München . Kino, Konzerte, Spaziergänge mit Ehefrau Iris und Hund Cando – nach der kräftezehrenden Gala-Saison will Jupp Heynckes einfach nur Privatier sein.
«Ich bin jetzt 68 und es gibt auch ein Leben nach dem Berufsleben», erklärte der Triple-Triumphator des FC Bayern, «deswegen werde ich mich erstmal zurückziehen oder ich werde mich zurückziehen.» Nach einer Saison am körperlichen Limit erfüllte der dankbare Heynckes mit dem Rückzug ins Privatleben ein Versprechen an seine Ehefrau, das er schon im Vorjahr gegeben hatte. Wenngleich der Erfolgscoach eine Rückkehr auf die Fußball-Bühne nach einer großartigen Karriere natürlich nicht gänzlich ausschloss.
Jupp Heynckes und die drei Trophäen, die der FC Bayern in dieser Saison gewonnen hat. Foto: Marc Müller
«Ich habe persönlich etwas gegen endgültig», betonte der Fußballlehrer nach fast vier Jahrzehnten Profi-Geschäft. Keiner weiß, was nächstes oder übernächstes Jahr ist, aber jünger wird Heynckes auch nicht. «Ich habe in den letzten Wochen gemerkt, dass ich ein gewisses Alter erreicht habe, wo man die Strapazen merkt und spürt, wo die Regeneration ein bisschen länger dauert.» Zum zelebrierten Abschied erklärte er den FC Bayern am Dienstag zur «vielleicht besten Mannschaft der Welt» – und hob ihn über den in den Jahren zuvor dominierenden FC Barcelona.
32 Minuten dauerte die Pressekonferenz, ehe Heynckes nach turbulenten Tagen «erfüllt mit tiefster Zufriedenheit und Freude» zu den mit Spannung erwarteten Worten ansetzte. Erst legte er eine kurze Kunstpause ein und wollte dann «ein bisschen ausholen», erklärte der Coach und brachte die Zuhörer zum Lachen. «Die Spannung muss ja noch gesteigert werden.»
Nach dem folgenden Statement, in dem Heynckes auch von Angeboten von «den reichen Clubs» oder Vereinen aus Urlaubsgegenden berichtete und Interesse von Real Madrid andeutete, sagte er «Auf Wiedersehen». «Ich werde erstmal Urlaub machen, werde weder im Inland noch im Ausland ab dem 1. Juli ein Engagement eingehen», erklärte er. «Ich werde mich zurückziehen, werde versuchen zu regenerieren, zu reflektieren, was in den letzten Wochen und Monaten alles passiert ist, vielleicht auch den Genuss haben, eben all das nochmal zu erleben.»
Ob als Weltklasse-Stürmer bei Borussia Mönchengladbach, als Trainer von Real Madrid oder jetzt von Bayern München: Heynckes feierte jede Menge Erfolge, gewann alleine zweimal die Champions League – und tritt mit dem historischen Triple-Triumph an. Die Pokale dieser Saison wurden neben dem Podium ausgestellt, ein Film über den Coach eingespielt. Hinter Heynckes, der flankiert von Präsident Uli Hoeneß («Er war immer Freund») und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge («Ich kann mich bei Jupp Heynckes nur aufs Herzlichste bedanken»), stand auf einem rötlich gehaltenen Heynckes-Bild vom Wembley-Sieg in großen Buchstaben «Danke, Jupp».
Heynckes nutzte die Pk, die beinahe so lange wie ein Fußballspiel dauerte, auch um selbst jede Menge Dank auszusprechen: Von den Spielern bis zu den Vereinsmitarbeitern richtete er sich an fast jeden – und emotional wurden die Worte an Präsident und Gattin. «Ich habe den Beruf immer vor das Privatleben gestellt und bin ihr zu größtem Dank verpflichtet», erklärte der 68-Jährige. Sie habe nicht nur mitgelitten, sondern sei gesundheitlich auch dadurch angeschlagen.
Beim Dank an Freund Uli Hoeneß, neben dem er später beim Leibgericht Rheinischem Sauerbraten zusammen saß, kämpfte Heynckes mit den Tränen. «Ein wertvoller Mensch», betonte der Trainer zum Ende seiner dritten Münchner Amtszeit, nach insgesamt mehr als 2000 Bayern-Tagen und über 300 FCB-Pflichtspielen, «eine Freundschaft, die in den letzten Wochen noch viel enger geworden ist». So emotional wie sein Bundesliga-Abschied nach dem Sieg bei Borussia Mönchengladbach wurde es aber nicht.
Heynckes schwelgte auch in Erinnerungen, hob seine Erfolge und seine Gelassenheit hervor, gab die ein oder andere Episode preis. Uli Hoeneß habe ihn im vergangenen Jahr gefragt, ob der FC Bayern nicht irgendwann wie Barcelona spielen könne, verriet der Trainer. «Uli, ich kann Dir heute sagen: der FC Bayern spielt nicht wie Barcelona. Der FC Bayern spielt moderner und zeitgemäßer und erfolgreicher.» Das Erbe für Pep Guardiola ist schwer. Aber Heynckes ist überzeugt, auch mit dem geschätzten Nachfolger «weiter großen Erfolg» haben wird.
Natürlich werde er den Fußball weiter verfolgen, bekundete der Rheinländer. Zum FC Bayern kann er dabei immer zurück. Rummenigge erneuerte seine Carte blanche (eine unbeschränkte Handlungsfreiheit) an Heynckes, und fragte sich, ob man nach dem Urlaub in dieser Sache nicht Gespräche führen und die Tür noch weiter öffnen könne. «Keine Drohung», scherzte Heynckes – dafür gab’s einen Klaps vom Präsidentenfreund. (dpa)