München – Karl Hopfner wirkt wie ein Präsident auf Abruf, Uli Hoeneß bleibt Herr der Nachrichtenlage. An Landsberg gibt es neue Kritik.
München – In seinem Schlusswort bei der Außerordentlichen Mitgliederversammlung des FC Bayern wechselte der AG-Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge in den Appell-Modus. Vor allem den Medien wolle er zum Fall Hoeneß zurufen: „Diese Zitrone ist ausgelutscht. Suchen Sie nicht noch den letzten Tropfen.“ Die 1593 anwesenden Mitglieder hatte er zuvor in Mia-san-mia-Laune hochgeschaukelt: Alles bestens im sportlichen Bereich, auch wenn mal ein Halbfinal-Rückspiel der Königsklasse verloren gegangen sei: „Wir haben in den drei vergangenen Jahren in der Champions League 38 Spiele bestritten – mehr als die anderen großen Vereine.“ Es solle sich bloß kein Kritiker am neuen Trainer abarbeiten: „Zwischen Pep und den FC Bayern passt kein Blatt Papier.“
Die (öffentliche) Wahrnehmung von Guardiola wird wohl davon abhängen, ob er das deutschen Pokalfinale am 17. Mai erfolgreich gestaltet, im güngstigen Fall ist danach wieder Ruhe. Doch dass der FC Bayern das Thema Hoeneß aus den Schlagzeilen bringt, ist nicht zu erwarten. Schließlich hat der Ex-Präsident mit seinem Auftritt am Freitagabend in der Basketballer-Spielstätte Audi Dome die Herrschaft über die Nachrichtenlage an sich gerissen. Eine 14-minütige explosive Stellungnahme, einfach so hineinplatziert in die Versammlung, ohne Rücksicht auf die Tagesordnung – Hoeneß demonstrierte, dass er davon ausgeht, in diesem Verein auch ohne Mandat das Sagen zu haben.
Bilder: Jubel für Hoeneß – Busserl für Hopfner
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Er wetterte – teils bererchtigt, teils mit reichlich falschen Fakten – vor allem gegen die Medien, überraschenderweise sparte er nur einen Punkt aus: Auf die Justizvollzugsanstalt Landsberg, in der er demnächst seine Haft (nach Gerichtsurteil dreieinhalb Jahre) antreten soll, ging er nicht ein. Das hatte sein Präsidenten-Nachfolger Karl Hopfner erledigt, der den Medientag der JVA vor gut einem Monat mit Vorführung von Zellen, Arbeits- und Freizeiteinrichtungen als „unsäglich“ bezeichnete. Hoeneß, so hört man aus seinem Umfeld, sei tief verärgert wegen Landsberg. Doch er ist nicht in der Position, Kritik vorzubringen. Tat es also nach interner Absprache Hopfner? Der widerspricht: „Mit Uli Hoeneß wurde kein Wort abgesprochen. Es ist meine Überzeugung. Und auch unser Ministerpräsident hat gesagt: ,Das darf nicht vorkommen.’“
Im neuen Vorstand des FC Bayern e.V. haben sie als Zweiten Vizepräsidenten nun einen Juristen: Professor Dieter Mayer, ein Notar, stand bisher schon dem Ehrenrat vor, vor 13 Jahren begleitete er die Ausgliederung des Profispielbetriebs vom Verein in die AG. Er beurteilt die Sache Landsberg so: „Sie hat keine juristische Komponente, aber eine moralische.“
Mit Haftantritt wird der Fall Hoeneß weitergehen, die öffentliche Teilnahme macht an den Gefängnismauern nicht halt. Das neue Präsidium erweckt auch nicht den Eindruck, als könne und wolle es sich vom Übervater Hoeneß emanzipieren.
Macht bekäme Hopfner erst, wenn im September 2014 bei der nächsten turnusgemäßen Sitzung der Aufsichtsrat ihn zum Vorsitzenden bestimmen würde – dies ist aber noch offen, momentan steht Adidas-Chef Herbert Hainer dem höchsten Gremium vor. Als Präsident des e.V. wirkt Hopfner ohnehin wie ein Mann auf Abruf: Uli Hoeneß hat die Ehrenpräsidentenwürde vorerst abgelehnt – weil er im Herbst 2016 als Präsident zurückkehren will? Hopfner sagt: „Das muss Uli Hoeneß für sich entscheiden, wie er sich die Zukunft vorstellt. Ich würde sicher nicht gegen ihn antreten.“
Günter Klein