Die beste Nachricht zuerst: „Bei der Eibelstädter Kirchweih hat es geregnet. Dann scheint bei unserer Kirchweih in Lindelbach die Sonne.“ Da ist sich Hans Hölzer ganz sicher. „Es war schon immer so“, sagt der 92-Jährige, der in dem Randersackerer Ortsteil geboren wurde und noch heute hier lebt. „Wenn wir auf Kirchweihtanz nach Eibelstadt gegangen sind und beim Heimgehen nass wurden, war das die beste Garantie dafür, dass bei unserem eigenen Fest schönes Wetter ist.“ Gästen wie Veranstaltern wäre es zu wünschen, wenn die Lindelbacher Kirchweih „Kunst Kulinarisches“ am Sonntag, 28. September, trocken bliebe.
Hans Hölzer wird auch dort sein. Zum Tanzen geht der ehemalige Landwirt zwar heute nicht mehr. Und das nicht nur, weil er seit vier Jahren ohne seine Frau Rosa zurechtkommen muss. Seit einem Sturz ist Hölzers Schritt schwer geworden, er braucht Gehhilfen. Doch der Geist des Lindelbachers ist wach, und auch seine Hände, die Zeit seines Lebens an harte Arbeit gewohnt sind, sind noch stark. Mit ihnen flicht der 92-Jährige Körbe. Hölzer ist einer der insgesamt 65 Programmpunkte auf der Festmeile, die sich während der Kirchweih durch das Dorf schlängelt. Im Innenhof seines Hauses in der Brandgasse 1 (erbaut im Jahre 1768 – so jedenfalls vermutet Hölzer anhand der Jahreszahl in der ehemaligen Stallmauer) wird am Sonntag seine Tochter Renate Fischer die Gäste mit Kaffee und Kuchen bewirten, während ihr handwerklich begabter Vater Weidenkörbe, Brotzeitbrettchen und Werkzeugstiele feil bietet – alles handgemacht von ihm selbst.
„Nur Blootzdeckel hab’ ich in diesem Jahr keine“, sagt Hölzer bedauernd. Wegen des Sturzes konnte er die erstmals nicht herstellen. „Und dabei gingen die immer weg wie warme Semmeln, weil sie sonst niemand mehr macht.“ Blootzdeckel, erklärt er, sind große, runde Bretter mit Griff, die man braucht, wenn man große Brotbacköfen bestücken will. Hölzer kennt sich aus mit diesen Öfen, besitzt er doch selbst noch solch ein Exemplar. Das allerdings bleibt kalt. Seine drei Töchter planten zwar immer wieder mal, Brote darin zu backen, aber dann fehle ihnen letztlich doch die Zeit.
Zwei Tage und etwa 120 Weidenruten, erzählt Hölzer, brauche er für einen mittelgroßen Korb. Zum Zuschneiden, Sortieren und Flechten. „Und wenn ich dann 25 Euro verlange, finden das manche zu teuer“, ergänzt er kopfschüttelnd. Verkauft werden seine Körbe erst, seitdem die Lindelbacher Liste die große Kirchweih in seinem Heimatort eingeführt hat. „Vorher habe ich nur für den Eigenbedarf Körbe gemacht.“
Die Ruten lässt er sich heute schneiden, aber sie kommen noch immer aus Lindelbach – oder auch vom Grundstück der Verwandtschaft in Sommerhausen. 10 bis 15 gelbe Weiden gäbe es noch immer im Ort, erklärt der Korbmacher. Die habe er selbst wieder aufgepäppelt, als er nach dem Krieg aus der Gefangenschaft zurückgekehrt sei. Gelernt hat er das Korbflechten als Kind von seinem Großvater, dem Rüdingers-Opa. Der konnte allerdings den oberen Abschluss nicht. „Den hat mir dann nach dem Krieg der Bäckers Hans beigebracht“, erinnert sich Hölzer.
Kontakt mit anderen Korbflechtern hatte er nie. Und „mit dem neumodischen Zeugs“ aus Weidenruten oder ovalen Körben hat er nichts am Hut. Letzteres ist im zu aufwändig und über das andere ärgert er sich: „Die holen sich bloß die besten Ruten raus und lassen den Rest stehen.“
In diesem Jahr stellt Hölzer neben seinen Körben auch zwei Stücke aus geschälter Weide aus. „Aber die sind nicht zum Verkaufen. Die will ich selber behalten.“ Wie lange er noch Körbe machen kann, da ist sich der 92-Jährige nicht sicher. „Man braucht dazu ganz schön Kraft.“ Immer hat er die nicht mehr. Und wenn sie ihn in der entscheidenden Zeit fehlt, dann wenn die Weidenruten noch elastisch und biegsam sind, ist eben Schluss mit dem Korbmachen, sagt er. Im Moment aber freut er sich erst einmal auf eine gelungene Kirchweih.