München/Bremen – Claudio Pizarro will „zusammen Schönes erreichen“: Der Chilene ist mal wieder Bremer – Sponsoren finanzieren das Engagement des Fanlieblings bei Werder mit.
176 Gelegenheiten sind eine Menge, um auszuprobieren, wie man sich am besten verhält. Aber – und das ist doch erstaunlich – Claudio Pizarro hat ihn nie gehabt, diesen einen Torjubel, der ihn charakterisiert. Kein Salto à la Miroslav Klose, kein Ohrenschrauber à la Luca Toni. Nur ein einziges Mal hatte er sich etwas überlegt.
Als der Peruaner im Trikot des FC Bayern im November 2012 beim 6:1 gegen den OSC Lille traf, wusste er, was zu tun ist: „Wir hatten ausgemacht, dass wir mal ein bisschen tanzen können“, erzählt er. Dante, Rafinha und Pizarro – die südamerikanische Fraktion der Bayern hat den Rhythmus im Blut, das sah man bei der kleinen Einlage an jenem Tag sofort. Und die anderen Mitspieler? „Die tanzen auch gerne“, sagt Pizarro lachend: „Oder anders gesagt, sie versuchen, sich zu bewegen.“
In Bremen, seinem alten neuen Verein, hat Claudio Pizarro nun nur einen einzigen südamerikanischen Mitspieler. Ab jetzt muss Santiago Garcia daran glauben, sollte sich der Neuzugang zu einer erneuten Einlage entschließen. Denn eines ist klar: Mit dem Toreschießen will er nicht aufhören. Dazu ist er mit 36 doch viel zu jung. Und dazu sind 176 Bundesliga-Treffer doch auch viel zu wenig.
„Ich fühle mich sehr gut und denke, wir können hier zusammen was Schönes erreichen“, sagte Pizarro gestern, als sein Engagement bei Werder nach tagelangen Spekulationen endlich fix war. Er wirkte entspannt bei seiner Vorstellung, voller Vorfreude auf das, was ihn im Spätherbst seiner Karriere nun doch noch erwartet. Für den Einjahresvertrag bei dem Klub, bei dem er bereits während seiner Engagements von 1999 bis 2001 und von 2008 bis 2012 zum Publikumsliebling geworden war, hat Pizarro auf andere deutlich lukrativere Angebote verzichtet. Nicht die USA oder die Arabischen Emirate haben ihn gereizt, sondern die Bundesliga. Und seine alte Liebe.
Schon die Szenen, die sich am Sonntagabend auf dem Flughafen Bremen-Neuenland abgespielt hatten, sprachen Bände. Rund 400 Fans warteten auf Pizarro, der eine Stunde vor Mitternacht aus München gelandet war. Hier ein Selfie, dort ein Autogramm, selbst Pizarro schien überrascht von dem tumultartigen Auflauf in seiner „zweiten Heimat. Die Fans haben mein Herz zittern lassen“, sagte er gestern, nachdem er sowohl den Medizincheck absolviert (Geschäftsführer Thomas Eichin: „Er ist gut in Schuss“) als auch die Vertragsunterschrift geleistet hatte. Wie in München wird Pizarro nun auch bei Werder die Rückennummer 14 tragen (bis 2012 war es die 24).
„Vom Charisma her passt Claudio perfekt. Er kann jungen Spielern das gewisse Extra geben“, sagte Eichin, der ebenso erleichtert wirkte wie Pizarro. Dem Vernehmen nach haben sich in der Hansestadt mehrere Sponsoren gefunden, die den Fanliebling zumindest in Teilen mitfinanzieren. „Ich habe schnell gemerkt, dass Claudio das Gefühl Werder Bremen anderen Überlegungen vorzieht“, berichtete Eichin aus den Verhandlungen. Pizarro soll der jungen Bremer Truppe nun Stabilität bieten – und natürlich auch Tore schießen. Ob als Stammspieler oder Joker – wie zuletzt bei Bayern –, ist noch nicht sicher. Körperlich, sagt Pizarro, habe er in den vergangenen Monaten trotz der Vereinslosigkeit nicht abgebaut. Das individuelle Training im Wald hat angeschlagen: „Ich fühle mich sehr gut, aber der Trainer entscheidet.“
Der Trainer, das ist passenderweise Pizarros ehemaliger Mitspieler Viktor Skripnik. Und auch neben den alten Vereinskollegen hat der Nationalspieler in Bremen „viele Freunde. Die Kinder freuen sich, weil sie hier schon alles kennen“, erzählte er. Und – ganz wichtig: „Auch die Hunde kommen mit.“
Ob es ein Engagement für länger ist, wurde Pizarro natürlich gefragt. „Sag niemals nie“, antwortete der Angreifer zwar mit Blick auf eine mögliche Folgebeschäftigung in anderer Funktion. Es ist aber kein Geheimnis, dass sein Lebensmittelpunkt in München bleiben soll. Der Ausflug nach Bremen ist zeitlich begrenzt. Für ein paar Tore – und einen Tanz – wird aber genug Zeit sein.

Hanna Schmalenbach
E-Mail:hanna.schmalenbach@merkur.de
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