Söder stellt Asyl-Grundrecht infrage

Migration.

Die CSU fordert täglich neue Asyl-Verschärfungen. Nun will Markus Söder sogar das Grundgesetz antasten.

Bayerns Heimatminister Markus Söder (CSU) fordert eine massive Begrenzung der Zuwanderung. Foto: dpa

Berlin.Aus der CSU kommt angesichts der wachsenden Flüchtlingszahlen der Ruf nach einer Einschränkung des Grundrechts auf Asyl. „Wir fordern eine massive Begrenzung der Zuwanderung. Ich bin überzeugt, dass die kommen wird. Ebenso werden wir über das Grundrecht auf Asyl reden“, sagte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag). Politiker von SPD und Grünen wiesen solche Überlegungen umgehend als inakzeptabel zurück. Neben der CSU macht inzwischen aber auch die SPD Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Grenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen aufzuzeigen. Bundespräsident Joachim Gauck erneuerte seine Mahnung, die Aufnahmekapazitäten Deutschlands seien endlich.

Die Asylzahlen wachsen seit Monaten rasant und erreichen immer neue Rekordwerte. Bayern ist besonders betroffen, weil dort die meisten Flüchtlinge über die Grenze kommen. Die CSU fordert seit Tagen stetig neue Asylverschärfungen. Söder, der gerade erst Zäune an der deutschen Grenze ins Gespräch gebracht hatte, ging mit seinen Äußerungen zum Asyl-Grundrecht nun noch einen erheblichen Schritt weiter. Nötig sei „ein Bekenntnis, dass es für Zuwanderung Obergrenzen und Kontingente geben muss – wir können nicht die ganze Welt retten“, sagte er. „Ohne eine Sicherung unserer Grenzen, ohne das klare Signal, dass nicht jeder nach Deutschland kommen kann, wird der Flüchtlingszustrom nicht gestoppt.“

„Generalangriff auf das Grundgesetz“

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wies Söders Vorstoß zurück. „Die Grundrechte haben sich auch in den vergangenen 25 Jahren bewährt“, mahnte er. „Niemand sollte sie am Tag der Deutschen Einheit infrage stellen.“ Der Grünen-Politiker Volker Beck sprach von einem „Generalangriff“ der CSU auf das Grundgesetz.

Auch die SPD will Änderungen am Asyl-Grundrecht nicht zulassen. Für eine Reduzierung der Zahlen „brauchen wir keine Grundgesetzänderung“, sagte Fraktionschef Thomas Oppermann der dpa. Die Sozialdemokraten verlangen aber von Merkel ein Eingeständnis, dass Deutschlands Kräfte in der Flüchtlingskrise begrenzt sind. „Die Kanzlerin trägt eine große Verantwortung und muss Führungskraft zeigen“, sagte Oppermann. „Dazu gehört es auch, deutlich zu sagen, dass mit einer Million Flüchtlinge in diesem Jahr unsere Möglichkeiten bei der Aufnahme nahezu erschöpft sind.“ Es gebe hier Grenzen. „Wir müssen die unmissverständliche Botschaft senden, dass Deutschland allein nicht alle Flüchtlinge aufnehmen kann.“

Bislang hatte es die SPD-Spitze vermieden, Merkel angesichts der unverändert hohen Zahl an Migranten in die Pflicht zu nehmen. Teile der Union bedrängen die CDU-Chefin dagegen schon seit Tagen, sie müsse klarmachen, dass Deutschland derart hohe Asylzahlen nicht bewältigen könne – und den Zuzug eindämmen.

Auch Gauck mahnte erneut, Deutschland sei in einem Dilemma. „Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich“, sagte er beim Festakt zu 25 Jahren Deutscher Einheit.

Merkel kam den Forderungen nach einer Stopp-Botschaft nicht nach. In ihrer wöchentlichen Video-Botschaft sagte sie zwar, Flüchtlinge ohne einen Schutzgrund müssten Deutschland wieder verlassen. „Da müssen wir auch noch konsequenter sein und das deutlich machen.“ Sie betonte aber auch: „Wir müssen deutlich machen, dass die, die einen Schutzgrund haben, bei uns Schutz bekommen sollen.“

„Uns erwartet eine Herausforderung, die Generationen beschäftigen wird.“

Bundespräsident Joachim Gauck

Bundespräsident Joachim Gauck hält die Integration Hunderttausender Flüchtlinge unterdessen für eine ähnlich große Aufgabe wie die deutsche Wiedervereinigung. „Wie 1990 erwartet uns eine Herausforderung, die Generationen beschäftigen wird. Doch anders als damals soll nun zusammenwachsen, was bisher nicht zusammen gehörte“, sagte das Staatsoberhaupt am Samstag beim Festakt zum 25. Jahrestag der deutschen Einheit in Frankfurt am Main.

Ost- und Westdeutsche sprächen dieselbe Sprache und blickten auf dieselbe Kultur und Geschichte zurück. „Wie viel größere Distanzen dagegen sind zu überwinden in einem Land, das zum Einwanderungsland geworden ist.“ Die Debatte über Ziel und Ausmaß der Aufgabe sei in einer Demokratie auch mit Kontroversen verbunden. „Aber meine dringende Bitte an alle, die mitdebattieren, ist: Lassen Sie aus Kontroversen keine Feindschaften entstehen“, sagte Gauck unter großem Beifall.

Zu dem zentralen Festakt zur deutschen Einheit hatten sich am Samstag die Spitzen von Staat und Gesellschaft in der Alten Oper in Frankfurt versammelt, unter ihnen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle. Merkel sagte vor Beginn der Feierstunde mit Blick auf die Bewältigung der Flüchtlingskrise: „Das müssen wir gemeinsam schaffen, Deutschland, Europa und die Welt, jeder seine Aufgabe dabei erfüllen.“

Gauck rief Einheimische wie Zuwanderer in seiner Rede zur Achtung demokratischer Grundwerte auf. „Gerade weil in Deutschland unterschiedliche Kulturen, Religionen und Lebensstile zuhause sind, gerade weil Deutschland immer mehr ein Land der Verschiedenen wird, braucht es die Rückbindung aller an unumstößliche Werte. Einen Kodex, der allgemein als gültig akzeptiert ist“, sagte er.

„Hier ist die Würde des Menschen unantastbar. Hier hindern religiöse Bindungen und Prägungen die Menschen nicht daran, die Gesetze des säkularen Staates zu befolgen. Hier werden Errungenschaften wie die Gleichberechtigung der Frau oder homosexueller Menschen nicht infrage gestellt und die unveräußerlichen Rechte des Individuums nicht durch Kollektivnormen eingeschränkt – nicht die der Familie, nicht der Volksgruppe, nicht der Religionsgemeinschaft. Hier gewinnt der Satz „Toleranz für Intoleranz wird es bei uns nicht geben“ seine Basis.“

„Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“

Bundespräsident Joachim Gauck.

Gauck äußerte zugleich Verständnis für Ängste in der Bevölkerung angesichts der wachsenden Flüchtlingszahlen. Es spüre wohl fast jeder, wie sich in die große Hilfsbereitschaft der Menschen auch Sorge schleiche, „wie das menschliche Bedürfnis, Bedrängten zu helfen, von der Angst vor der Größe der Aufgabe begleitet wird“, sagte der Bundespräsident und wiederholte seinen Satz. „Dies ist unser Dilemma: Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“ (dpa)

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