Mit Humor begegnete Sami Hyypiä nach dem 2:0 (2:0) im Bundesliga-Topspiel gegen Hannover 96 der Frage, ob Bayer Leverkusen nun Borussia Dortmund und den FC Bayern angreifen wolle.
«Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal auf die Tabelle geschaut habe und kenne die Situation nicht so genau», sagte der Cheftrainer der Werkself nach dem 2:0-Sieg mit gespielter Ahnungslosigkeit. Bayer hat sich mit einem Punkt Rückstand nach sieben Spieltagen als dritte starke Kraft der Liga etabliert, wähnt sich aber nicht auf Augenhöhe mit dem Spitzenduo. «Wir werden es erst im Mai 2014 sehen», ergänzte der Finne. «Jetzt denken wir nicht daran, wie nahe wir den Bayern und dem BVB sind.»
Dafür haben sich die Leverkusener mit dem vereinseigenen Startrekord von 18 Punkten recht weit von den übrigen 15 Clubs entfernt – sechs Zähler beträgt der Abstand zum vierten Platz. «Es ist gut, die Tabelle etwas auseinanderzuziehen und punktemäßig richtig Druck auf die Konkurrenz auszuüben, weil im Herbst die Grundlage für die ganze Saison gelegt wird», meinte Kapitän Simon Rolfes.
«Das waren Big Points», sagte Sidney Sam nach dem Sieg im Duell mit dem Tabellenvierten. Der Jung-Nationalspieler war in Personalunion Vorbereiter des 1:0 durch Rolfes (23. Minute) und Vollstrecker des 2:0 (37.). «Wir wollten den Abstand vergrößern. Das ist uns gelungen und wir sind glücklich darüber», sagte er.
Bayer ist aber nicht nur erfolgreich wie nie zuvor in die Saison gestartet, sondern hat auch eine neue Reife gewonnen. «Wir sind mental stärker geworden und alle Spieler geben im Training alles», meinte selbst Hyppiä, der den Startrekord seines Vor-Vorgängers Jupp Heynckes von 17 Punkten in der Saison 2009/10 übertraf.
«Wir stehen deutlich stabiler, die taktische Abstimmung ist deutlich besser und wir spielen dominanter. Das bedeutet mehr Ballbesitz und mehr Kontrolle über das Spiel», nennt Rolfes die Gründe des Erfolges. Dass man nun näher an den BVB und den Bayern herangerückt wäre, sieht auch er nicht. «Nein. Die Bayern und Dortmunder punkten wie im letzten Jahr, nur wir punkten jetzt besser», argumentierte er.
In der Saison 2012/13 war Bayer der einzige Bayern-Bezwinger – gelingt dies auch am Samstag? «Das Bayern-Spiel ist bei uns ganz außen vor», sagte Rolfes zum Kräftemessen mit dem Meister. «Real Sociedad San Sebastian ist ein ganz wichtiges Spiel. Deshalb gilt die volle Konzentration auf die Champions League». Schließlich steht Leverkusen nach dem 2:4 bei Manchester United am Mittwoch schon ordentlich unter Druck.
Um jede Art der Bedrängnis zum Thema Nationalmannschaft zu vermeiden, flüchtete Bayer-Torjäger Stefan Kießling heiter, aber wortlos in die Kabine. «Einerseits nervt das Thema, anderseits ist es ein schönes, weil es bedeutet, das Stefan in einer sehr, sehr guten Verfassung ist», sagte sein Sportdirektor Rudi Völler im TV-Sender Sky zur Dauerdiskussion über Kießlings Nichtberücksichtigung durch Bundestrainer Joachim Löw. «Ich bleibe bei meiner Meinung, dass ein Spieler wie Stefan Kießling bei einer Weltmeisterschaft, vielen Spielen, vielen Verletzten, immer ein Thema sein muss.»
Diskussionsstoff lieferte zudem die Auswärtsschwäche der Hannoveraner, die auf fremden Platz bisher keine Punkte holten und Tore erzielten. «Nur Heimsiege reichen nicht», sagte 96-Stürmer Artur Sobiech knapp. «Leverkusen war uns in weiten Teilen überlegen», anerkannte Trainer Mirko Slomka. «Es reicht nicht, nur halbe Chancen herauszuspielen.» Seine Hoffnung, dass es sich mit dem wiedergenesenen Torjäger Mame Diouf zum Besseren wenden könnte, zerplatze nach dessen nur 19 Minuten langen Einsatz: Der Senegalese musste wegen einer Muskelverletzung im linken Oberschenkel wieder ausgewechselt werden und fällt im Heimspiel gegen Hertha BSC aus.
(Von Andreas Schirmer, dpa)