Das bayerische Kabinett tagt derzeit in München. Vor allem die Flüchtlingskrise drängt. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), einer der schärfsten Kritiker des Kurses der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), fordert dringend eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Die Kanzlerin ist anderer Meinung. Eine Schließung der Grenzen oder ein Aufnahmestopp käme nicht in Frage: “Das wird nicht klappen”, sagte Merkel in der ARD-Talkshow “Anne Will” Mittwochabend. Doch Bayern will künftig Flüchtlinge nach Österreich zurückschicken. Das sagte Seehofer der “Bild”-Zeitung (Freitagausgabe) laut Vorausbericht und würde bei Umsetzung Österreich zum Handeln bringen.
Österreich wird nach Worten von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) “intensiver, umfassender zu kontrollieren beginnen”, wenn Bayern den Flüchtlingsstrom aus Österreich verlangsamt. Wenn Deutschland beginne, “die Flüchtlinge nach Österreich zurückzuschieben, dann droht unserem Land eine humanitäre Krise neuen Ausmaßes”, sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Donnerstagabend gegenüber. Entsprechende Ankündigungen Bayerns seien aber nicht mehr als als Gerüchte.
“Hotspots” müssten Flüchtlinge unterscheiden
“Es braucht kein einziger Mitgliedsstaat glauben, dass er mit einer Grenzkontrolle das Problem löst”, sagte Mikl-Leitner. Es müsse an den “Hotspots”, welche die EU in Italien und Griechenland einrichten will, unterschieden werden zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sagte: “Wir befinden uns nicht im Konfliktfall, aber wenn es keine europäische Lösung gibt werden mehr und mehr Staaten versuchen, mit Einzelmaßnahmen das Problem alleine in Griff zu kriegen”.
“Österreich missachtet europäisches Recht”
“Sollte unser Nachbarland Österreich weiterhin das europäische Recht missachten, muss auch Deutschland prüfen, ob es Flüchtlinge nicht unmittelbar an der österreichischen Grenze zurückweist”, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann etwa der “Süddeutschen Zeitung”. Schließlich würde Österreich Flüchtlinge nach Deutschland durchwinken, obwohl das Land selbst für das Asylverfahren zuständig wäre – ein Verweis also auf die derzeit wegen der Menschenmassen kaum angewandte Dublin-Regelung.
In Österreich seien die Flüchtlinge bereits sicher, sagte Herrmann laut der Donnerstagsausgabe der Zeitung. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hatte zuvor mit “Notwehr” gedroht, sollte die deutsche Bundesregierung keine Schritte zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen unternehmen. Bayern ist innerhalb Deutschlands geographie-bedingt am stärksten vom Flüchtlingsstrom betroffen. Die Weiterverteilung in die anderen Bundesländer verläuft nur schleppend.
Laut Spiegel Online plant der Freistaat Bayern mehrere Maßnahmen.
- Transitzonen nach Flughafen-Vorbild an den Landesgrenzen sollen die illegale Einreise von Flüchtlingen verhindern.
- Züge aus Österreich sollen durch Bayern durch in Richtung anderer Bundesländer geschleust werden.
- Flüchtlinge, die in Bussen aus Österreich nach Bayern kommen, sollen zurück nach Österreich gebracht werden.
Zum Artikel auf “Spiegel online”
Zum Interview mit Joachim Herrmann in der “Süddeutschen Zeitung”
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(APA/Red.)
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