Von Stefan Hagen
Rhein-Neckar. Der Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland hält unvermindert an – auch der Rhein-Neckar-Kreis muss immer mehr Menschen in seinen 54 Städten und Gemeinden unterbringen. Der Druck, geeignete Unterkünfte schnell, manchmal fast schon spontan finden zu müssen, wird immer stärker. Die RNZ hat mit Kreissprecherin Silke Hartmann über diese Problematik gesprochen.
“Durch die neue Zugangsprognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hat sich die Lage auch bei uns im Landkreis verschärft”, sagt Hartmann. Die neuen Zugangszahlen – rund 400 000 Flüchtlinge bundesweit – hätten auch “immense Auswirkungen” auf den Rhein-Neckar-Kreis. “Als Untere Flüchtlingsaufnahmebehörde sind wir demnach verpflichtet, in den kommenden sieben Monaten, inklusive Juni, noch rund weitere 1000 Menschen hier aufzunehmen”, erläutert die Kreissprecherin.
Nach wie vor wolle man diese Flüchtlinge menschenwürdig unterbringen und deshalb die Unterbringung in Notunterkünften wie Turnhallen vermeiden, betont Hartmann.
“Daher sind wir auch weiterhin auf der Suche nach geeigneten Objekten beziehungsweise Grundstücken in den Kommunen des Rhein-Neckar-Kreises.” Erst in dieser Woche gab es in diesem Zusammenhang eine Erfolgsmeldung. So werden bis Ende des Jahres rund 70 Flüchtlinge in Neckarbischofsheim untergebracht (s. eigenen Artikel auf dieser Seite).
Aber dies ist angesichts der aktuellen Zahlen wohl nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Der Kreis ist deshalb auch gezwungen, sich auf dem freien Wohnungsmarkt umzuschauen. Wie läuft diese Suche ab? Wird der Kreis als solventer Kunde mit “Mondpreisen” konfrontiert? Schließlich wissen wohl die meisten Vermieter von der schwierigen Situation, in der sich der Landkreis befindet.
“Grundsätzlich ist es so, dass wir uns bei der Anmietung von Objekten zur Unterbringung von Flüchtlingen an der ortsüblichen Miete orientieren”, sagt Silke Hartmann. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass bei diesen Wohnobjekten ein stärkerer Bewohnerwechsel stattfinde als bei der Vermietung an sonstige Personen. Zudem seien die Wohnungen dichter belegt und dadurch auch schneller abgewohnt.
Diese Tatsache berechtige einen gewissen Aufschlag gegenüber dem festgelegten Mietpreis, weil der Vermieter verpflichtet sei, das Objekt in “Dach und Fach” ordnungsgemäß zu unterhalten, ergänzt die Kreissprecherin. “Ein aufgrund der Belegung erhöhter Unterhaltungsaufwand muss auch über eine höhere Miete abgegolten werden. Die Mietpreise sind deshalb in der Regel Verhandlungssache.”
Hierbei würden drei Kriterien zugrunde gelegt: Die Laufzeit des Mietvertrags, der Investitionsbedarf (Umbaumaßnahmen, die der Vermieter durchführen muss) sowie Standort/Lage des Objekts (im ländlichen oder Verdichtungsraum des Rhein-Neckar-Kreises, Freiflächen um das Gebäude; Büroflächen, Gemeinschaftsräume).
“Grundsätzlich kann man sagen: Je kürzer die Laufzeit des Mietvertrags und je höher der Investitionsbedarf und je exponierter die Lage des Objekts desto höher ist der Mietpreis und umgekehrt”, erläutert Hartmann. “Ich möchte noch anmerken, dass wir auch schon Immobilienangebote abgelehnt haben, weil der Mietpreis unverhältnismäßig hoch war. Denn wir gehen hier Steuerzahlergeldern aus, mit denen wir verantwortungsbewusst umgehen.”
Zudem gebe das Land Baden-Württemberg einen gewissen äußeren Rahmen der Finanzierung vor: “Die Landkreise handeln im Auftrag der Landesregierung als Untere Verwaltungsbehörden und erhalten pro Asylbewerber einen einmaligen Festbetrag, der auch für die Laufzeit der Unterbringung ausreichen muss”, betont Hartmann. Insofern müsse der Kreis mit diesem Geld sparsam wirtschaften, um nicht aus der Kreiskasse drauflegen zu müssen.
“Unter diesem Gesichtspunkt prüfen wir immer eingehend, ob die entsprechenden Mietpreisforderungen dem Objekt angemessen und aus Sicht der Steuerzahler noch vertreten werden können.” Es werde stets hart verhandelt, und im Zweifel komme ein Mietvertrag bei überzogenen Forderungen eines Vermieters nicht zustande.