Gladbach-Duelle gegen FC Bayern – Zurück in die goldenen Jahre

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Schulterlange Matten, betäubte Gegner, Fußball in Perfektion: Das Aufeinandertreffen von Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern weckt Erinnerungen an die Siebziger. Unser SZ-Autor beschreibt, wie er Gladbach-Anhänger wurde – und blieb.

In der Erinnerung verklärt sich manches, deshalb habe ich mir lange ganz fest eingebildet, ich hätte Günter Netzer noch bei der Borussia spielen sehen. Wehende blonde Mähne, geniale Flanken, ein Mann, der unter seinesgleichen wirkte wie ein Gentleman in der Eckkneipe. Ich war ganz sicher, dass dieser Günter Netzer im Dezember 1975 im neu errichteten Müngersdorfer Stadion zu Köln jene Borussia angeführt habe, welche die Jungs vom FC mit 4:0 nicht nach Hause schickte, denn da waren die Kölner ja bereits, sondern ihnen mal zeigte, wer Herr im Hause ist.

4:0! 1:0 Allan Simonsen, 2:0 Jupp Heynckes, dann zwei Mal Henning Jensen. Die Borussia siegte souverän, und ich war mit meinem Großvater im Stadion dabei. Natürlich spielte Netzer damals längst in Madrid, was ich aber über die Jahre verdrängte. Wahrscheinlich hatte ich ihn im Fernsehen gesehen, ich war noch ein Junge und der Fernseher schwarz-weiß, mit abschließbarer Schiebetür vor dem Bildschirm. Den Schlüssel hatte mein Vater, und der rückte ihn selten heraus, aber zuverlässig immer zur Sportschau.

Ich lebte im Rheinland, und an meiner Schule gab es eigentlich nur vier Vereine, für die man sein durfte, ohne als Sonderling geächtet zu werden. Das waren der 1. FC Köln und für jene, die cool sein wollten, Fortuna Köln – und sehr cool musste man bei aller Liebe zu den Kleinen auch sein, um das Gekicke dieses Südstadtvereins zu ertragen. Die wahre Rivalität herrschte aber zwischen den Fans des FC Bayern und Borussia Mönchengladbach, den beiden Vereinen, die sich fast die gesamten Siebziger Jahre hindurch Meisterschaften und Pokale teilten.

Mit dem Time Tunnel zurück in die Goldenen Jahre

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Das ist lange, lange her. Für meine Generation gab es auch eine Fernseh-Kultserie: “Time Tunnel”. Deren Helden reisten mittels einer nicht ganz zielsicheren Zeitmaschine durch Raum und Zeit, auf die Titanic, nach Troja, in die Zukunft. Genau so fühlen sich ältere Gladbach-Fans jetzt: “Fußball-Gipfel”, “Bundesliga-Spitzenspiel!” “Bayernjäger mit breiter Brust” schreiben die Zeitungen und Online-Dienste. Borussia Mönchengladbach ist Zweiter in der Tabelle, noch ungeschlagen, hat allein in dieser Woche 3:0 in Hannover und 5:0 in der Europa League gewonnen – dabei kannten jüngere Fans internationale Wettbewerbe bloß von den ewigen Erzählungen der Alten. Der Time Tunnel hat uns zurück in die goldenen Jahre befördert, nur dass die Spieler heute Tattoos tragen statt schulterlanger Matten.

Aber Hand aufs Herz: Wenn einer der neuen Helden, Stürmer André Hahn, von “Bayernjäger” nichts hören will, hat er ja so recht. Unter dem Konzepttrainer Lucien Favre hat die Borussia seit 2011 eine wundersame Wiederauferstehung erfahren. Sie beweist, dass auch in Zeiten, in denen der Fußball längst den Haifischgesetzen der Global Economy gehorcht, Spaß am Spiel, gute Ideen und gute Typen mit Wir-Gefühl viel mehr ausrichten können als man denkt. So gesehen ist der zweite Platz in der aktuellen Tabelle die Krönung konsequenter Arbeit. Aber das Dauerduell der Siebziger wird nicht wiederkommen, zumindest nicht jetzt und hier. Dafür sind die Bayern bereits viel zu entrückt.


Training FC Bayern


FC Bayern gegen Gladbach

Schlager ohne Robben

Ein Kräfteverhältnis wie in den siebziger Jahren: Die derzeit besten Bundesligisten FC Bayern und Borussia Mönchengladbach treffen am Sonntag aufeinander. Arjen Robben fehlt verletzt – dafür hat Gladbach jede Menge pfeilschnelle Spieler.

Aber damals war die Borussia genauso gut wie die Bajuwaren, nicht so nüchtern und effizient, nicht so reich – doch sie bot den Großen aus dem Süden ein Jahrzehnt lang Paroli, mit stürmischem Hurra-Fußball, wild gelockten Stars und unwiderstehlichem Drang auf Gegners Tor. “Gegen diese Mannschaft hätte heute niemand auf der Welt gewonnen. Das war Fußball in höchster Perfektion”, sagte schon 1971, als die Borussia zum zweiten Mal die Meisterschale holte, ein gegnerischer Trainer. In den Siebzigern waren sie fünf Mal Meister, 1975 und 1979 holten sie den Uefa-Cup. Zehn Jahre auf Augenhöhe mit Bayern: Das müssen die Dortmunder erst mal schaffen.

Für uns Jugendliche – wir fuhren mit dem Regionalzug oft zum Bökelberg, dem kleinen, legendenumwobenen Stadion von Mönchengladbach, mit Fahnen, Fanschals, Tröten – war die Borussia Kult, wie man heute sagen würde. Aber nicht nur wegen ihres unvergleichlichen Spielstils, der ihr das ewige Etikett der “Fohlen” einbrachte; die Sportjournalisten gebrauchten es noch zwei Jahrzehnte später gern, als die Spieler vom Niederrhein längst wie müde Klepper über den Rasen stolperte.

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