Miesbach – Es bleiben die Fragen nach dem Warum. Warum musste ein 17-Jähriger aus Somalia am Samstag an einem unbeschrankten Bahnübergang in Miesbach sterben?
Hat er die Warnsignale nicht gekannt? Blendete ihn die Sonne? Verhinderte sein Kapuzenpulli den freien Blick nach links und rechts? Unterschätzte er die Geschwindigkeit des Zuges? Immerhin gibt es in seinem Heimatland keine Eisenbahn.
Bekannt ist nach Angaben der Polizei bis jetzt, dass am Samstag gegen 13.20 Uhr ein Fahrradfahrer in Miesbach den unbeschrankten Bahnübergang an der Thalhamer Straße ortseinwärts überquerte, obwohl die blinkende Lichtanlage vor einem nahenden Zug warnte. Der 17-Jährige, der alleine unterwegs war, wurde von dem Zug der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) erfasst und 30 Meter weit mitgerissen. Trotz Reanimation durch Rettungskräfte starb der junge Mann wenig später im Krankenhaus.
Der 48-jährige Lokführer erlitt einen Schock, die etwa 60 Fahrgäste blieben unverletzt. Die Bahnstrecke Miesbach-Holzkirchen war rund dreieinhalb Stunden gesperrt, den Schaden am Zug beziffert die Polizei mit rund 10 000 Euro.
Besonders tragisch ist, dass der Somalier, der mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder erst seit September im Asylbewerberheim in Thalham (Gemeinde Weyarn) lebte, mit einem Fahrrad unterwegs war, das den Asylbewerbern zur Verfügung gestellt worden war, um ein bisschen mobiler zu sein. Im Sommer hatte die Polizei im Kreis Miesbach sogar Kurse durchgeführt, um die Asylbewerber auf den Straßenverkehr in Deutschland vorzubereiten.
Seine Mutter und sein jüngerer Bruder werden keine Antworten auf die vielen Fragen erhalten. Ihnen blieb die traurige Aufgabe, den toten Jugendlichen zu identifizieren. Und sie müssen ihren Sohn und Bruder in dem Land begraben, in dem er sicher und in Frieden leben wollte.
Bilder: Radfahrer von BOB erfasst – tot
Bilder: Radfahrer von BOB erfasst – tot
Zur Fotostrecke
Volker Pfau