Auf dem Trainingsgelände steckten sie die Köpfe zusammen. Der bärtige Typ namens Jürgen Klopp und der glatt rasierte Profi an seiner Seite. „Hat er sich mal gemeldet?“, raunt der Trainer seinem Spieler Sebastian Kehl zu. Der nickt fast verschämt.
Ja, hat er. Der Robert, der Lewandowski, der am Mittwoch (18 Uhr/live im ZDF) mit dem FC Bayern München im Klopp-Kehl-Land der Borussia in Dortmund antritt, um den Gewinner des Supercups auszuspielen, hatte sich bei der Mannschaft gemeldet. Jener Lewandowski, der im Mai nach vier Jahren beim BVB aus diesem Stadion verabschiedet wurde und dem bei seinen letzten Momenten auf dem Dortmunder Rasen die Tränen in die Augen zu schießen drohten.
Nun trägt er für das schwarz-gelbe Auge noch etwas ungewohnt das rot-blaue Trikot des Rivalen und kehrt für sein erstes Pflichtspiel gleich an seinen alten Arbeitsplatz zurück. Das ist ein hübsches Geschichtchen dieses Duells zwischen den größten nationalen Fußball-Nummern, das zu großen Teilen von der auf der Führungsetage frisch entbrannten Brisanz der gegenseitigen Abneigung lebt. Auf dem Rasen aber begegnen sich alte Bekannte und neue Freunde – in angemessener Ernsthaftigkeit.
Wiedersehen der Weltmeister
„Lewy ist ein cooler Typ, auch wenn er jetzt das falsche Trikot trägt“, sagt Jürgen Klopp lachend und fügt an, dass er der Meinung sei, der Stürmer sei „hier genug gefeiert worden“. Es müsse dann jetzt auch reichen und wäre erfrischend, wenn er seine außergewöhnliche Fähigkeit, Tore zu schießen, vielleicht zumindest am Mittwochabend nicht in ganzer Kunstfertigkeit präsentieren würde.
„Es werden sicher keine Girlanden für ihn geflochten“, meint BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, er glaubt aber an einen respektvollen Empfang für den Torschützenkönig der vergangenen Saison durch das Dortmunder Publikum. „Ich glaube nicht, dass er davon ausgeht, hier bejubelt zu werden“, ergänzt Kehl.
Und dennoch wird der 25-Jährige aus Polen sicher wohlwollender zurückempfangen als sein alter und neuer Mannschaftskollege Mario Götze einst. In diesem Stadion schoss Lewandowski mit einem Hackentor gegen die Bayern den BVB quasi zur Meisterschaft, in diesem Stadion erzielte er seine monumentalen vier Treffer im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid. Das ist nicht vergessen und wird höchstens auf den Rängen Wehmut auslösen, weil er schon jetzt in bestechender Form zu sein scheint. Zumindest ein paar sehr hübsche Tore hat er schon für seinen neuen Arbeitgeber in der Vorbereitung erzielt.
Aber nicht nur der Fall Lewandowski weckt zwiespältige Gefühle. Schließlich werden sich da am Mittwoch auch ein paar Spieler erstmals wieder gegenüberstehen, die vor einem Monat noch gemeinsame Sache machten und bei der WM in Brasilien den Titel abräumten. Kaum für möglich gehaltene Bindungen brachte der südamerikanische Teamgeist hervor. „Obwohl während der WM neue Freundschaften entstanden sind zwischen den Nationalspielern, wird man davon nichts merken“, ist Klopp sicher. „Alle Fußballer dieser Welt können befreundet sein, aber sich gegenseitig für 90 Minuten den Dreck unter den Fingernägeln nicht gönnen.“
Auf beiden Seiten fehlen Stars
Wie stark dieses Gefühl bei diesem Pflichttest wenige Tage vor der Saison ausgeprägt sein wird, bleibt abzuwarten. Beide Mannschaften werden auf einige Stars verzichten müssen, die Münchener lassen Bastian Schweinsteiger zu Hause. Es geht also darum, „wer seine Probleme am besten vergessen machen kann“, sagt Klopp, der eine brauchbare Betrachtung für den Supercup mitliefert. „Wer gewinnt, kann sich wahnsinnig freuen“, sagt der Trainer: „Wer verliert, muss sich nicht so sehr grämen und kann sagen: War ja nur der Supercup.“ Es wird – so viel steht fest – noch wichtigere Duelle zwischen diesen beiden Mannschaften geben.