Von Michael Wilkening
Zuzenhausen. Am Donnerstag gab Markus Gisdol bekannt, dass er gedenkt, bis mindestens 2018 Trainer bei der TSG Hoffenheim zu bleiben. Für einen kurzen Moment trat ob dieser Nachricht in den Hintergrund, dass die Hoffenheimer heute (15.30 Uhr, live bei Sky) den FC Bayern zu Gast in der Rhein-Neckar-Arena haben. Vor ausverkauftem Haus soll ausgerechnet gegen den Primus der Bundesliga die jüngste Serie von Niederlagen durchbrochen werden.
Spiele gegen den FC Bayern sind nie Normalität. Zu groß erscheint der Name des Kontrahenten und zu groß auch die Dominanz der Münchner in der jüngeren Vergangenheit. Kein Wunder ist deshalb, dass Spekulationen, wie und ob die Bayern zu bezwingen sind, Konjunktur haben. Im Zentrum der Überlegungen im Umfeld der Hoffenheimer stand die Tatsache, dass das Bayern-Gastspiel in Sinsheim ausgerechnet zwischen den Porto-Duellen der Münchner in der Königsklasse gelegen ist.
Womöglich werden die Stars von der Isar ihre Körper über den Rasen der Sinsheimer Arena tragen, ihre Gedanken aber dauerhaft um die Portugiesen kreisen lassen? Schließlich gilt es für den FCB am kommenden Dienstag, die 1:3-Niederlage aus dem Hinspiel zu drehen, um zu verhindern, dass die Saison 2014/15 als eine vermurkste in die ruhmreiche Geschichte des Rekordmeisters eingeht. Die nationale Meisterschaft ist gedanklich längst abgehakt, der Pokalsieg wahrscheinlich, so dass die volle Aufmerksamkeit der Bajuwaren der Champions League gilt.
Markus Gisdol schmunzelte, wen er auf Eventualitäten und Gedankenspiele angesprochen wurde, warum es ein Vorteil sei, gerade jetzt auf die Bayern zu treffen. “Stellen Sie sich mal vor, sie wären Pep Guardiola”, entgegnete er einer Frage nach den Chancen gegen die Münchner: “Wären Sie Pep, würden Sie doch alles dafür tun, um am Samstag mit einem guten Gefühl aus Sinsheim wegzufahren, oder?”
Nach der Niederlage unter der Woche an der Atlantikküste mitsamt nachfolgendem medialen Donnergrollen ist ein Sieg bei den Hoffenheimern tatsächlich der beste Weg, um zumindest etwas Ruhe zu haben, ehe es im Rückspiel gegen Porto um das Halbfinale in der Königsklasse geht. Die Argumentation des TSG-Trainers ist demnach absolut plausibel. Der Zoff um den zurückgetretenen Bayern-Doc Müller-Wohlfarth (siehe verlinkte Geschichte) befeuert zudem den Wunsch nach Harmonie an der Isar.
“Und überhaupt”, warf Gisdol in die Diskussion ein, “ich kann mich nicht daran erinnern, wann die Bayern mal zwei Spiele hintereinander verloren haben. Das ist gefühlt 35 Jahre her.” Zumindest in der Bundesliga liegt das nicht so lange zurück, denn ziemlich genau vor einem Jahr, exakt am 5. und 12. April 2014, kassierte der FCB erst eine 0:1-Niederlage in Augsburg, ehe ein 0:3 gegen Borussia Dortmund folgte.
Grau ist jedoch alle Theorie und Gisdol beschäftigt sich als Pragmatiker lieber mit dem Jetzt – und hat erkannt, wie den Münchnern Schmerzen bereitet werden können. “Die Ausfälle von Robben und Ribéry machen sich natürlich bemerkbar, diese Spieler können auch die Bayern nicht einfach so ersetzen”, sagt der Trainer der Hoffenheimer, weist aber gleichzeitig auf die Besonderheit des Münchner Kaders hin: “Wenn die acht verletzte Spieler haben, steht immer noch Weltklasse auf dem Rasen.”
Und gegen die müssen sich die Hoffenheimer zur Wehr setzen, die in den jüngsten drei Pflichtspielen jeweils als Verlierer den Platz verließen und insgesamt zehn Gegentore hinnehmen mussten. “Wir haben in Köln und auch in Dortmund nicht schlecht gespielt, nur die Resultate waren nicht positiv”, denkt Gisdol nicht in erster Linie ergebnisorientiert.
Mit Pirmin Schwegler und David Abraham stehen zweikampferprobte Zentrumsspieler wieder im Mannschaftstraining und somit gegen die Bayern zur Verfügung. “Die personelle Situation hat sich deutlich verbessert”, sagt der Trainer. Er weiß, dass den Münchnern eine aggressive Zweikampfführung nicht schmeckt und dürfte es deshalb ähnlich wie die Portugiesen in der Champions League versuchen: Mit andauernder nervender Giftigkeit.