Flüchtlinge in Bayerns Turnhallen – Sport fällt aus

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  • In vielen Schulturnallen in Bayern sind derzeit Flüchtlinge untergebracht.
  • Sportunterricht und das Training von Vereinen muss deshalb an vielen Orten ausfallen.
  • Die Landräte suchen dringend nach anderen Lösungen, weil sie meuternde Eltern fürchten, deren Kindern der Sportunterricht verwehrt wird.

Anna Günther, geboren 1987 im grünen Ruhrgebiet, wurde schon als Baby aufs Oktoberfest geschleppt, aber erst 2000 zur Münchnerin. Sie hat an der Isar Germanistik, Medienrecht und Politikwissenschaft studiert, in Wien und Los Angeles gelebt, und ist trotz einiger Ausflüge in Film- und Fernseh-Redaktionen immer SZ-Gewächs geblieben. Nach dem Volontariat bei der SZ fährt sie jetzt für die Bayernredaktion durch den Freistaat, immer auf der Suche nach dem Wundervollen und Skurrilen. Auf die Wiesn geht sie immer noch.

Die drei Ausrufezeichen zeugen von einer gewissen Vorfreude: “Die neue Saison beginnt!!!”, heißt es auf der Homepage. “26.09.15 Erster Heimspieltag.” Doch das mit den Heimspielen ist im Moment so eine Sache. Normalerweise tragen die Handballer des TuS Raubling ihre Partien in der Turnhalle des Gymnasiums aus. Die aber wird seit Wochen als Unterkunft für Asylbewerber benötigt. Elf Mannschaften und 140 Jugendliche zählt die Raublinger Handballabteilung.

Die Vorbereitung absolvierten die Spieler im benachbarten Bad Feilnbach oder Brannenburg, Trainingszeiten mussten zusammengelegt werden, Fahrgemeinschaften gegründet. Im Winter, als die Halle schon mal als Flüchtlingsunterkunft benötigt wurde, hat der TuS eine Taskforce ins Leben gerufen, berichtet Abteilungsleiter Markus Rädel. Die habe nichts anderes zu tun, als Ausweichquartiere zu organisieren.

Dutzende Turnhallen sind zweckentfremdet

Flchtlinge in Bayern Flchtlinge in Bayerns TurnhallenBild vergrößern

Notquartier: Im Mai wurde die Vaterstettener Turnhalle schon einmal zum Schlaflager umfunktioniert.


(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Erfahrung der Raublinger Handballer teilen viele Sportvereine in Bayern. Doch die wahren Probleme beginnen erst, wenn kommende Woche das neue Schuljahr startet. “Turnhallen sind ein besonders sensibles Thema”, sagt der Präsident des bayerischen Landkreistags, der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter. Meuternde Eltern, die dagegen protestieren, dass ihren Kindern der Zugang zum Sportunterricht verwehrt wird – “jeder Lokalpolitiker scheut das”, weiß Bernreiter. Grundsätzlich herrscht in der Bevölkerung Solidarität mit Flüchtlingen, bei Turnhallen hört das Verständnis aber offenbar auf. Bernreiter hat das selbst gemerkt. Als er in seinem Landkreis auf der Suche nach Unterkünften auch Turnhallen ins Auge fasste, schlug ihm sofort Kritik entgegen.

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Dutzende Turnhallen in Bayern sind derzeit zweckentfremdet, die Zahl ändert sich wie die Zahl der ankommenden Flüchtlinge beinahe täglich. 40 Schulturnhallen sind es momentan. Die oberbayerischen Hallen sind da noch nicht miteingerechnet, dort führt man wegen der Tausenden Neuankömmlinge derzeit keine Statistik. Über die Sommerferien waren die Turnhallen eine schnelle Lösung, doch alle Regierungsbezirke sind bemüht, die Flüchtlinge zum Schulanfang anderswo unterzukriegen. In der Oberpfalz sollen Gewerbehallen Ersatz bieten, damit die fünf Schulturnhallen wieder frei werden. In Oberfranken scheinen zumindest in Bayreuth und Kulmbach zum Schuljahresbeginn Alternativen bereitzustehen. In Mittelfranken und Niederbayern sind derzeit nur je eine Schulturnhalle mit Asylbewerbern belegt.

Sporthallen sind eine schnelle Lösung

Notunterkunft fr Asylbewerber in TurnhalleBild vergrößern

Die Frankenhalle in Neustadt bei Coburg.


(Foto: David Ebener/dpa)

Doch was tun, wenn die Wirklichkeit alle Planungen überholt? In der Nacht zum Mittwoch kamen in Deggendorf sechs Busse aus Wien an, insgesamt 350 Flüchtlinge, die es plötzlich zu versorgen galt. Turnhallen bleiben dann oft als einzige Möglichkeit. Bernreiter brachte die Flüchtlinge in der Mettener Klosterturnhalle unter, mit dem Versprechen, spätestens bis Freitag ein anderes Quartier gefunden zu haben. Um flexibler reagieren zu können, wird der Landkreis Deggendorf in Kürze zwei Traglufthallen für insgesamt 480 Menschen aufstellen. Trotzdem könne es im Notfall sein, dass er kurzfristig auf Turnhallen zurückgreifen müsse, sagt Bernreiter.

Im Kultusministerium wirbt man für Solidarität in besonderen Zeiten. Die Schulen meldeten nur, dass ihre Halle belegt seien. Wie dann der Unterricht stattfindet, sei jeder Schule selber überlassen. Es gebe Pausenhöfe, Außenanlagen oder die Aula, sagt ein Ministeriumssprecher. Die Situation soll kreativ genutzt werden, etwa durch einen Fitness-Parcours im Schulgebäude. Ausfallen müsse keine Stunde, auch im Sport gebe es Themen, die im Klassenzimmer unterrichtet werden könnten.

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