Schwaben – Totalschaden bei den Freien Wählern

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  • Die Affäre um die Trunkenheitsfahrt des Freie-Wähler-Landtagsabgeordneten Bernhard Pohl sorgt zunehmend für Ärger bei den Freien Wählern.
  • Der Vorsitzende des FW-Kreisverbandes Oberallgäu, Hugo Wirthensohn, trat nun wegen des Falls zurück.
  • Zuvor hatte der Bezirksvorstand Schwaben Pohl in einer Sondersitzung das Vertrauen ausgesprochen – mit dem Ergebnis, das er Vorsitzender bleibt.

Trotz seiner Alkoholfahrt bleibt Bernhard Pohl als Schwabens Bezirksvorsitzender der Freien Wähler im Amt. Der Bezirksvorstand sprach dem Landtagsabgeordneten aus Kaufbeuren in einer Sondersitzung am Dienstag das Vertrauen aus. Das einstimmige Votum kam einigermaßen überraschend, immerhin hatten zuvor sogar Parteifreunde den sofortigen Rücktritt gefordert. An der Basis rumort es seit diesem Beschluss allerdings mehr denn je: So haben bereits zwei Allgäuer Funktionäre auf Kreisebene ihren sofortigen Rücktritt erklärt.

Zum Beispiel der langjährige Gemeinderat und Kreisrat Hugo Wirthensohn aus Altusried: “Ich mache mir Sorgen um die Freien Wähler”, sagt der Chef der Kreisvereinigung Oberallgäu/Lindau/Kempten. “Wenn wir so weitermachen, wird die Identifikation verloren gehen, Austritte werden folgen.” Auch Mitglieder des Bezirksvorstands gehen davon aus, dass in der Affäre noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. “Herr Pohl sollte in sich gehen und eine persönliche Entscheidung treffen – im Hinblick darauf, was kaputtgehen kann”, sagt Markus Brem aus Gersthofen. “Der Ball liegt noch bei ihm. Die Gefahr besteht aber, dass am Ende andere über seine politische Zukunft entscheiden werden.”

Was Pohl gemacht hat

Bernhard Pohl war am Abend des 21. Juli nach dem Sommerempfang des Landtags in seinem Pkw betrunken durch München gefahren. Die Polizei stoppte ihn und ordnete eine Blutprobe an. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft München I ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nach Auskunft eines Sprechers lag der Blutwert am Mittwoch noch nicht vor. Nach Pohls Angaben hatte der Atemtest einen Wert von 1,16 Promille ergeben. Dieses Ergebnis birgt Brisanz, denn laut Gesetz ist eine Alkoholfahrt bei mehr als 1,1 Promille eine Straftat. Bei weniger als 1,1 Promille handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit.

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Ungeachtet der juristischen Bewertung des Falles droht Pohl ein politischer Totalschaden. Zahlreiche FW-Mitglieder – allen voran die Allgäuer Europa-Abgeordnete Ulrike Müller – fordern von dem 50-Jährigen den sofortigen Rücktritt von allen Parteiämtern, um Schaden von den Freien Wählern abzuwenden. Diese Forderung wies der Bezirksvorstand am Dienstag allerdings einstimmig zurück. Die Diskussion in Kaufbeuren dauerte etwa zwei Stunden und wurde zwischenzeitlich auch emotional geführt. Nach Auskunft von Augenzeugen stellte Bernhard Pohl dabei “sichtlich getroffen” den Vorfall dar und beantwortete Fragen. Am Ende “missbilligte” der Vorstand die Alkoholfahrt seines Chefs. Gleichzeitig attestierte das Gremium dem Rechtsanwalt “untadelige, ausgezeichnete Arbeit im Vorstandsamt” und sprach ihm “auch weiterhin das Vertrauen aus”.

Warten auf den Blutwert

Vorstandsmitglied Markus Brem trug diese Entscheidung mit, er bleibt aber skeptisch: “Eine klare Entscheidung kann erst fallen, wenn der Blutwert vorliegt.” Er glaube, “dass es noch einige Veränderungen geben wird – je nach Ergebnis der Blutprobe.” Die Frage, was passiere, wenn Pohls Blutwert über 1,1 Promille liegt, sei im Bezirksvorstand “leider nicht ausdiskutiert” worden, sagt Brem. Deshalb bleibe auch bei ihm ein Unbehagen: “Ich fühle mich nicht wohl dabei, wir müssen glaubwürdig bleiben und diese Geschichte tut den Freien Wählern sicherlich nicht gut.”

Ganz ähnlich sieht das der stellvertretende FW-Bundesvorsitzende Gregor Voth: “Förderlich ist das nicht.” Voth hätte es “für sinnvoll gehalten, wenn Herr Pohl denselben Schritt getan hätte wie auch in der Landtagsfraktion.” Pohl war bislang stellvertretender Fraktionschef, dieses Amt lässt er bis zum Ende der Ermittlungen “ruhen”.

Der Kaufbeurer war am Steuer seines Pkw schon mehrmals ins Visier der Polizei gerast – entweder mit zu hohem Tempo oder zu geringem Abstand. Nach einem Unfall im Jahr 2006 war er wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Parteichef Hubert Aiwanger war am Mittwoch nicht zu erreichen. Pohl selbst verabschiedete sich unmittelbar nach der Sondersitzung am Dienstag bis Ende August in den Urlaub und ist seitdem nicht erreichbar.

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