Nach der Bayern-Wahl bettelt die FDP offen um Leihstimmen von Wählern der Union. Anders als in früheren Wahlkämpfen wehren sich CDU und CSU dagegen. Von der Kanzlerin gibt es eine klare Ansage.
Am Ende ihrer Rede fordert Angela Merkel die Menschen im Publikum auf, in ihrem Umfeld für die CDU zu werben und von diesem Abend zu erzählen. “Dann können Sie sagen, dass es ein bisschen kalt war auf dem Platz”, sagt die Bundeskanzlerin in ihrer flapsigen Art. “Aber wenn Sie dann noch ein bisschen erzählen würden, worüber wir gesprochen haben, dann wär’s noch besser.”
Eine schwierige Aufgabe. Knapp 30 Minuten hat Merkel an diesem Abend in Potsdam gesprochen, mehrfach hat sie betont, dass es Unterschiede gebe zwischen der Union einerseits und SPD und Grünen andererseits. Sie hat ihre übliche Wahlkampfrede gehalten, in der es um Arbeitsplätze als Basis von praktisch allem geht, um Steuern, Exporte und Innovationen, um den “Veggie Day” und die geringe Zahl der Deutschen auf der Welt und um die Solidarität in Europa.
Merkel hält derzeit zwei bis drei solcher Reden täglich. Eine gute Rednerin ist sie dadurch noch immer nicht geworden. Aber darum geht es ihrem Publikum auch nicht. Die Zuhörer klatschen, als Merkel sagt, dass sie weitere vier Jahre Bundeskanzlerin sein möchte.
“Keine Stimme zu verschenken”
Es ist der Tag nach der Bayern-Wahl, bei der die Liberalen achtkantig aus dem bayerischen Landtag geflogen sind. Ob Merkel nicht doch ein wenig dazu aufrufen wird, die FDP künstlich mit Leihstimmen zu beatmen, ein kleines bisschen wenigstens?
Doch um die FDP geht es in dieser Rede nicht. An der Strategie der CDU – “Zweitstimme ist Merkel-Stimme” – hat sich nichts geändert. Den Koalitionspartner erwähnt die Kanzlerin mit keinem Wort.
Ein paar Sätze muss sie dennoch zur FDP sagen, die Moderatorin fragt sie danach. “Naja, jeder kämpft für seine Politik, aber wir sind unterschiedliche Parteien. Wir möchten gerne die Koalition fortsetzen, aber die CDU hat keine Stimme zu verschenken.” An dieser Stelle gibt es Applaus. “Und deshalb kämpfen wir auch für Zweitstimmen für die CDU.”
“Mit Ihnen gemeinsam”
Inhaltlich hat Merkel vor allem zwei Botschaften: Deutschland muss sich anstrengen, wenn es seine derzeitige Rolle in der Welt behaupten will. Und: Das kann die Politik allein nicht schaffen, dazu braucht es die Zusammenarbeit aller. Es ist die “neoliberale” Merkel von 2003, die hier in die Gegenwart hineinragt. Die Reformen, die Deutschland stark gemacht hätten, empfiehlt sie nun den europäischen Krisenstaaten. Dass es nicht ihre Reformen waren, sondern die ihres Vorgängers Gerhard Schröder, vergisst sie an diesem Abend zu erwähnen.
Inhaltlich abgefangen wird ihre Botschaft von Wohlstand durch Reform durch Mindestlohn und Mütterrente, rhetorisch durch den Appell an ein Miteinander. Das Motto der CDU für diesen Wahlkampf sei “Gemeinsam erfolgreich für Deutschland”, so Merkel. “Unsere Politik möchte mit Ihnen gemeinsam dieses Land lebenswert und stark machen.”
“Die Wahl wird knapp, sie wird sehr knapp ausgehen”, sagt die CDU-Chefin. Mit welcher Partei sie umsetzen will, was sie in ihren Wahlkampfreden so vage umreißt, lässt Merkel offen. Aber natürlich ist richtig, was CDU-Politiker nicht müde werden zu betonen: Dass es die größte Übereinstimmung mit der FDP gebe. Richtig ist aber wohl auch, dass es Merkel letztlich nicht kümmert, wer unter ihr Vizekanzler sein darf. Das jedoch ist es gewiss nicht, was die Menschen ihren Freunden und Nachbarn erzählen werden.
Quelle: n-tv.de
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