Der Aufsichtsrat des FC Bayern München beschließt, dass Steuersünder Uli Hoeneß seine Ämter behalten darf. Für Hoeneß ist dieses überraschende Ergebnis nicht nur ein Etappensieg für das Ziel, sein Lebenswerk fortführen zu können.
München –
In Limousinen waren sie gekommen, in Limousinen brausten sie auch wieder davon, die acht Aufsichtsräte der FC Bayern München AG und der Vorsitzende des Gremiums, Präsident Uli Hoeneß. Dazwischen lagen knapp zwei Stunden „intensiver Diskussionen“, wie der Verein am Montagnachmittag mitteilte. Teilgenommen hatte auch der vierköpfige Vorstand des Klubs mit dem Vorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge, dessen Vertrag bei dieser Gelegenheit bis 2016 verlängert wurde.
Herausgekommen war ein Ergebnis, mit dem im Zuge der Steueraffäre, der Selbstanzeige, der Hausdurchsuchung und des gegen Zahlung einer Kaution ausgesetzten Haftbefehls nicht unbedingt zu rechnen war: Uli Hoeneß lässt seine beiden Ämter nicht ruhen, nicht jetzt und nicht nach dem Finale der Champions League am 25. Mai in London gegen Borussia Dortmund. Sondern: Er bleibt!
„Ich weiß, dass das doof ist. Aber ich zahle volle Steuern.“ (Uli Hoeneß 2005 in einem Interview der „Bild“-Zeitung)
Foto: REUTERS
Der Aufsichtsrat habe sich in seiner turnusmäßigen Sitzung in der Münchner Arena „unter anderem mit dem Steuerfall des Aufsichtsratsvorsitzenden Uli Hoeneß befasst“, hieß es in der Mitteilung. Demnach habe Hoeneß sein Bedauern „über den Vorfall ausgedrückt und sich entschuldigt“ sowie „angeboten, das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden ruhen zu lassen, bis die zuständigen Behörden über die strafbefreiende Wirkung seiner Selbstanzeige entschieden haben“.
Im Interesse des FC Bayern und wegen der beiden Endspiele in der Champions League und im DFB-Pokal am 1. Juni habe der Aufsichtsrat „nach intensiver Diskussion einvernehmlich entschieden, dass Uli Hoeneß das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG weiter ausüben soll“. Das Gremium mit diversen Vorstandsvorsitzenden von Dax-Unternehmen, darunter die mit je 9,1 Prozent an der FC Bayern AG beteiligten Konzerne Audi und Adidas, werde aber „die Angelegenheit weiterhin beobachten und sich bei Vorliegen neuer Erkenntnisse mit dem Thema befassen“.
Für Hoeneß ist dieses überraschende Ergebnis nicht nur ein Etappensieg für das Ziel, sein Lebenswerk fortführen zu können. Zugleich verbessert sich möglicherweise seine Position im juristischen Ringen mit der Staatsanwaltschaft München II – oder sie hat sich bereits verbessert. Nach Medienberichten soll Hoeneß über seine Anwälte ja bereits versucht haben, einen Deal einzufädeln, wonach er eine Geldstrafe und eine Haftstrafe für ein Jahr auf Bewährung akzeptieren würde. Die Staatsanwaltschaft soll das abgelehnt haben – heißt es jedenfalls.
Weitreichender Handel
Doch denkbar ist auch, dass eine Einigung in Aussicht steht. Käme Hoeneß tatsächlich trotz der bisher bekannten Steuerschuld in Höhe von 3,2 Millionen Euro glimpflich davon, wäre der mögliche Imageschaden für die Großsponsoren des FC Bayern, wie VW und Deutsche Telekom, wohl noch als akzeptabel einzustufen.
Schon vorab hatte es geheißen, bei einem glimpflichen Verlauf des Verfahrens könne Hoeneß nach einer Ämterruhe wieder zurückkehren, sofern die Staatsanwaltschaft die Selbstanzeige anerkenne und den Fall inklusive sämtlicher Nach- und Zuschlagszahlungen zu den Akten lege. Offenbar hat Hoeneß den Aufsichtsräten trotz deren Bedenken und Sorgen um die Auswirkungen auf ihre Unternehmen nun einen weitreichenderen Handel abringen können.
Dass der 61-Jährige weiter in Amt und Würden bleibt, könnte man auch als ein Signal der Stärke und der Überzeugung interpretieren, dass er bei seiner Selbstanzeige allenfalls Formfehler, inhaltlich aber alle nötigen Schuldeingeständnisse gemacht hat. Führende Wirtschaftskräfte stehen nun hinter ihm, so wirkt es jedenfalls, und auch aus der Politik hatte es kurz vor der Sitzung bereits derartige Verlautbarungen gegeben.
2001 bis 2006:
Hoeneß spekuliert im großen Stil an der Börse mittels eines Kontos in der Schweiz. Der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus habe ihn mit Millionen unterstützt. „Es war immer klar, das war ein Konto zum Zocken, für nichts anderes“, sagte Hoeneß im Mai 2013 der „Zeit“. Nach anfänglichen Gewinnen habe er aber hohe Verluste gemacht und seine Aktivitäten an der Börse zurückgefahren.
„Es ist in meinen Augen vertretbar, wenn Uli Hoeneß bis zur vorläufigen Klärung der Angelegenheit durch die Staatsanwaltschaft als Präsident im Amt bleibt. Dafür hätte ich Verständnis“, hatte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), befreundet mit Hoeneß, der Online-Ausgabe der Münchner Abendzeitung gesagt: „Er muss nicht vorher zurücktreten, ehe die Behörden abschließend ermittelt haben. Dafür gibt es die Rechtsstaatlichkeit.“ Und das gebiete auch der Respekt vor seiner Lebensleistung.
Vielleicht kann Hoeneß sein Verhandlungsgeschick als Fußball-Manager nun auch in eigener Sache nutzen. Als 1999 der Spieler Roque Santa Cruz aus Paraguay verpflichtet wurde, hatte Hoeneß den Preis von 17 Millionen Mark auf zehn Millionen gedrückt, mit dem Hinweis auf seine Angst vor dem Vereinsbeirat, der ihn andernfalls hochkant rauswerfen werde.
Rummenigge hat an diese Anekdote in seiner Rede zum 60. Geburtstag von Hoeneß erinnert: „Uli war ein malader, aber auch glücklicher Mensch: ’Denen haben wir eine schöne Lektion erteilt’ Daran sieht man, warum mitten im Wort Manager die Silbe Ätsch steckt.“ Jetzt heißt es auch beim Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden Uli Hoeneß zumindest bis auf Weiteres: Ätsch, ich bleibe!