Katar bis Libanon: Bayern München im Blick


Wenn die Bayern morgen in die Rückrunde starten, wird der eine im Stadion in Hamburg Daumen drücken, und der andere in einem Café in Doha. Fußballfans sind „verrückte Hansel“, sagt Michael „Buschmann“ Zeman aus Erftstadt. Der 22-jährige Katarer Muftah Bala Talle verbrachte das Finale der WM 2014 auf Knien, weil er so mitfieberte. Eine Geschichte über Parallelen und Gegensätze eines Duos aus zwei Welten.

Muftah Bala Talle hat den FC Bayern immer im Blick – und das ist nicht bloß eine Floskel. Er schützt seine Augen vor der Sonne von Katar nämlich mit einer besonderen Brille: Auf den Gläsern prangt das Vereinswappen.


Muftah Bala Talle, 22, steht seit Jahren bei jedem Training des FC Bayern am Absperrgitter, wenn die Münchner in Doha sind. Heuer war er wieder Dauergast, obwohl sein Idol Bastian Schweinsteiger inzwischen in Manchester Dienst schiebt. Letztes Jahr nahm ihn Schweinsteiger sogar mal mit zu einer Pressekonferenz. Als Muftah seiner Mutter das Bild zeigte, Arm in Arm mit seinem Vorbild, weinte sie vor Freude. „Bayern bleibt Bayern, das ist mein Leben“, sagt er trotz der Demission von Schweinsteiger und klopft auf seine Brust, die natürlich in einem Trikot der Münchner steckt. Sogar seine Schnürsenkel sind rot-weiß, der Mann ist von Kopf bis Fuß auf den FC Bayern eingestellt.

Michael Zemann steht dem Katarer da in nichts nach, obwohl seine Optik noch bestechender wirkt: Er ist ein Bär, und diese erstaunliche Masse an Mensch verhüllt ein langer Mantel, komplett mit Bayern-Aufnähern bestückt. Auf seinem überdimensionalen Sombrero setzt sich die Zierde fort. Der Hut hat während des Trainingslagers letzte Woche die Runde gemacht, im wahrsten Wortsinn: Bei einem Essen im 47. Stock des Nobelhotels „The Torch“ legte ihn Michael, in der Szene als „Buschmann“ bekannt, zur Seite – und musste ihn später suchen. „Der Restaurant-Rand dreht sich um die eigene Achse, das wusste ich nicht“, sagt er, „Sachen gibt’s!“

Der „Buschmann“ war das dritte Mal in Doha dabei, dieses Jahr auf Einladung einer Initiative, die Fan-Begegnungen forciert. Er ist immer eine Attraktion, im Souq des Wüstenemirats, in den Malls, beim Essen mit dem Botschafter und einem Treff mit den WM-Organisatoren. „Ich glaube, mit mir wurden mehr Selfies als mit den Spielern gemacht“, erzählt er. Von Doha reiste er insgesamt beeindruckt heim: „Die stecken 251 Milliarden Dollar in die Projekte bis zur WM. Ich denke, 2018/19 wird man hier nichts wiedererkennen.“

Vlkerverstndigung: Michael Buschmann (oben r.) und Kumpel Thorsten (l.) waren im Souq von Doha ein beliebtes, exotisches Foto-Motiv. Muftah (22) aus Katar durfte Schweinsteiger vor einem Jahr Probevideos zeigen.
+

Muftah Bala Talle kam vor fünf Jahren aus Nigeria nach Katar – und für ihn ist schon jetzt eine einschneidende Veränderung eingetreten. Er kam her, um ein Profifußballer zu werden, doch in Katar muss man fünf Jahre warten, ehe es erlaubt ist, solchen Träumen überhaupt mal nachzugehen. Muftah lebte von der Hand in den Mund, nun ist sein erstes Probetraining anberaumt. Al-Sailiya SC hat Interesse. Sein Spitzname heißt „Schweini“, er soll laut seinen Kumpels den Bewegungsablauf seines Idols verinnerlicht haben. Der Ex-Bayer schaute sich 2015 sogar einige Fußballvideos von dem 22-Jährigen an und versprach, ihm bei der Suche nach einem Klub in Europa zu helfen.

Ein spezielles Video vom „Buschmann“ gibt es seit der Visite in Katar nun auch; er trat in einer örtlichen TV-Sendung auf. Dort erörterte er sämtliche Themen rund um den FC Bayern, es gab auch ein paar Fragen zur Politik des TSV 1860, und für Begeisterung sorgte seine Anekdote, wie Franck Ribery einst Oliver Kahn einen Eimer Wasser über den Kopf kippte. In einem Ohr hatte er den arabischen Moderator, im anderen den englischen Übersetzer – „ich weiß bis heute nicht, wie ich die 45 Minuten rumgebracht habe“, sagt er lächelnd. Nach dem Auftritt gab es aber viel Schulterklopfen, es wird also gepasst haben,

Muftah hätte als Dolmetscher dienen können, mittels einer App hat er sich Deutsch beigebracht. „Servus“ sagt er wie ein Bayer, letztes Jahr war er sogar ein paar Tage in München, fand Wurst und Brezen „fantastisch“ und schaute natürlich auch bei den Bayern an der Säbener Straße vorbei.

Muftah in München, das ist exotisch – auch der „Buschmann“ hat einen neuen skurrilen Trip vor Augen. Ein Fanklub aus dem Libanon möchte ihn einladen. „Ich werde mal googeln, wie gefährlich es da ist“, sagt er, „meine Frau dreht am Rad.“ Manches ist schwer, wenn man es nicht durch eine Bayern-Brille betrachtet.

Andreas Werner

Andreas Werner

E-Mail:andreas.werner@merkur.de

Google+

Open all references in tabs: [1 – 4]

This entry was posted in DE and tagged by News4Me. Bookmark the permalink.

About News4Me

Globe-informer on Argentinian, Bahraini, Bavarian, Bosnian, Briton, Cantonese, Catalan, Chilean, Congolese, Croat, Ethiopian, Finnish, Flemish, German, Hungarian, Icelandic, Indian, Irish, Israeli, Jordanian, Javanese, Kiwi, Kurd, Kurdish, Malawian, Malay, Malaysian, Mauritian, Mongolian, Mozambican, Nepali, Nigerian, Paki, Palestinian, Papuan, Senegalese, Sicilian, Singaporean, Slovenian, South African, Syrian, Tanzanian, Texan, Tibetan, Ukrainian, Valencian, Venetian, and Venezuelan news

Leave a Reply