Berlin. Worte der Wehmut gab es von Jupp Heynckes erst einmal nicht. Das letzte Training an der Säbener Straße, die letzte Reise mit dem FC Bayern, das letzte Spiel mit den Münchnern – vor dem «riesigen Ereignis Pokalendspiel» war keine Zeit für andere Gedanken.
Höchstens daran, dass ihm ein DFB-Pokal-Sieg als Trainer in seiner imposanten Trophäensammlung noch fehlt. Neben dem Triple natürlich. «Es wäre schön für mich, natürlich. Ich will mit meiner Mannschaft diesen Titel gewinnen und damit das Triple», erklärte der 68-Jährige, der als Spieler 1973 den Pokalsieg feierte. «Aber wichtig, richtig wichtig, ist das für mich persönlich jetzt nicht mehr. Ich habe in meiner Laufbahn als Spieler und Trainer sehr viel erlebt. Ich bin auch so ein zufriedener Mensch.»
Eine hohe Wertschätzung genießt er allemal. Von Franck Ribéry («Ein Mensch mit Herz») über Bastian Schweinsteiger («Es ist eine zusätzliche Motivation, ihm einen besonderen Abschluss zu schenken») bis zu Manuel Neuer («Das hat er sich einfach verdient») – überall in der Münchner Mannschaft klang dieser Tage durch, dass das Finale gegen den VfB Stuttgart auch ein Spiel für den Trainer sein wird.
Wenngleich dieser Schuss Extramotivation den Stuttgartern nicht gefallen dürfte; auch bei den Schwaben wird das Lebenswerk des großen Fußball-Experten gerühmt. «Man sieht am Beispiel Jupp Heynckes, dass ein Trainer mit den Jahren immer besser werden kann. Er ist nie stehen geblieben, hat sich immer weiterentwickelt, hat Erfahrungen gesammelt. Und es spricht für seine Qualität, dass er sich so lange auf dem Niveau halten konnte», sagte VfB-Coach Bruno Labbadia, dessen Trainer-Vita zehn Jahre aufzeigt.
Fast ein Vierteljahrhundert des Cheftrainer-Daseins hat dagegen Heynckes vorzuweisen, in Spanien und Deutschland feierte er dabei größte Erfolge, gewann etwa zweimal die Champions League. Eigentlich schwer vorstellbar, dass sich der 68-Jährige nach dem Saisonende auf seinen Bauernhof nach Schwalmtal zu Frau und Schäferhund zurückzieht. Da passen die ständigen Spekulationen über einen Wechsel zu Real Madrid, wie dieser Tage von Anatoli Timoschtschuk in Russland, ins Bild. Aber triumphaler als mit dem Triple kann der Mann nicht abtreten, den Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in den Feiertagen schon respektvoll vom rheinischen Jupp zum bayerischen «Sepp» erklärte.
Heynckes, das hat er immer und immer wieder betont, will sich aber erst nach dem Pokal-Finale äußern. Je nach Laune früher oder später. Die steht und fällt natürlich mit einem Sieg im Finale, das für den Routinier doch immer noch etwas Besonderes ist. «Diese unglaublich tolle Atmosphäre in dieser Stadt und rund um dieses Endspiel», schwärmte er dieser Tage. «Das kann süchtig machen.»
Wie schwer wird dem Trainer, der die Latte für Nachfolger Pep Guardiola sehr hoch gelegt hat, da das Loslassen fallen. Laut Mannschaft wirkte er auch in diesen letzten Tagen seiner Bayern-Amtszeit reichlich normal. «Da lässt er sich von seinem Weg nicht abbringen», erklärte Thomas Müller in der vergangenen Trainingswoche. «Das macht er mit sich im Inneren aus.» Doch dass den stets so gefassten, analytischen Fußballlehrer Emotionen überwältigen können, wurde nach seinem letzten Bundesliga-Spiel vor zwei Wochen in Mönchengladbach sichtbar. Bei Jupp Heynckes flossen Tränen. Und am Samstag? (dpa)