München – Es gibt Kritik am FC Bayern wegen des Saudi-Arabien-Trips: Wirtschaftliche Interessen rechtfertigen nicht alles, sagen Politiker.
Das Plakat sticht ins Auge, auch auf den Fotos, die aus Riad überliefert wurden. „Willkommen Du große Riese, wir stehen auf Deiner Seite“, hatten die Menschen in Riad inklusive einer charmanten orthografischen Nachlässigkeit auf ein Transparent gedruckt, um den FC Bayern bei seinem Abstecher nach dem Trainingslager in Doha/Katar nach Saudi-Arabien zu begrüßen. Die Münchner hatten eine Stippvisite eingelegt, für ein Testspiel, das sie 4:1 gewannen. Kaum 24 Stunden waren sie im Königreich, seit Sonntag sind sie wieder in München. Aber die Kritik erfasste sie nun erst so richtig.
Dass man nämlich auf einer Seite steht, wie das fraglos arglos gemeinte Plakat suggeriert, kann man so nicht stehen lassen. In Saudi-Arabien werden die Menschenrechte vernachlässigt, Frauen haben in etwa keine Befugnisse, und neben dem Stadion, in dem die Bayern aufliefen, wird der Blogger Raif Badawi ausgepeitscht, wegen seiner Kritik an der Religionspolizei. 1000 Hiebe, 50 pro Strafaktion.
In Deutschland traten nun Politiker auf den Plan, die infrage stellen, ob man so ein Land bereisen darf/soll/muss. Die Bayern nahmen am Dienstag keine Stellung, in der „SZ“ hatte ein Sprecher auf Sponsor VW verwiesen, in dessen Auftrag man in Riad die Automarke beleben sollte. Über den Partner sei auch der Lohn für das Gastspiel geregelt worden. VW schwieg ebenfalls.
„Mein Eindruck ist, dass der FC Bayern seinen Vorbildcharakter nicht wahrnimmt“, sagte Dieter Janecek unserer Zeitung. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen gehört zwar dem Bayern-Fanklub des Bundestags an, führt dennoch kritisch aus: „Der FC Bayern müsste sich mutiger artikulieren, sich etwa mit den Spielern vor Ort über die Menschenrechtslage vor Ort informieren. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass wirtschaftliche Interessen alles rechtfertigen und aufwiegen.“
Man könne den Trip nach Saudi-Arabien unternehmen, „aber dann muss man auch die Dinge vor Ort klar beim Namen nennen“, so Janecek, „ein weltweit anerkannter Fußballverein wie Bayern kann sich beim Thema Menschenrechte nicht einfach wegducken.“
Einen Tag vor der Weiterreise aus Katar hatte sich Pep Guardiola zu Saudi-Arabien ausweichend geäußert. „Ich war schon mal da, man muss sich anpassen“, sagte der Trainer, „wir sind einen Tag dort und spielen für die Leute.“ Es ist das alte Lied, im Fußball, im Sport, es gilt auch für Katar, das als WM-Ausrichter 2022 wegen der gesellschaftspolitischen Probleme mit Argusaugen beobachtet wird: Die Politik wünscht sich vom Sport mehr Integrität, der Sport wiederum verweist auf ein Pharisäertum der Politik – schließlich werden viele Geschäfte auch mit den fraglichen Staaten abgewickelt. „Der FC Bayern ist für Fußball zuständig, nicht für Außenpolitik“, sagte Florian Hahn unserer Zeitung. Der Münchner CSU-Bundestagsabgeordnete ist im Verteidigungsausschuss. Allerdings könne so ein Klub auch „als Botschafter westlicher Werte“ fungieren.
Die Politik fordert mehr Integrität – das ist für den Sport pharisäerhaft
Wenn Karl-Heinz Rummenigge zur Rechtfertigung des Trips „immer nur auf die gut dotierten Verträge mit Sponsor VW verweist, kann man den Eindruck gewinnen: Es geht ihm nur um die wirtschaftlichen Interessen“, kritisierte Janecek. „Der Fußball erreicht mehr Menschen als jeder andere Sport – und oftmals auch mehr als wir Politiker.“ Da der FC Bayern besonders viele Herzen bewege, sollte „er sich bewusst sein und sensibler handeln – auch Gefahr laufend, dass der wirtschaftliche Ertrag im Einzelfall dann vielleicht nicht mehr ganz so groß ist“. Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß würden sich immer nur dann in die Politik einmischen, „wenn es ihnen gepasst hat. Nun steht der FC Bayern in der Kritik und beansprucht, dass Fußball und Politik strikt getrennt werden sollen – das passt nicht zusammen.“
Während Janecek noch weiterging, indem er meinte, Wladimir Putin habe die Olympischen Winterspiele in Sotschi „als Propagandashow nutzen“ können, und er sich darüber echauffierte, dass „die Vorbildfunktion des Sports wegen der stärker werdenden Kommerzialisierung immer mehr in Verruf geraten“ sei, bemühte sich der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer – Mitglied im Sportausschuss – gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“, die Angelegenheit zu relativieren: „Man sollte Sport und Sportpolitik nicht zu stark mit Menschenrechtspolitik in Verbindung bringen, insbesondere, wenn es einzelne Fußballvereine betrifft.“ Er habe kein Verständnis für die „zu harte und unmenschliche Bestrafung“ des Bloggers Badawi, doch auf solche Ereignisse könne ein Verein ja nicht kurzfristig reagieren und dann absagen: „Solche Spiele sind über Monate hinweg geplant und vereinbart.“
Immerhin: Die Bayern ließen sich weder in Doha noch in Riad vor den Karren der jeweiligen Regimes spannen. Einfach nur Fußball lautete ihr Motto. Die Aufregung Tage nach der Rückkehr kann man an der Säbener Straße nun schwer nachvollziehen.