Modedroge Crystal Meth: "Man sollte das Phänomen nicht unterschätzen"


Der Münchner Zoll präsentiert Crystal Meth



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Vom Zoll beschlagnahmtes Crystal Meth

WDR.de: Herr Liebel, wie erklären Sie sich die rasche Verbreitung von Crystal Meth in Deutschland?

Thomas Liebel: Die Droge ist im Verhältnis zu anderen Drogen wie Kokain verhältnismäßig günstig. Das ist ein synthetischer Stoff, der einfach hergestellt werden kann. Darüber hinaus ist man ab dem Erst- oder Zweitkonsum davon abhängig. Die hohe Abhängigkeit führt zu einer schnellen Steigerung der Konsumeinheiten, und neunzig Prozent der Leute, die eine Therapie machen, werden zudem wieder rückfällig.

WDR.de: Die NRW-Landesregierung hat jedoch vor einigen Monaten auf eine entsprechende Anfrage im Landtag erklärt, es gebe keine Erkenntnisse, dass es in NRW entsprechende Brennpunkte gebe.




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Thomas Liebel von der Deutschen Zollgewerkschaft

Liebel: Die nordhrein-westfälische Landesregierung bezieht sich in ihrem Bericht auf die Menge des sichergestellten Crystal Meths – diese Mengen sind natürlich weitaus geringer als die Mengen, die wir an der deutsch-tschechischen Grenze sicherstellen. Man kann aber davon ausgehen, dass die Drogenkuriere, die in Bayern unterwegs sind, mit Konsummengen ausgestattet sind, die nicht nur für den Verbrauch in der bayerisch-sächsischen Grenzregion vorgesehen sind. Mittlerweile haben wir ja auch auf Bundesebene die politische Bestätigung. Der Bericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung von 2013 besagt, dass Crystal Meth nicht nur an der tschechischen Grenze ein Problem ist, sondern sich auch in grenzfernen Städten auf dem Vormarsch befindet, insbesondere in den Metropolen. Deshalb müssen wir uns überlegen, ob wir unter anderem kriminalistisch richtig aufgestellt sind.

WDR.de: Aber gibt es denn in NRW so wie in Bayern professionelle Handelsstrukturen?

Liebel: Bislang gibt es Aufgriffe in Dortmund, Essen, Köln und Düsseldorf, eben in den Metropolregionen. Ein Dealer zielt ja immer auf den höchsten Gewinn ab, und während man in der bayerischen Grenzregion für ein Gramm Crystal Meth 25 Euro bezahlt, sind es in nordrhein-westfälischen Städten 160 bis 180 Euro. Diese Absatzmärkte sind begehrt.

WDR.de: Wird das Thema Ihrer Ansicht nach insgesamt politisch heruntergespielt?


Liebel: Ich warne davor, das Phänomen zu verharmlosen. Vor fünf Jahren ist das Thema Crystal Meth bei uns in der bayerischen Grenzregion aufgekommen. Da hat man auch lange gesagt, man habe die Lage im Griff – so wie in Nordrhein-Westfalen. Die Sätze, die von der NRW-Landesregierung verwendet werden, waren die gleichen, die auch in Bayern verwendet wurden. Mittlerweile haben wir in Bayern aber eine ausufernde Problematik, der man nur noch schwer Herr werden kann. Deshalb wollen wir in Emmerich ein Zeichen setzen – damit man insbesondere auch präventiv tätig wird. Da muss ich sagen, dass man in NRW schon die richtigen Weichen gesetzt hat und bereits präventiv tätig ist. Das müsste aber noch intensiviert werden. Damit meine ich, dass man noch mehr in den Schulen und Vereinen über die Droge informieren muss.

WDR.de: Das Schreckgespenst Crystal Meth scheint für den Zoll aber auch eine gute Gelegenheit zu sein, um mehr Stellen zu fordern.

Liebel: Wenn man mit Elternverbänden, Lehrern und Ärzten spricht, dann merkt man schon, dass deutlich nach Hilfe gerufen wird – weil die Droge so gefährlich und auf dem Vormarsch ist. Das belegen die Zahlen der sichergestellten Mengen und der Fälle, die in Erstkontakt damit getreten sind. Wenn wir den gesellschaftlichen Auftrag, zu helfen, ernstnehmen wollen, dann müssen wir schauen, ob wir richtig aufgestellt sind. Da geht es nicht nur um Personal, sondern auch um die materielle Ausstattung. Eine weitere Frage ist, ob Rechtslücken bestehen, beispielsweise im Hinblick auf die Kontrolle von Postdienstleistern und hinsichtlich des Zugangs zu Flugdaten im internationalen Reiseverkehr. Es ist ja so, dass viele Dealer bestimmte Flugrouten nutzen – und die müssen wir nachvollziehen können, um ihnen auf die Fährte zu kommen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist das aber momentan nicht möglich.

WDR.de: Und was erhoffen Sie sich nun konkret von der Veranstaltung in Emmerich?

Liebel: Wir wollen durch solche Veranstaltungen erst einmal die Politik sensibilisieren und darauf aufmerksam machen, dass das Problem extrem zunimmt. Deshalb sollte man dieses Phänomen eben nicht nur an der bayerischen Grenze diskutieren, sondern auch in Westdeutschland. Und das tun wir mit dieser Veranstaltung.

Das Gespräch führte Nina Giaramita.

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