Seit 500 Jahren gilt das Reinheitsgebot

Jubiläum

Es ist das weltweit älteste Lebensmittelgesetz, das nach wie vor gültig ist: Nur Wasser, Hopfen und Malz gehören ins Bier.

Von Paul Winterer, dpa

Maßkrüge stehen auf der Schänke in einem Biergarten auf dem Oktoberfest in München. Foto: dpa

München.Ob Helles, Dunkles, Weizen oder Pils – fast immer ist im Bier nur Wasser, Hopfen und Malz drin. Dafür sorgt in Deutschland das Reinheitsgebot, das weltweit älteste bis heute gültige Lebensmittelgesetz. Der Erlass ist eine einzigartige bayerische Erfolgsgeschichte. 2016 wird das 500-jährige Bestehen des Reinheitsgebotes gefeiert. Natürlich fließt Bier in Strömen – sogar aus einem Brunnen. Und auch die Landesausstellung hat das bayerische Nationalgetränk kommendes Jahr zum Thema. Schließlich steht fast die Hälfte der 1350 deutschen Brauereien in Bayern.

„Ganz besonders wollen wir, dass forthin allenthalben in unseren Städten und Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen.“ So verordneten es am 23. April 1516 Bayerns Herzog Wilhelm IV. und sein Bruder, Herzog Ludwig X., auf dem Landständetag. Dazu waren Vertreter von Adel und Kirche sowie Abgesandte der Städte und Märkte in Ingolstadt zusammengekommen.

Früher Verbraucherschutz

Ziel des Erlasses war vor allem, Gerste als Rohstoff für das Malz durchzusetzen, damit die anderen Getreidesorten dem Brotbacken vorbehalten blieben. Zudem sollte die Vorschrift die Biertrinker vor gesundheitsschädigenden Zutaten bewahren – Verbraucherschutz im 16. Jahrhundert.

Vor dem Reinheitsgebot galten bereits örtlich begrenzte Vorschriften zum Bierbrauen: 1156 für Augsburg, 1293 für Nürnberg, 1363 für München und 1447 für Regensburg, wie der Bayerische Brauerbund erforscht hat. Außerhalb Bayerns war die Verwendung von Malzersatzstoffen und anderen Zusätzen noch lange Zeit erlaubt.

  • MALZ:

    Es wird je nach Biersorte aus Gerste oder Weizen gewonnen. Das Getreide wird mit Wasser vermengt, damit es keimen kann. Dabei werden im Getreide enthaltene Enzyme aktiviert, es entsteht ein Keimling. Danach wird das sogenannte Grünmalz ähnlich dem Rösten von Kaffee in der Darre getrocknet. Es gibt über 40 Sorten wie helles und dunkles Malz, Rauch- oder Karamellmalz. Nur noch wenige Brauereien haben eigene Mälzereien, die meisten lassen es von Betrieben herstellen.

  • HOPFEN:

    Er sorgt für den mehr oder weniger bitteren Geschmack des Bieres. Zudem beeinflusst er die Schaumkrone und erhöht die Haltbarkeit. Es gibt Bitter- und Aromahopfen. Der Braumeister kann aus über 200 Sorten auswählen. Meist nimmt er mehrere Sorten für einen Sud. In der Hallertau, einem Landstrich zwischen München und Nürnberg, liegt das größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt. Bayerischer Hopfen wird in 160 Länder exportiert.

  • WASSER:

    Die Qualität des Brauwassers als Hauptbestandteil des Bieres ist entscheidend. Über 90 Prozent im Bierglas sind Wasser. Doch ist Wasser nicht gleich Wasser. Seine Mineralstoffe beeinflussen den Geschmack des Bieres. So wurde das malzig-süße Münchner Dunkelbier schon immer mit verhältnismäßig hartem Wasser gebraut. Das in Franken beliebte feinherbe Pils hingegen braucht weiches, kalkarmes Wasser. Generell muss Brauwasser hohe Qualität haben. Die Anforderungen daran sind laut Trinkwasserverordnung sogar höher als die an Trinkwasser.

  • HEFE:

    Die mengenmäßig kleinste Zutat verwandelt im Gärprozess den Malzzucker in Alkohol, Kohlensäure und Wärmeenergie. Bei der Gärung werden durch den Stoffwechsel der Hefe Nebenprodukte gebildet, die den feinen Unterschied im Aromabukett ausmachen. Die Hefe liefert entscheidende Geschmacks- und Aromakomponenten und prägt so das Aromaprofil maßgeblich. Es gibt 200 Hefestämme. Brauer unterscheiden zwischen ober- und untergärigen Hefen. Untergärige sinken an den Boden, obergärige steigen auf. Weizenmalz darf nur obergärig verarbeitet werden, Gerstenmalz untergärig. (dpa)

Erst 1906 übernahm das Deutsche Reich für die Bierherstellung einheitlich das bayerische Reinheitsgebot. Nach dem Ersten Weltkrieg machte Bayern sogar seine Zugehörigkeit zur Weimarer Republik davon abhängig, dass das Reinheitsgebot weiterhin im gesamten Reichsgebiet gilt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es im Biersteuergesetz von 1952 bundesweit verankert.

„Jede fünfte Mass bayerisches Bier wird mittlerweile im Ausland getrunken.“

Präsident des Bayerischen Brauerbundes, Friedrich Düll

Und das soll trotz Ausnahmeregelungen einzelner Bundesländer weitgehend so bleiben. Zumindest bayerisches Bier werde auch in Zukunft nach dem ältesten Lebensmittelgesetz der Welt gebraut, ist sich der Präsident des Bayerischen Brauerbundes, Friedrich Düll, sicher. „Ich glaube nicht, dass das bayerische Reinheitsgebot unsere Brauereien im europäischen Wettbewerb hindert.“ Im Gegenteil: „Jede fünfte Mass bayerisches Bier wird mittlerweile im Ausland getrunken.“

Brauertag in Ingolstadt

Das 500-jährige Bestehen des Reinheitsgebotes wird 2016 im Freistaat gebührend gefeiert. Am 21. April findet in Ingolstadt der Deutsche Brauertag statt. Tags darauf wird es einen Festakt geben. Ingolstadt als Ursprungsort des Erlasses feiert das Reinheitsgebot zum eigentlichen Jubiläum am 23. April mit einem Tag des Bieres. Aus einem Brunnen soll dann tatsächlich Bier fließen. Am 29. April öffnet im Kloster Aldersbach bei Passau die Landesausstellung „Bier in Bayern“. Sie wird zeigen, wie sehr das Bier und die Wirtshauskultur zur bayerischen Lebensart gehören.

Vom 22. bis 24. Juli schließlich geht rund um den Münchner Odeonsplatz ein rauschendes Jubiläumsfestival über die Bühne. 100 bayerische Brauereien sollen ihre Biervielfalt beweisen. Der Brauerbund rechnet mit 100 000 Besuchern. Bayerns Bierkönigin Marlene Speck – selbst Hobbybrauerin – darf dabei natürlich nicht fehlen.

Mehr als 600 der 1350 deutschen Brauereien stehen in Bayern. Damit nimmt der Freistaat unangefochten die Spitzenposition ein. Die größte Dichte an Sudstätten weist Oberfranken auf, wo es noch zahlreiche Hausbrauereien gibt, die ihr Selbstgebrautes in ihrer Gaststätte ausschenken. Im zu Ende gehenden Jahr wurden in Deutschland knapp 97 Millionen Hektoliter Bier gebraut, ein Viertel davon in Bayern. Im Durchschnitt trank jeder Bundesbürger 2014 rund 107 Liter Bier.

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