Leipziger "Mitte"-Studie: Bayern – ein Land voller Fremdenhasser?

Die Ergebnisse im Detail:  Im Auftrag der Grünen im bayerischen Landtag hatten die Leipziger Wissenschaftler die bayerischen Befunde aus dem bundesweiten Datenmaterial ausgekoppelt und waren bereits im November vergangenen Jahres zu dem Ergebnis gekommen, dass man es „in weiten Teilen der Bevölkerung“ des Freistaats „mit rechtsextremen Einstellungen zu tun“ habe, so Studienmitverfasser Decker damals. Inzwischen wurde auch das Datenmaterial anderer Bundesländer ausgewertet. Deutschlandweit stimmen etwa 20 Prozent der Bevölkerung ausländerfeindlichen Aussagen zu, wie etwa „Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimatländer zurückschicken“. In Bayern liegt diese Quote jedoch mit 33,1 Prozent in etwa gleichauf mit der von Mecklenburg-Vorpommern (32,8 Prozent) und Thüringen (30,9 Prozent).

Nur in Sachsen-Anhalt fanden die Wissenschaftler eine noch höhere Affinität zu solchen Aussagen (42,2 Prozent). Sind die Bayern ausländerfeindlicher als die diesbezüglich bisher verdächtigten Menschen in Ostdeutschland? Die Ergebnisse der „Mitte“-Studie der Universität Leipzig legen das nahe. „Wir haben es in weiten Teilen der Bevölkerung mit rechtsextremen Einstellungen zu tun“, sagte Studienmitverfasser Oliver Decker in München. So stimmt nach der „Mitte“-Studie jeder dritte Bayer (33,1 Prozent) Aussagen mit ausländerfeindlichem Inhalt wie „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“ zu.

In Ostdeutschland sind es 30,5 Prozent und in den übrigen westdeutschen Ländern ohne Bayern 20 Prozent. Einen überraschenden Spitzenplatz belegt der Freistaat auch beim Antisemitismus: 12,6 Prozent stimmten Thesen wie „Die Juden arbeiten mehr als andere Menschen mit üblen Tricks“ oder „Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß“ zu. In den anderen westdeutschen Ländern neigen 8,4 Prozent und in Ostdeutschland nur 6,1 Prozent zu diesen Ansichten. Sehr verbreitet ist in Bayern die Islamfeindschaft, worin sich die Bewohner des Freistaats allerdings nicht von denen im übrigen Deutschland unterscheiden. 62,8 Prozent meinen, dass die islamische Welt rückständig sei und sich den neuen Realitäten verweigere.

63,3 Prozent halten den Islam für eine „archaische Religion, die unfähig ist, sich an die Gegenwart anzupassen“ und 46 Prozent forderten, Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland zu untersagen. Die Islamfeindschaft, warnte Studienverfasser Decker, „scheint eine Einstiegsdroge in den Rechtsextremismus zu sein“. Jeder vierte Bayer (26,4 Prozent) findet Gefallen an chauvinistischen Aussagen wie „Das oberste Ziel der deutschen Politik sollte es sein, Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zusteht“ – deutlich mehr als in den anderen westlichen Ländern (16,2 Prozent) und Ostdeutschland (17,2 Prozent). 6,4 Prozent der Bayern befürworten eine rechtsautoritäre Diktatur – etwa so viele wie in Ostdeutschland (6,6 Prozent), aber weniger als im übrigen Westdeutschland. Nach diesem eher erschreckenden Bild erstaunt es, dass die Demokratie „als Idee“ von 95,6 Prozent und „wie in der Verfassung niedergelegt“ von 86,4 Prozent der Bayern unterstützt wird – mehr als im Rest der Republik.

Das Fazit:  Die Studie zeige, dass Rechtsextremismus ein gesamtgesellschaftliches Problem und nicht nur am Rande der Gesellschaft zu finden sei, sagte die Extremismus-Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, Katharina Schulze. Es reiche daher nicht aus, wenn die CSU-Staatsregierung Rechtsextremismus nur als Aufgabe von Polizei und Verfassungsschutz begreife.

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