Der heiße und trockene Sommer hat wohl die Zahl der Wespen deutlich steigen lassen. Die stechenden Biester sind heuer so aggressiv wie lange nicht. Warum die schwarz-gelben Insekten verrückt spielen und was im Notfall hilft:
Schon das Wort „Zwetschgendatschi“ alleine, ausgesprochen in Richtung der netten Bedienung, scheint die Fühler der lästigen Viecher in Schwingungen zu versetzen. Folge: Der ganze schwarz-gelbe Körper ist nur noch auf eines aus – Attacke! Her mit dem Fressen! Wespen – sie sprengen derzeit Gartenpartys und wirken so aggressiv wie kaum zuvor. Manche greifen sogar einfach nur so an – das ist verbürgt –, als sei es zwecks der reinen Gaudi.
Doch sind es derzeit wirklich mehr Viecher als sonst? Markus Erlwein vom Landesbund für Vogelschutz (LBV): „Wir hatten einen sehr heißen und trockenen Sommer, das ist generell gut für die Entwicklung aller Insekten. Deswegen kann man vermuten, dass es mehr sind, doch zählen lassen sie sich nicht. Und es kommt uns auch so vor, dass mehr da sind, weil wir ja selbst mehr draußen sind.“
So ist also das Empfinden, ob Plage oder nicht, ein subjektives. Sicher ist aber: Wespen leben vom Frühjahr bis zum Herbst. Und bis etwa Mitte Juli hat man sie kaum bemerkt. Bis dahin halfen sie sogar uns Menschen, indem sie selbst auf Insektenjagd gingen. Interessant dabei diese Beobachtung: 600 Wespen brachten in drei Stunden 2500 Fliegen und 600 andere Insekten ins Nest, um dort die Brut zu pflegen. Doch nun benötigt der Nachwuchs keine Hilfe mehr, jetzt wollen die Wespen selber fressen und schwirren aus, direkt auf den Tisch. Ihnen schmeckt leider das gleiche, was auch wir lieben. Grillfleisch, süße Getränke, Sachen mit viel Zucker: Eis, Marmelade, Kuchen. Hier alle Fakten zur gefühlten Wespen-Invasion:
Fragen und Antworten zur Wespen-Attacke
- Helfen die Hausmittel? Basilikum, Knoblauchzehen, Wespen anhauchen oder Kupfermünzen auslegen: Die Liste an Hausmitteln, die gegen die fliegenden Biester schützen sollen, ist lang. „Offiziell funktionieren solche Mittel aber nicht“, sagt Markus Erlwein vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Manche Tipps können gar das Gegenteil bewirken. Erlwein: „Wespen sollten nie angehaucht werden. Das Kohlendioxid im Atem macht sie sogar aggressiv.“
- Hilft das Weglocken? Auch der Trick, Wespen an anderer Stelle mit Früchten, Zuckerwasser oder Bier anzufüttern und so ruhig zu stellen, geht oft eher nach hinten los. Denn die Viecher werden wohl meist nicht nur bei der einen Futterstelle bleiben. Lieber sollte man das Essen abdecken oder den Tisch sofort nach dem Essen abräumen. Ob Rauch, egal von welcher Quelle her, gegen Wespen hilft, daran scheiden sich die Geister. Manche schwören auf Kaffeebohnen, die vorher in einem feuerfesten Behälter angezündet wurden. Generell lässt sich sagen: Hausmittel können helfen – eine Garantie gibt es nicht.
- Was macht Wespen so aggressiv? Bloß nicht nach den Wespen schlagen! Die hektischen Bewegungen bringen die Tiere nämlich schnell auf 180! „Auch wenn es schwer- fällt – am besten ist es ruhig zu bleiben“, so Erlwein.
- Wie kann man sich vor den Plagegeistern schützen? Denken Sie zunächst daran, was die Wespen eigentlich möchten! Die Insekten wollen jetzt naschen – also Vorsicht beim Essen. „Gerade bei Kindern sollte man aufpassen, dass sie immer aus einem Strohhalm trinken. Außerdem immer Hände und Gesicht nach dem Eisessen mit Feuchttüchern abwischen“, rät der Experte. Aber auch Frauen müssen wegen der Wespen genau aufpassen. Klingt zwar komisch, liegt aber am Sommertrend! Heuer sind Kleider mit Blumenmuster in. Darauf stehen nicht nur Modebewusste, sondern auch Wespen! Sie werden von den Blumen magisch angezogen. Das heißt aber auch: Dezente Klamotten schützen besser vor Wespen! „Auch bei Cremes und Parfum muss aufgepasst werden“, sagt Erlwein. Sogar Holzpolitur kann wegen ihres süßen Dufts die Wespen anlocken.
