Der deutsche Stammtisch und das ganze Internet regt sich: So viel Langeweile habe es in der Bundesliga nicht gegeben. Seit Sonntag steht fest: Der FC Bayern München ist Deutscher Meister. Zur Erinnerung: In der letzten Saison konnte den Münchnern schon ab März keiner mehr den ersten Platz nehmen. Dass am Sonntagabend kein Mensch auf dem Marienplatz feierte, ist nicht den Bayern, sondern dem Spielplanirrsinn der Bundesliga geschuldet.
Tatsächlich hätten die Spielplan-Verantwortlichen flexibler sein müssen. Schon vor einigen Wochen hätte man damit rechnen müssen, dass der FC Bayern früh Deutscher Meister werden könnte – und das vor allem an dem Wochenende, an dem sich die beiden Hauptverfolger gegenseitig Punkte nehmen konnten. Es hätte nichts dagegen gesprochen, Das Match zwischen Gladbach und Wolfsburg am Sonntagnachmittag anzusetzen und die Bayern später spielen zu lassen. Wir hätten Weißbier-Duschen und tanzende Rekordmeister erlebt. Und: Trainer Josep Guardiola wäre auf der Flucht vor dem Weißbier zum zweiten Mal innerhalb einer Woche eine Designer-Hose gerissen.
Aufgrund des Europa League-Rückspiels am Donnerstag musste Wolfsburg am Sonntag antreten. Und weil der FC Bayern am Dienstag im DFB-Pokal auf Borussia Dortmund trifft, konnte man den Rekordmeister nur am Samstag spielen lassen. Hier benötigt der DFB mehr Flexibilität. Es wäre ohne Weiteres möglich gewesen, das Topspiel der Halbfinalrunde am Mittwoch anzusetzen. So ist die Bundesliga-Saison um ein Spektakel ärmer geworden.
Aber ist die Bundesliga tatsächlich langweilig geworden? Der vorzeitige Titel-Hattrick des FC Bayern München spricht scheinbar dafür. Angesichts des 13-Punkte-Vorsprungs auf den FC Schalke scheint Bayer Leverkusen zumindest der vierte Platz sicher zu sein. Damit stehen auch die wahrscheinlichen Champions League-Teilnehmer fest: VfL Wolfsburg, Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen. Zwischen den beiden NRW-Mannschaften wird dann wohl nur noch ausgespielt, wer in die zusätzliche Qualifikationsrunde gehen wird.
Aber danach wird es spannend: Schalke 04 verspielt möglicherweise selbst die Teilnahme an der Europa League. Der FC Augsburg, ein Underdog, könnte spektakulärer Nutznießer sein. Borussia Dortmund, Werder Bremen, Mainz 05, Eintracht Frankfurt und unter glücklichsten Umständen auch der 1. FC Köln haben vier Spieltage vor Saisonschluss noch die Möglichkeit, sich für den internationalen Wettbewerb zu qualifizieren. Die Wahrscheinlich wird sogar steigen, wenn VfL Wolfsburg und Bayern München ins Finale des DFB-Pokals einziehen. Dem BVB bleibt so die Möglichkeit, sich versöhnlich von Erfolgscoach Jürgen Klopp zu trennen.
Bis zum letzten Spieltag werden mit großer Sicherheit auch die Absteiger ausgespielt. Eintracht Frankfurt und der 1. FC Köln, die Mini-Chancen auf die Europa League haben, gehören theoretisch genauso zu den Abstiegs-Aspiranten. Zwischen dem Tabellenletzten VfB Stuttgart und den Kölnern bestehen nur neun Punkte Unterschied. Die Liga ist tatsächlich sehr eng zusammen.
Die nächste Saison wird auch oben spannender. Die Rückrunden-Statistik zeigt, dass zwischen den Münchnern und den direkten Verfolgern kein großer Punkte-Unterschied besteht.
Der Primus FC Bayern hat zudem einige offene Fragen zu klären: Bleibt der Kader so bestehen? Kann man auch auf längere Dauer diese hohe Zahl an Verletzungen adäquat kompensieren? Wie werden sich die Ü30-Stars Schweinsteiger, Lahm, Robben und Co. einfügen, wenn sie öfter pausieren sollten? Wie wird die nächste Generation mit der wachsenden Verantwortung umgehen? Welches System wird gespielt? Wie lange bleibt Guardiola und wer könnte folgen?
Und auch die nachfolgenden Mannschaften werden hart geprüft. Kann sich Schalke 04 tatsächlich ein Jahr ohne internationalen Wettbewerb leisten? Wie schwierig wird es für den FC Augsburg bei möglicher Doppelbelastung in Europa League und Bundesliga? Können Viktor Skripnik und Torsten Frings eine Ära à la Rehhagel oder Schaaf einleiten? Und was macht der HSV, wenn er sich tatsächlich wieder vor dem Abstieg retten könnte?
Die Bundesliga bleibt spannend.