zu empfehlendes Mittel, um unwägbare Marktrisiken abzusichern. Jedoch zeigt das Jahr 2013 wieder einmal, dass reine Festpreisverträge keine Möglichkeit bieten, Mindererträge wenigstens teilweise über den Preis auszugleichen. Vielerorts konnten jedoch die Erzeugergemeinschaften zusammen mit den Abnehmern Zugeständnisse bei den Qualitätskriterien erreichen.

Das Kartoffeljahr 2013 dauert einschließlich der Vermarktung noch bis weit in das Jahr 2014 hinein. Ein Rückblick in die letzten Jahre lässt aber vermuten, dass die eine oder andere Überraschung noch auf uns warten könnte.


Quelle: Bayerischer Bauernverband
Veröffentlichungsdatum: 29.10.2013

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