Sein FC Bayern nimmt den Rücktritt des Docs am Morgen danach in einer sehr nüchternen, fast lapidaren Neun-Zeilen-Erklärung „mit Bedauern“ zur Kenntnis – beinahe unwürdig für eine fast 38 Jahre dauernde Zusammenarbeit – und kündigt „zeitnah“ eine Entscheidung über die Nachfolge an. Vorerst werde der Orthopäde und Unfallchirurg Volker Braun das Team betreuen. Er arbeitete zuletzt bei der zweiten Mannschaft in der Regionalliga. Nach AZ-Informationen gilt Knie-Spezialist Erich Rembeck als Favorit auf die „Mull“-Nachfolge.
Aber kann ein anderer Arzt so kurzfristig das aktuelle Lazarett beherrschen? Guardiola sagt: „Nein…“ Weiter kommt er nicht, weil PR-Mann Hörwick dazwischen grätscht: „Wir werden eine Lösung finden.“ Das Verhältnis zwischen Guardiola und dem „Mull“ war schon lange nicht mehr gut. Vor allem bei der Behandlung des mehr als ein Jahr verletzten Spaniers Thiago gab es Ärger. Sportvorstand Matthias Sammer und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge beteuerten zwar, es gebe keine Probleme, doch mit Rummenigge, der dem Doc nie so nahe stand wie Hoeneß, soll es noch in der Kabine von Porto zu einer Diskussion über die Verletzten gekommen sein. Beim Bankett saß man zwar am selben Tisch, hatte sich aber wenig zu sagen.
Pep und “Mull”: Zeigt ein Video das Zerwürfnis?
Bei einem Treffen am Donnerstag in München, bei dem es um die Knöchelblessur von Franck Ribéry gegangen sein soll, sei der Streit eskaliert. Der Franzose konnte letztmals am 11. März spielen; aus wenigen Tagen Pause, wie zunächst verkündet, sind Wochen geworden. Auch gegen Hoffenheim fehlt Ribéry. Guardiola sagt, er habe „keine Zeit zum Jammern“, tut es aber doch: „Gegen Donezk hatten wir den besten Ribéry! Alle waren fit, und ich dachte: ‘Jetzt können wir gegen die Besten kämpfen.’“ Will sagen: Real und Barca können kommen!
„Drei Tage später hatten wir vier Verletzte“, fährt Guardiola fort, „das ist Fußball, das ist das Leben.“ Er sagt zwar: „Wenn ein Spieler verletzt ist, ist nicht der Doktor schuld. Verletzt ist verletzt“, spricht aber auch von „13 Operationen in zwei Jahren“. Bei Nachfragen zur Gesundheit seiner Invaliden hatte er zuletzt oft geblafft: „Frag’ den Doc!“ Dieser hielt sich mit öffentlichen Einschätzungen zurück. Die Bayern-Stars vertrauen ihm und werden wohl auch künftig seine Praxis aufsuchen. Es gilt das Recht der freien Arztwahl. Und Müller-Wohlfahrt? Kam wie jeden Morgen zur Arbeit und sagte den Reportern: „Ich will noch nichts sagen. Es ist noch zu früh. Ich werde mich äußern, aber nicht heute.“ Gut möglich, dass einige nach Luft schnappen werden, wenn der Doc Tacheles redet.