Müller Brot: Manager beteuern Unschuld

Justiz

Maden, Schaben, Mäusedreck: In der Großbäckerei herrschten eklige Zustände. Der Prozess gegen die Ex-Chefs hat begonnen.

Die Angeklagten Ex-Manager der Großbäckerei Müller-Brot Jürgen K. (links) und Stefan H. (rechts) sitzen im Gerichtssaal des Landgerichts in Landshut. Am Montag hat der Prozess gegen sie begonnen. Foto: dpa

Landshut.Richter Alfons Gmelch will zu Beginn des Ekel-Prozesses um die Großbäckerei die Anspannung bei den Angeklagten lösen. Der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Landshut sagt zu dem ehemaligen Haupteigentümer von Müller-Brot mit Blick auf dessen Wohnort Syke in Norddeutschland: „Sie hatten aber eine weite Anreise.“ Der 69-Jährige antwortet pampig: „Ja. Das ist aber hier nicht das Thema.“ Recht hat er. Es geht um unfassbare Vorwürfe gegen ihn und seine beiden Nachfolger als Geschäftsführer bei dem Großbäcker aus Neufahrn bei Freising.

Das Trio sitzt seit Montag auf der Anklagebank im Landgericht Landshut. Die Vorwürfe lauten: Inverkehrbringen von Lebensmittel, die nicht zum Verzehr geeignet waren, Betrug in 238 Fällen, Untreue und Insolvenzverschleppung. Über ihre Anwälte lassen die Angeklagten mitteilen, dass sie die Vorwürfe zurückweisen.

Mäuse, Schaben, Maden, Fruchtfliegen, Käfer, Motten und Rost hatten Lebensmittelkontrolleure bei sechs unangemeldeten Kontrollen in den Produktionslinien gefunden. Trotzdem wurden unter diesen ekeligen Hygienezuständen täglich Zehntausende Brötchen, Brote und Feinbackwaren gebacken. Mehr als vier Stunden dauert am Montag die Verlesung der Anklage, auch weil die beiden Staatsanwälte jede Stückzahl der produzierten Backwaren vortragen.

1250 Mitarbeiter verloren bei Müller Brot ihre Jobs

Das Landratsamt Freising stoppte die Produktion Anfang 2012. Zwei Wochen später meldete das Unternehmen Insolvenz an. 1250 Mitarbeiter verloren ihre Jobs.

Der damalige Firmenchef hat sich laut Anklage auch persönlich bereichert, obwohl das Unternehmen bereits in eine heftige Schieflage geraten war. Von April 2010 bis 2012 wurden von Müller-Brot mehr als 518 000 Euro an die Gestüt Famos GmbH für das Anbringen einer Werbetafel überwiesen. Anders als bei vielen Lieferanten wurde hier pünktlich gezahlt, obwohl laut Staatsanwaltschaft keine Gegenleistung erbracht wurde und damit auch gar kein Werbezweck erfüllt werden konnte. Die Gestüt Famos GmbH sitzt bei Bremen und Müller-Brot hatte sein Kerngebiet im südlichen Bayern. Pikant dabei: Der alleinige Geschäftsführer der Gestüt Famos GmbH war laut Staatsanwaltschaft der damalige Chef von Müller-Brot, ein passionierter Pferdezüchter.

Strafrechtlich wiegt der Vorwurf des Betrugs, der Untreue und der Insolvenzverschleppung zwar größer. Bei den Verbrauchern werden aber die massiven Hygienemängel im Gedächtnis bleiben.

Lebensmittelüberwachung ist Ländersache in Deutschland, deshalb ist die Einordnung des Skandals nicht so einfach. Im Jahr 2013 etwa wurden knapp 537 000 Betriebe bundesweit kontrolliert, davon einige mehrfach, wie aus Statistiken des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hervorgeht.

Verstöße meldeten die Kontrolleure bei 136 577 Betrieben – wobei die Bandbreite hier sehr groß ist: Von der abgefallenen Fliese über eine fehlende Kennzeichnung von Allergenen bis hin zur mangelnden Schulung von Mitarbeitern kann alles darunter fallen. Ob es auch Fälle wie bei Müller-Brot gab, wo mehrfach massive Verunreinigungen durch tote Schaben und Mäusedreck festgestellt wurden, darüber liegen der Behörde keine Daten vor. Fest steht aber: Bei drei Viertel der festgestellten Verstöße ging es um Hygieneprobleme im Betrieb oder um das Hygiene-Management.

„Eine Großbäckerei, bei der auch nach zahlreichen von der Lebensmittelüberwachung angeordneten Maßnahmen gravierende Probleme und eine mangelhafte Grundhygiene festzustellen sind, ist auch für die Lebensmittelüberwachung ein außergewöhnlicher Fall“, sagt Christian Weidner vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen.

Die Bürger erfahren als letzte von Lebensmittelskandalen

Und wie so oft bei Lebensmittelskandalen in Deutschland: Als letztes werden die Bürger davon in Kenntnis gesetzt. Die Öffentlichkeit erfuhr nichts von den Schaben in der Müller-Fabrik, obwohl bereits die Staatsanwaltschaft eingeschaltet war. Nach geltendem Recht ist es für Behörden riskant, wenn sie in solchen Fällen Bürger informieren. Sie laufen Gefahr, von den Unternehmen verklagt zu werden.

„Der nächste Skandal ist nur eine Frage der Zeit“Andreas Winkler, Foodwatch

Verbraucherorganisationen fordert seit langem, die Ergebnisse aller Lebensmittelkontrollen zu veröffentlichen. „Solange Verbraucher nicht erfahren, wer die Ekel-Bäcker und Schmuddel-Wirte sind, fehlt für die Betriebe schlicht der Anreiz, sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten“, sagt Andreas Winkler von foodwatch. Bleibe es bei der jetzigen Regelung, sei der nächste Skandal nur eine Frage der Zeit.

In den vergangenen Jahren sorgten immer wieder neue Skandale in der Lebensmittelbranche für Schlagzeilen. Unsere Bildergalerie zeigt Ihnen, welche Skandale die Verbraucher besonders verunsicherten.

Lebensmittel-Skandale der letzten Jahre

Kommentar

Unappetitlich

Es sind Nachrichten, die einem fast vier Jahre später noch das Frühstück verderben können. Die Vorstellung von Motten, Maden und Mäusen auf den Teigkesseln…

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