Schön langsam kann Uli Hoeneß beginnen, Pläne für die Zeit nach dem Gefängnis zu schmieden. Und falls eines seiner Kinder ihm zur Entlassung ein weiteres Enkelkind schenken wollen würde, müsste es sich beeilen. Denn wenn alles normal weiterläuft, wird der frühere Präsident des FC Bayern München in neun Monaten endgültig aus der Haft entlassen. Es gibt keinerlei Hinweise, dass der 63-Jährige nicht nach dem Verbüßen der Hälfte seiner dreieinhalbjährigen Gefängnisstrafe freikommt. Hoeneß ist ein Musterhäftling: Er hält sich nach Informationen dieser Zeitung an alle Regeln. Er hat mehr als 40 Millionen Steuerschulden zurückgezahlt. Er war nicht vorbestraft. Also: große Freiheit im März 2016.
Heute auf den Tag genau vor einem Jahr hat der prominente Fußball-Manager seine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Landsberg unter großem Brimborium angetreten, nachdem der einst mächtigste deutsche Fußball-Manager vom Landgericht München wegen Hinterziehung von 28,5 Millionen Euro Steuern verurteilt worden war. Wer auf die ersten Fotos in Häftlingskleidung oder intime Details aus der Zelle gewartet hatte, wurde enttäuscht. Außer zwölf Kilogramm Gewichtsverlust, dem Einsetzen eines Herzkatheters in einer Privatklinik am Starnberger See und dem ersten Ausgang im September 2014 gab es wenig zu berichten. Hoeneß scheint sich an sein Lebensmotto zu halten: Wenn er etwas macht, dann richtig. Und über die Behandlung durch die bayerische Justiz kann er auch nicht klagen. Hoeneß hat nie eine echte, neun Quadratmeter kleine Zelle gesehen – er war von Anfang an auf der Krankenstation. Auf aktuellen Fotos sieht er dünner und nachdenklicher aus als vor der Haft.
Mit dem Jahreswechsel haben sich die Verhältnisse sehr zum Besseren gewendet. Hoeneß ist Freigänger und wurde in die beinahe idyllische JVA-Außenstelle Rothenfeld nahe Andechs am Ammersee verlegt. Der Hof ist ein Park, es gibt eine Sonnenwiese, aber keinen Stacheldraht. Die Zellen sind größer. „Das tut ihm gut“, sagte sein Bruder, Ex-Fußball-Profi Dieter Hoeneß, damals, schränkte aber ein: „Es werden noch viele, harte Monate sein, bis wieder ein normaler Zustand erreicht ist.“
Der prominente Insasse wird an jedem Werktag morgens abgeholt und zur Geschäftsstelle des FC Bayern München gebracht, wo er in der Jugendabteilung des Vereins arbeitet. Auslands- und mehrtägige Geschäftsreisen darf er nicht unternehmen. Alkohol ist ebenfalls verboten, das wird abends beim Einrücken kontrolliert. Streng genommen kommt Hoeneß nur noch zum Schlafen nach Rothenfeld. Und nun gibt es weitere Lockerungen, weil seine Entlassung näher rückt. Zusätzlich zu 21 Tagen Urlaub im Vollstreckungsjahr hat der Ex-Bayern-Präsident Anspruch auf sechs Tage Urlaub pro Monat. Dann darf er am Tegernsee bei seiner Frau Susi übernachten.
Längst lässt sich Hoeneß wieder auf dem Gelände des Fußballvereins bei den Profi-Kickern blicken, zuletzt von Fotografen festgehalten am 11. Mai beim Abschlusstraining vor dem Rückspiel im Champions-League-Halbfinale gegen den FC Barcelona. Aber seit er im Gefängnis sitzt, gab es keinen öffentlichen Satz mehr von ihm. Die Verantwortlichen des FC Bayern München äußern sich eher nebulös. Und so hängen Hoeneß’ Worte von der letzten Mitgliederversammlung noch immer in der Luft: „Das war’s noch nicht!“ Sein Nachfolger im Präsidenten-Amt, Karl Hopfner, versichert jedenfalls für den Fall, dass der einstige Fußball-Patron an die Vereinsspitze zurückkehren will, immer wieder mit Nachdruck: „Ich werde nicht gegen Uli Hoeneß antreten.“
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