Gastspiel des einstigen Schreckgespensts



Historischer Triumph: Klaus Toppmöller (links) leitete beim legendären 7:4-Sieg der Roten Teufel über die Bayern mit seinem Kopfball zum 2:4 die Wende ein – Foto: Hartung/imago


Dabei ist doch die Frage nach dem Wie das Besondere an einem Bundesliga-Spiel, das 7:4 für die Heimmannschaft endet, obwohl die Gäste bereits 4:1 vorne gelegen haben.

Wie kam das also, Herr Toppmöller, am 20. Oktober 1973 auf dem Betzenberg in Kaiserslautern, als sich die großen Bayern aus München eine ihrer schlimmsten Niederlagen einhandelten? Deswegen ja überhaupt dieses Treffen mit „Toppi“, der Lauterer Legende, die fast 40 Jahre später auf dem Hauptmarkt in Trier sitzt, nur knapp 30 Kilometer moselaufwärts von seinem Heimatort Rivenich.

„Wir waren doch den ganzen Tag draußen und haben Fußball gespielt“, sagt Toppmöller. Zugegeben, es ist ein ganz schön weiter Weg, auch gedanklich, von den Gassen eines kleinen Moselkaffs bis in die großen Bundesliga-Stadien, in denen Toppmöller, der Stürmer mit den Korkenzieherlocken, später 108-mal für Kaiserslautern getroffen hat.

Nein, sagt Toppi, hängt doch alles zusammen. „Die Cleverness und Torgeilheit, die ein guter Stürmer einfach haben muss, die habe ich schon als Kind gelernt. Die Erfahrungswerte sind doch entscheidend.“

Und schon ist er mittendrin in diesem Oktober-Tag, an dem die Zuschauer sich nach einer knappen Stunde schon abwenden, gekränkt in ihrem Pfälzer Ehrgefühl, gedemütigt von den großen, unerreichbaren Bayern. 1:4 – zweimal Gersdorff, zweimal Müller. Sie winken ab, die stolzen Pfälzer, verwünschen ihre Mannschaft, machen sich auf den Heimweg. Die Lauterer Spieler können das gut sehen, als sie zum Anstoß in die eigene Hälfte zurücktraben, wie sich um sie herum die Ränge zu leeren beginnen. „Eine absolute Demütigung bahnte sich an“, erinnert sich Toppmöller. Er drückt seine Kippe aus, steckt sich gleich die nächste an und blinzelt in die Sonne. Künstlerpause. „Tja, und im Gegenzug ist mir dann dieses Superkopfballtor gelungen.“ Toppmöllers graue Korkenzieherlocken vibrieren.

Superkopfballtor? Vielleicht haben sich da mit der Zeit die Fakten ein bisschen aufgebläht im Gedächtnis des Stürmers? Nein, man kann sich das ja noch anschauen. Da segelt diese Flanke von rechts an den Sechzehner, und da fliegen die Korkenzieherlöckchen heran. Toppmöller wuchtet den Ball aus 15 Metern in den Winkel – mit dem Kopf, auf dem, auch heute noch, diese Wahnsinnsfrisur sitzt. Und dann geht’s los, nur drei Minuten später ist Seppl Pirrung zur Stelle, jener geniale Außenspieler, der bereits das 1:3 erzielt, jetzt macht er das 3:4. Die letzten abtrünnigen Fans eilen fix zurück auf ihre Plätze.

Und dann, Herr Toppmöller? „Tja, und dann war im Prinzip jeder Schuss ein Treffer“, sagt der Stürmer und pustet fröhlich eine besonders große Qualmwolke in die Trierer Sonnenluft.

Denn natürlich ist das jetzt schon längst nicht mehr irgendein Spiel, das spüren alle Beteiligten. Spiele gegen die Bayern sind ja eh nie irgendwelche. Schon gar nicht für Toppmöller. „Sobald der Spielplan bekannt wurde, habe ich im Kalender zwei fette rote Kreuze gemacht. Denn da schaute ganz Deutschland auf uns. Sonst hat uns ja kein Mensch beachtet.“

Toppi und die Bayern, eine Erfolgsgeschichte. Auch nach dem 7:4 kommen noch ein paar grandiose Siege gegen die Bayern mit ein paar Supertoren von Toppmöller. Zwei beim 2:1-Heimsieg 1975, drei beim 4:3 in München (nach 1:3-Rückstand) ein Jahr später, und noch mal drei beim 5:0, das war dann 1978. „Auf dem Betzenberg habe ich mit dem FCK nie gegen die Bayern verloren“, sagt Toppmöller, der Bayern-Schreck. So etwas wie das 7:4 hat es natürlich nur einmal gegeben. Weder die Alten, die sich noch an die Wundertaten Fritz Walters erinnern können, noch die Jungen haben das noch einmal erlebt.

Toppmöller hat jetzt erst mal fertig erzählt und deutet auf den ausgedruckten Spielberichtsbogen. „Brauchen Sie das noch“, fragt er. „Nein“ Schon faltet er das Blatt sorgfältig zusammen und steckt es in sein Sakko. „So was kann man ja immer mal vorzeigen“, sagt Toppi, der Bayern-Schreck, und geht grinsend und qualmend davon.




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