Klage gegen Länderfinanzausgleich Hessen klagt gegen Länderfinanzausgleich

Umgeben von der Pracht eines Fürstenschlosses aus dem 18. Jahrhundert haben die Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) und Horst Seehofer (CSU) am Dienstag den ärmeren Bundesländern den Fehdehandschuh hingeworfen. In einer gemeinsamen Kabinettssitzung im Wiesbadener Schloss Biebrich beschlossen die Regierungen von Hessen und Bayern, vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Länderfinanzausgleich zu klagen.

Hessen und Bayern zahlen Jahr für Jahr Milliardensummen in den Topf ein. Ihr Ziel ist es, durch eine Neuregelung dafür zu sorgen, dass mehr Geld in ihren Kassen bleibt. Das dritte Zahlerland Baden-Württemberg hatte sich unter dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) von den schwarz-gelben Klageplänen abgewandt. Mit Abstand größter Empfänger ist das Land Berlin.

Seehofer und Bouffier sagten vor der Sitzung, es könne nicht sein, dass nur noch drei Länder für 13 andere zahlen müssten. Hessen brachte im vergangenen Jahr 1,33 Milliarden Euro in den Ländertopf ein, Bayern 3,9 Milliarden. Aus Baden-Württemberg kamen 2,69 Milliarden Euro. Nach Bouffiers Worten soll die Klage in vier bis sechs Wochen eingereicht werden.



Die 16 Bundesländer haben wegen ihrer wirtschaftlichen, geografischen und regionalen Besonderheiten unterschiedlich hohe Einnahmen.



Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Dienstag in Wiesbaden zum Länderfinanzausgleich:

„Wir haben für Bayern beim Länderfinanzausgleich jetzt eine Schmerzgrenze erreicht.“

„Der Länderfinanzausgleich … befindet sich in einer untragbaren Schieflage und kann nicht mehr funktionieren.“

Das jetzige Finanzausgleichssystem läuft 2019 ohnehin aus. Vereinbart war bisher, bis dahin eine Neuregelung zu beschließen. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte, die Verfassungsklage behindere die Bemühungen um eine Neuregelung. „Dieser Prozess wird jetzt mit Sicherheit erschwert“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Ich habe aber kein Verständnis dafür, dass die bestehenden Regelungen infrage gestellt werden.“ Bayern und Hessen sehen indes alle Verhandlungsversuche als gescheitert an.

Auch der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) kritisierte die Klagepläne von Bayern und Hessen gegen den Länderfinanzausgleich (LFA). Statt an der populistischen Lunte zu zündeln solle lieber ohne Schaum vor dem Mund mit Verhandlungen ein gerechterer Ausgleich gesucht werden. Kühl rief zu einem Kompromiss auf, „bei dem jeder zu- und abgeben muss“.

Kritik setzte es auch aus anderen Nehmerländern. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) sagte dem NDR, er könne sich nicht vorstellen, dass die Verfassungsklage erfolgreich sein werde. Die Basis für den geltenden Finanzausgleich sei von allen Ländern gemeinsam gelegt worden. Außerdem werde mit dem System das Gebot im Grundgesetz umgesetzt, die Lebensverhältnisse anzugleichen.

Bayerns Finanzminister Markus Söder hat die Klage gegen Kritik im ZDF verteidigt

Auch Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke) schätzte die Erfolgschancen der Klage als „ausgesprochen gering“ ein. In einem föderalen Staat sei ein System notwendig, um die gemeinsamen Steuereinnahmen zu verteilen: „Das ist nicht ungerecht, sondern das gute Recht der Bürgerinnen und Bürger ein und desselben Staates.“ Sein nordrhein-westfälischer Kollege Norbert Walter-Borjans (SPD) sagte dem Sender Phoenix, die Klage sei Wahlkampf. In Hessen und Bayern finden im Herbst Landtagswahlen statt.

Die hessische SPD wies die Behauptung der Kläger zurück, dass der bestehende Finanzausgleich die Reihenfolge in der Finanzkraft der Bundesländer verändere. Dies stimme nicht, sagte der SPD-Finanzpolitiker Reinhard Kahl. Eine Klage bedürfe aber guter und richtiger Sachargumente, wenn sie erfolgreich sein solle.

Die hessischen Grünen sehen in einer Klage eine Chance, die Ungerechtigkeiten des Finanzausgleichs zu beheben. Eine schlecht vorbereitete Klage berge allerdings die Gefahr, „dass es zu Verschlechterungen für Hessen kommt“, sagte der hessische Grünen-Vorsitzende Tarek Al-Wazir. (mit dpa, Reuters)

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