Es geht auch darum, den Münchner Hauptbahnhof zu entlasten. Dort sind gestern etwa 1.600 Flüchtlinge angekommen, heute waren es deutlich weniger. Ein Sonderzug nach Düsseldorf hat 500 Flüchtlinge von München nach Nordrhein-Westfalen gebracht.
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer glaubt, dass sich bei den Flüchtlingsströmen der Fokus von München weg hin zu der “grünen Grenze” verlagergt – zum Beispiel in den Raum Simbach am Inn. Das sagte er am Rande eines Termins in Landshut.
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Viele Flüchtlinge kommen mitlerweile mit Bussen oder anderen Mitfahrgelegenheiten zum Münchner Hauptbahnhof, wo sie sich dann bei Beamten der Bundespolizei melden.In Nürnberg trafen vier Busse mit 200 Flüchtlingen aus dem niederbayerischen Grenzort Simbach am Inn ein. Dort werden sie in einer Turnhalle versorgt. Eine weitere Turnhalle steht bereit. Der Stab hat die Aufgabe, den Transport und die Weiterleitung von Flüchtlingen nach der Einreise in das Bundesgebiet zu koordinieren. Ziel sei dabei, die reibungslose Verteilung der Flüchtlinge nach ihrer Kontrolle durch die Bundespolizei innerhalb Bayerns und bundesweit sicherzustellen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann am Freitag. Außerdem hilft bald eine Clearingstelle des Bundes, die Abläufe zu verbessern.
“Die Clearingstelle des Bundes wird schon in der kommenden Woche hier in München ihre Arbeit aufnehmen und direkt von München in Zusammenarbeit mit allen Ländern die alle Verbindungsbeamte hier nach München schicken jeweils festlegen, wo kommt der nächste Sonderzug hin und das gerecht nach diesem Quotensystem verteilen.”
Innenminister Joachim Herrmann
In Feldkirchen bei Straubing soll ein Wartebereich für rund 5.000 Flüchtlinge entstehen. Wie Innenminister Herrmann (CSU) ankündigte, wird der Bund ein Zeltlager bauen, wo die Flüchtlinge auf ihre Weiterleitung warten können. Die ersten Flüchtlinge kommen eventuell schon am Sonntag.
[mehr – Niederbayern | zum Artikel: Wartezone bei Straubing eingerichtet – Erste Flüchtlinge am Sonntag erwartet ]
Denn insgesamt sind nach Angaben Herrmanns noch 30 000 Flüchtlinge in Bayern, die eigentlich in andere Bundesländer sollen, wenn man die Quote beachtet. Es könne nicht sein, dass Bayern weiter Flüchtlinge so lange unterbringen muss, bis andere Bundesländer bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen, sagt Herrmann. Für den Fall, dass besonders viele Flüchtlinge an einem Tag nach Deutschland kommen, soll es – nach Angaben Herrmanns – in Zukunft so genannte Wartebereiche geben, um die sich der Bund kümmert. Der erste Wartebereich des Bundes soll in einigen Tagen auf dem Truppenübungsplatz neben der Gäubodenkaserne in Feldkirchen bei Straubing entstehen. In einem riesigen Zeltlager könnten dann 4000 bis 5000 Flüchtlinge vorübergehend bleiben. Der Innenminister betont dabei: In den Wartebereichen sollen die Flüchtlinge nicht registriert werden und auch nicht längerfristig wohnen.
“Es ist ganz klar, das ist keine Erstaufnahmeeinrichtung, das ist keine Asylbewerberunterkunft, sondern das ist ein Wartebereich wo wenn der Transport etwas hakt sie für eine oder zwei Nächte dort verharren können, natürlich verpflegt werden medizinisch versorgt werden und dann in die entsprechenden anderen Bundesländer weitergeleitet.”
