Als der Minister alles gesagt hat, reicht ihm Dienststellenleiter Alfons Schieder aus Nürnberg eine der neuen Polizei-Jacken. Funktional, leicht und modisch eng geschnitten – ein Traum. Joachim Herrmann (CSU) lächelt betont freundlich, zwängt sich umständlich hinein. Das gute Stück spannt, aber zum Luftholen reicht’s gerade noch: Dass der neue Schnitt nicht zaubern kann, sagt er dann, „das sieht man wohl an mir“.
Zauberei erwartet auch niemand. Aber für neue Uniformen, da sind sich Bayerns Polizisten einig, ist es höchste Zeit. Die alten grün-beigen Kombinationen stammen aus den siebziger Jahren. Gestern hat Innenminister Herrmann jene Modelle vorgestellt, die in den kommenden Monaten getestet werden sollen. 500 Polizisten aus ganz Bayern werden die Prototypen ab August für ein Dreivierteljahr, im Sommer, Herbst und Winter, testen und sie per Fragebogen bewerten. Ziel: die Prototypen optimieren. Die Beamten entscheiden selbst, worin sie sich am wohlsten fühlen.
Schon bei der Zusammenstellung der Kollektion war das so. 547 Polizisten durften die Modelle anderer Bundesländer, der Bundespolizei sowie Österreichs, Italiens und der Schweiz miteinander vergleichen. Bekleidungsexperten, Arbeitsmediziner und Fachleute für Arbeitssicherheit berieten sie dabei. Klarer Sieger: das Modell der österreichischen Bundespolizei. Parallel werden 50 der 500 Test-Beamten auch die baden-württembergische Uniform ausprobieren, die bei der Vorauswahl – wenn auch mit deutlichem Abstand – auf Platz zwei landete.
So weit, so bunt – aber es wird noch wilder. Denn bei der Vorauswahl durften die Polizisten über einzelne Kleidungsstücke entscheiden. Die Test-Dienstmützen sind dem Modell aus Sachsen-Anhalt nachempfunden, ebenso die Pullover, wobei gleichzeitig auch ein österreichischer Prototyp testgetragen wird. Auch bei den Strickjacken gibt es zwei Optionen: die der hiesigen Bundespolizei und die aus Österreich. Für den Trageversuch, sagt Alfons Schieder, der das Uniform-Projekt mit leitet, wird jedes Kleidungsstück „so weit es geht bajuwarisiert“. Heißt: Es wird mit bayerischen Polizei-Insignien versehen.
So könnten Bayerns Polizisten bald aussehen
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Dass die neuen Uniformen blau sind, ist offiziell Nebensache. Erst am Ende des Trageversuchs, im Frühsommer 2015, werden Bayerns Polizisten über die Farbe abstimmen dürfen. Wichtig, heißt es gestern von allen Seiten, sei zunächst, dass sich die Kleidung im Alltag bewähre, sowohl was die Funktionalität als auch das Erscheinungsbild anbelangt.
Für Schieder war schon die Vorauswahl ein Volltreffer. Die Uniformen, sagt er, strahlten „eine gewisse Souveränität und Autorität aus, ohne aggressiv zu wirken“. Auch die Nürnberger Polizisten, die sich gestern als Modelle zur Verfügung stellten, waren ziemlich angetan. Bei den Damen kommt der taillierte Schnitt gut an. Bislang seien die Hosen an der Taille zu eng und an den Hüften zu weit, sagt Agnes Wyrobek. Wie für eine „Barbie mit breiten Hüften und dicken Oberschenkeln“. Die Männer mögen die Funktionsjacke, weil sie leichter ist als die klassische Ledervariante. Ganz abgeschrieben ist die laut Polizeivizepräsident Anton Scherl zwar noch nicht. „Die Lederjacke bleibt so, wie sie ist“ – gehört aber möglicherweise nicht mehr zur Grundausstattung.
Der große Aufwand, den Polizei und Innenministerium für die optimale Uniform betreiben, soll zu einer breiten Akzeptanz unter den Polizeibeamten beitragen. Immerhin geht es um eine Menge Geld. Allein der Trageversuch kostet den Freistaat etwa 500 000 Euro. Um alle 27 000 Polizisten neu auszustatten, sind 30 Millionen Euro nötig.
Die Entscheidung für eine Kollektion und eine Farbe fällt nach Angaben des Innenministeriums letztendlich im Landtag. Allerdings wolle man sich am Votum der Polizisten orientieren. Bitter: Die 500 Beamten, die am Trageversuch teilnehmen, müssen nach Ende des Test für eine ganze Weile wieder auf die grün-beigen Uniformen wechseln. Die neuen sollen erst Ende 2016 eingeführt werden.
Marcus Mäckler