- Was ist jetzt im Garten zu beachten? Hier sollten die Besitzer den Kompost immer abdecken. Angefallener Müll, etwa nach dem Grillen, sollte schnell weggebracht werden.
- Wespennest am Haus – und was jetzt? Wenn sich die Wespen auf dem Balkon oder im Garten eingenistet haben – bloß nicht selber entfernen! „Nester selbstständig ausräuchern ist verboten!“, warnt Erlwein. Lieber einen Experten anrufen oder einfach abwarten. Die ersten Wespen sterben bereits.
Tropfen und Salbe helfen im Notfall
Zugegeben: In den meisten Fällen ist ein Wespenstich allenfalls schmerzhaft und relativ schnell wieder vergessen. Trotzdem sollte man das Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Ein Wespenstich kann lebensbedrohlich werden. Etwa dann, wenn der Betroffene nicht ahnt, dass er gegen das Gift der Insekten allergisch ist. Zudem sind Stiche im Mund- und Halsbereich sehr gefährlich, weil die Schleimhäute so stark anschwellen können, dass akute Erstickungsgefahr besteht. Besonders gefährdet sind Kinder und ältere Menschen“, warnt Dr. Marcella Kollmann-Hemmerich vom Hautzentrum München-West. Die Dermatologin und tz-Expertin rät dazu, im Zweifel sofort den Notarzt zu alarmieren – lieber einmal zu viel als zu wenig: „Wenn ein Patient Anzeichen für eine allergische Reaktion zeigt, sollte man nicht zögern, die 112 zu rufen – auch keine zehn Minuten.“
Bei einer allergischen Reaktion bilden sich oft Quaddeln am ganzen Körper. „Häufig bekommen die Patienten Kreislaufprobleme. Ihr Blutdruck fällt ab, ihnen wird schlecht“, weiß Dr. Kollmann-Hemmerich. In solchen Fällen spritze der Notarzt Kortison und antiallergische Medikamente, manchmal auch Adrenalin, um den Kreislauf zu stabilisieren. Wer weiß, dass er an einer Allergie beispielsweise gegen Wespengift leidet, der sollte immer ein Notfallset bei sich tragen – vor allem im Biergarten, am See oder beim Spazierengehen. Es beinhaltet neben einem Kortisonsaft und antiallergischen Medikamenten auch einen sogenannten Adrenalin-Pen. Das ist eine Art Mini-Spritze, die sich der Patient selbst in den Oberschenkel stechen kann.
Für daheim empfiehlt Dr. Kollmann-Hemmerich: „Holen Sie sich in der Apotheke Tropfen gegen allergische Reaktionen.“ Zu den gängigsten Marken gehören Fenistil-Tropfen. Sie sind rezeptfrei erhältlich. „Nach einem Wespenstich kann man 20 Tropfen einnehmen“, erläutert die Medizinerin. Schwellungen rund um die Einstichstelle lassen sich mit Kühlpackungen (nie im Gefrierfach lagern!) und kortisonhaltigen Salben behandeln. Oft verwendet wird FeniHydrocort. „Diese Salben sollte man drei Mal am Tag dünn auftragen.“
Die Bayern landen am häufigsten in der Klinik
Wieder ist Bayern vorne – aber darauf hätte man gerne verzichtet: Laut der Techniker Krankenkasse (TK) wurden im Jahr 2013 exakt 1524 Menschen aus dem Freistaat wegen eines giftigen Insektenstichs in einer Klinik stationär behandelt. Im bundesweiten Vergleich käme damit jeder vierte Patient, bei dem ein Bienen-, Wespen- oder Hornissenstich eine allergische Reaktion auslöste, aus Bayern. Oder anders: Während es im Bund sieben Betroffene je 100.000 Einwohner gab, waren es bei uns zwölf. Ein Erklärung dafür, und die ist wieder schön: ein wärmerer, längerer Sommer als in anderen Bundesländern.
Florian Fussek/Andreas Beez
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