Ausgerechnet der von der Staatsregierung beschlossene Einstieg in das kostenlose letzte Kindergartenjahr könnte die Kindergärten für die Eltern teurer machen. Vor dieser widersinnigen Folge des geplanten neuen Kindergartengesetzes (BayKiBiG) warnten mehrere Träger-Verbände bei einer Fachanhörung im Bayerischen Landtag.
Hintergrund der Befürchtungen: Im Zuge der Einführung des neuen Gesetzes will der Freistaat rund 185 Millionen Euro zusätzlich für die Kinderbetreuung ausgeben. Allein 125 Millionen Euro davon sind allerdings für den Ersatz künftig fehlender Elternbeiträge vorgesehen. Gleichzeitig verlangt das Gesetz jedoch, den Betreuungsschlüssel in Kindergärten auf künftig elf Kinder pro Fachkraft abzusenken. Die dafür vom Sozialministerium vorgesehenen 33 Millionen Euro reichten aber bei weitem nicht aus, um die Zusatzkosten zu decken, glaubt etwa der Sozialexperte des Bayerischen Städtetages, der Würzburger Sozialreferent Robert Scheller.
Soll der neue staatliche Betreuungsschlüssel dennoch eingehalten werden, seien die Träger finanziell überfordert, warnte auch Diakon Ludwig Selzam vom evangelischen Kita-Verband: „Wenn die Qualität nicht sinken soll, werden deshalb die Elternbeiträge steigen müssen.“ Damit werde aber die vom Freistaat versprochene Beitragsbefreiung „konterkariert“, kritisiert Pia Theresia Franke vom Landesverband katholischer Tageseinrichtungen.
Ein Kindergarten mit 25 Kindern erhält laut Joachim Feichtl von der Arbeiterwohlfahrt bei Erfüllung des neuen Schlüssels nach dem neuen Gesetz einen „Qualitätsbonus“ von exakt 529 Euro – im Jahr. Damit könne die Wochenarbeitszeit einer Erzieherin und einer Kinderpflegerin aber nur um eine halbe Stunde angehoben werden, kritisierte Feichtl: „Das ist nicht der Qualitätsschub, der uns versprochen wurde. Das ist höchstens ein Schubser.“
Mehrere der Experten sehen in der Beitragssenkung für das letzte Kindergartenjahr um fünfzig Euro in diesem Jahr und hundert Euro ab Herbst 2013 ohnehin eine falsche Verwendung knapper Mittel: „Investitionen in die Qualitätsverbesserung und den Kita-Ausbau wären notwendiger“, sagte etwa Gerhard Dix vom Bayerischen Gemeindetag.
Auch habe der Einstieg in die Beitragsfreiheit wegen vieler Unklarheiten „in der Praxis für viel Verunsicherung“ gesorgt, kritisierte Dix. So würden die Träger erst in diesen Tagen die ersten Abschlagszahlungen erhalten, obwohl die Absenkung bereits seit 1. September in Kraft ist: „Und es werden als Abschlag nur 48 Euro bezahlt anstatt fünfzig Euro.“
Johanna Huber vom Sozialministeriums verteidigte dagegen das neue Gesetz: Bayern zahle im Vergleich der Länder „mit Abstand am meisten für die Kinderbetreuung“, sagte die Ministerialbeamtin – im Jahr 2012 erstmals mehr als eine Milliarde Euro. Das neue Kindergartengesetz sollte eigentlich bereits vor der Sommerpause verabschiedet werden, wurde nach Protesten von Trägern und Erziehern aber auf Eis gelegt. Ob die neue harsche Kritik zu Änderungen führt, blieb zunächst offen.