„Großen Dank an Rudi Völler“

Philipp Lahm gewinnt heute also zum 100. Mal eine Medaille. Ja, das sei so üblich beim DFB: „Man bekommt für jedes Länderspiel eine Erinnerungsmedaille mit Datum und Gegner. Ich habe sie alle gesammelt.“ Und sonst, irgendwelche Erinnerungsstücke aufbewahrt? „Das eine oder andere Trikot.“ Bis vor kurzem hatte er auch noch die Arm-Manschette, die ihn nach einem Bruch im letzten Testspiel vor dem Trainingslager durch die WM 2006 begleitete. „Neulich hat man mir sie abgenommen – fürs Museum.“

So weit ist es nun gekommen: Philipp Lahm liefert Stoff fürs Museum. Gut, er ist natürlich ein Stück Geschichte mit seiner Karriere. 100 Länderspiele haben zwar auch ein paar andere schon erreicht, doch bei Lahm kommt hinzu, dass er diese Marke mit 29 Jahren erreicht, Und dass er in bisher allen 99 Spielen in der Startformation gestanden hat. Frage: War eine Mannschaftssitzung jemals spannend?

„Die vor meinem ersten Länderspiel war es“, sagt er. 18. Februar 2004, Kroatien – Deutschland in Split. „Das war nicht selbstverständlich, dass ich als junger Spieler, der sieben Monate davor noch Amateur war, gleich aufgestellt wurde.“ Lahm spielte damals beim VfB Stuttgart, der FC Bayern hatte ihn dorthin ausgeliehen. Es war eine Zeit, die gefühlt viel länger zurückliegt als tatsächlich. „Eine ganz andere Generation“ hat Lahm noch kennengelernt, „mit vielen Spielern über 30“. Dazwischen er: 20, Balljungenstatur, mehr Kind als Kerl. Der „Fipsi“ halt. So nennen ihn die Kollegen nicht mehr, sondern: „Der Fips“ (Thomas Müller). Die erwachsenere Variante.

Die Mitspieler beim ersten DFB-Auftritt von Lahm 2004 waren: Oliver Kahn, Arne Friedrich („Mit dem habe ich am Mittwoch telefoniert“, sagte Lahm gestern), Christian Wörns, Jens Nowotny, Paul Freier, Bernd Schneider, Didi Hamann, Torsten Frings, Carsten Ramelow, Frank Baumann, Miroslav Klose (immer noch dabei), Benny Lauth, Kevin Kuranyi, Fredi Bobic. Philipp Lahm hat es dann auch gleich noch zur Europameisterschaft geschafft, wurde Stammspieler. „Großen Dank an Rudi Völler“, dass der damalige Teamchef immer auf ihn, den Jungspund, gesetzt habe, „das war nicht selbstverständlich, dass er sich das getraut hat“.

Und so hat Lahm miterlebt, wie der Fußball sich grundlegend verändert hat. Viel schneller sei er geworden, die technischen Anforderungen an die Spieler seien gestiegen. Und aus der kriselnden Fußball-Nation Deutschland wurde eine florierende. Es gibt nun viele junge herausragende Spieler, die noch Jugendkicker waren, als Lahm erstmals in der Nationalmannschaft spielte und Vorbild-Status erlangte. Thomas Müller ist einer dieser Aufsteiger, gestern ist er neben Philipp Lahm auf dem Podium der DFB-Pressekonferenz gesessen und hat den Kollegen vom FC Bayern als Sidekick humoristisch inspiriert.

Es war eine gute Show, die die beiden abzogen vor dem Spiel heute (20.45 Uhr/ZDF) gegen Österreich, das für sie als Südstaatler besonderen Prestigecharakter hat, mehr noch als für Nicht-Bayern, die Thomas Müller mal eben „die Normaldeutschen“ nennt. Dieses Qualifikationsspiel, Philipp Lahms 100. Auftritt für Deutschland, wolle man erst abwarten, danach werde die Mannschaft entscheiden, ob man sich für den Kapitän was Schönes ausdenke. Müller: „Ich glaub’s aber eher nicht.“

Vielleicht muss man interne Feierlichkeiten vertagen aufs nächste Jubiläum, zum 125. oder 150. Spiel. 150 wäre die Rekordmarke, gehalten von Lothar Matthäus. „Nein, dieser Rekord ist kein Ziel“, erklärt Philipp Lahm. Einer wie er kalkuliert sehr klar, er weiß, dass man für 50 Länderspiele mindestens fünf Jahre braucht, er müsste dann bis 34 dabeibleiben (bis zur WM 2018), und mag er jetzt noch ohne Konkurrent sein auf seinem Posten – irgendwann ist er dann doch da, der junge Herausforderer und mit ihm das Spiel, bei dem er dann vielleicht nicht mehr in der Elf steht, die beginnt. Einer wird ihm nachfolgen, so wie Lahm als Kapitän auf Michael Ballack gefolgt ist, der heute eine offizielle Verabschiedung durch den DFB erfährt. Lahm findet es „eine gute Sache, wenn ein verdienter Nationalspieler geehrt wird“, er selbst hat mit Ballack bei dessen Abschiedsspiel Anfang Juni in Leipzig „einen Kontakt“ gehabt und verspricht für heute: „Wir werden uns nicht bekriegen.“

Drei Jahre läuft der Vertrag von Lahm beim FC Bayern noch, mit 32 wird er dann überlegen, ob es weitergeht. Könnte es sein, dass sein Sohn Fabian, gerade ein Jahr alt, ihn einmal spielen sehen soll in der Allianz Arena, bevor er abtritt? Nun, heute wird Lahm junior nicht dabei sein. „20 Uhr 45, auf keinen Fall ist er da im Stadion“, sagt Philipp Lahm autoritär entrüstet. Aber für alle Familienromantiker hat er die Info: „Im Stadion war mein Sohn schon. Bundesliga um 15 Uhr 30, das darf er.“ Und er sagt: „Wenn’s danach geht, könnte ich also aufhören.“

Günter Klein

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