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Jede siebte bayerische Gemeinde hat kein Dorfwirtshaus mehr: Eine aktuelle Studie beweist den Niedergang eines Kulturguts. Das einstige Stammtischland Bayern schneidet sogar im Vergleich zu Hessen deutlich schlechter ab. Jetzt soll die Politik helfen.
Zum Beispiel der Laurentius Wirt in Feldkirchen bei Rosenheim: 300 Jahre war dieser Gasthof in Nachbarschaft zur Kirche Heimstatt für alle. Die 3200 Einwohner des Dorfes trafen sich dort zum Frühschoppen, spielten Karten, sprachen über ihre Sorgen und lästerten über die Großkopferten. Es wurde getrunken, gegessen, gelacht und geweint. Doch seit einem Jahr sind diese Zeiten vorbei. Das Wirtshaus hat zugesperrt – wie so viele andere in Bayern.
Nun ist das Wirtshaussterben auch wissenschaftlich untersucht worden. Eine umfassende Studie zeigt den Niedergang eines bayerischen Kulturguts auf: Früher gehörte der Wirt zum Dorf wie Maibaum und Kirche. Doch inzwischen hat bereits jede siebte Gemeinde kein Dorfwirtshaus mehr, Tendenz steigend. Damit schneidet das einstige Stammtischland Bayern im Vergleich zu Baden-Württemberg oder Hessen deutlich schlechter ab.
Vor allem die sogenannten Schankwirtschaften – also Bierkneipen – sind in Bayern vom Aussterben bedroht. Seit Mai vergangenen Jahres hatte das AMW Institut unter der Leitung von Karlheinz Zwerenz von der Fakultät Tourismus an der Fachhochschule München die Hintergründe des Wirtshaussterbens analysiert und daraus Perspektiven für die Gastronomie in Bayern erarbeitet. Auftraggeber der Untersuchung war Franz Bergmüller, der Landesvorsitzende des Vereins zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK). Die Studie selbst wurde nun am Donnerstag in München vorgestellt – und sie zeigt aus Sicht der Stammtischfreunde teilweise deprimierende Ergebnisse auf.
Besonders traurig sieht die Lage vor allem in kleineren Orten mit bis zu 5000 Einwohnern aus: Dort muss jede fünfte Gemeinde ohne Wirtshaus auskommen. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg sind es nur zwölf Prozent, in Hessen sogar nur acht.
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Deutliche Unterschiede bestehen demnach zwischen Stadt und Land, zwischen den einzelnen Regionen Bayerns sowie zwischen den einzelnen gastronomischen Betriebsformen. Grundsätzlich scheint das Catering zu boomen. Speiselokale und Schankwirtschaften bleiben hingegen weit unter ihren Umsatzergebnissen aus den Jahren vor der Krise 2009.
Die Zahl der Gaststätten in Bayern hat sich hingegen zwischen den Jahren 2006 und 2010, für die entsprechende Statistiken vorliegen, unterschiedlich entwickelt. So nahm die Zahl der Speiselokale in den Städten um drei Prozent zu. In Landkreisen mit viel Tourismus war es nur mehr ein Plus von zwei Prozent, in Landkreisen mit wenig Tourismus nur ein Prozent mehr. Schankwirtschaften wiesen bayernweit überall massive Rückgänge auf, wenngleich das Minus in den Städten mit nur 2,4 Prozent geringer ausfiel als auf dem Land.
Restaurants in München
Die zehn besten bayerischen Wirtshäuser
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