Joachim Herrmann
Den Stab in München leitet Bayerns Landespolizeipräsident Prof. Dr. Wilhelm Schmidbauer. Ihm gehören Vertreter des Sozialministeriums und Verbindungsbeamte der Bezirksregierungen, der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Deutschen Bahn, der Rettungs- und Hilfsorganisationen und der Landeshauptstadt München an. Er ist rund um die Uhr in Betrieb
De Maizière fordert gerechtere Verteilung in Europa
Gestern hatte De Maizière gemeinsam mit Bayerns Innenminister Herrmann und EU-Flüchtlingskommissar Avramopoulos die Registrierungsstelle für Flüchtlinge in Rosenheim besucht. Dort sprach er sowohl mit Flüchtlingen als auch mit Polizisten. Die Beamten haben an der detusch-österreichischen Grenze am Donnerstag rund 3700 Flüchtlinge gestoppt – Das waren 1000 Menschen weniger als am Mittwoch. Zudem wurden acht Schleuser festgenommen.
Deutschland könne auf eine finanzielle Unterstützung durch die Europäische Union für die Betreuung von Flüchtlingen hoffen, so de Maizière. Er setze darauf, dass der zweite Versuch zu einer Lösung bei einem Treffen der EU-Innenminister am kommenden Dienstag gelingen werde. EU-Kommissar Avramopoulos sagte, bei dem Treffen werde es darum gehen, auch die letzten EU-Mitglieder von der Notwendigkeit einer gerechteren Verteilung zu überzeugen. Wie lange die Grenzkontrollen aufrechterhalten werden, konnte der Bundesinnenminister nicht sagen.
“Deutschland ist sehr gefordert, aber nicht überfordert”
Bundesinnenminister De Maizière
Schnellere Flüchtlingsintegration
Der Schwerpunkt der Flüchtlinge liegt nach wie vor auf der Balkanroute. Sowohl Österreich als auch Deutschland kontrollieren ihre Grenzen. Nach Angaben der Bahn verkehren vorerst keine Fernzüge zwischen Salzburg und München. Auch der Nahverkehr endet in Freilassing. Über Passau oder Kufstein rollen die Züge jedoch. Sonderzüge sollen die Ankommenden in der bayerischen Grenzstadt in Erstaufnahmeeinrichtungen in Deutschland bringen. In Passau haben Helfer das Foyer der Dreiländerhalle als Notunterkunft für 500 Flüchtlinge hergerichtet. Auch in Augsburg werden neue Flüchtlinge aus Passau und Simbach erwartet. Die 250 Menschen werden in der Turnhalle einer Wirtschaftsschule untergebracht.
Weitere Notunterkünfte im Raum Freilassing
Obwohl sich die Lage derzeit etwas entspannt hat, haben Ehrenamtliche Helfer in Freilassing inzwischen Notunterkünfte für bis zu 3.000 Flüchtlinge vorbereitet. Die Bundeswehr hat dafür zusätzliche Feldbetten zur Verfügung gestellt. So konnte laut einem Sprecher das BRK in der ehemaligen Möbelhalle in Freilassing weitere 500 Plätze schaffen. Dort stehen nun 1.500 Feldbetten für Flüchtlinge bereit. Außerdem wurde gestern in einer Schulturnhalle eine Notunterkunft für 400 Personen aufgebaut.
Verschnaufpause in München
Regional
Die Bundespolizei hat derweil bei den Aufgriffen von Flüchtlingen an der niederbayerisch-österreichischen Grenze eine Verlagerung bei den Schwerpunkt-Einsatzorten bestätigt. Wie der Sprecher der Bundespolizeiinspektion Freyung, Thomas Schweikl, dem Bayerischen Rundfunk sagte, sind Beamten derzeit vor allem an den Grenzübergängen Wegscheid und Neuhaus am Inn (beide Lkr. Passau) sowie Simbach am Inn (Lkr. Rottal-Inn) im Einsatz.
Zahl der Schleuser steigt rasant
In Bayern werden immer mehr Schleuser festgenommen. Fast 800 Menschen, die Flüchtlinge illegal über die Grenze gebracht haben sollen, sitzen inzwischen im Freistaat in Untersuchungshaft, wie eine Sprecherin des Justizministeriums auf Anfrage mitteilte. Das ist ein Anstieg von 50 Prozent innerhalb von nur sechs Wochen. Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich die Zahl der verhafteten Schleuser mehr als versechsfacht. Die Zahlen sind so hoch, dass inzwischen reguläre Haftplätze für die Untersuchungshaft genutzt werden müssen. Die Schleuser müssten auf Justizvollzugsanstalten in ganz Bayern verteilt werden, erklärte die Sprecherin.
“Die CSU ist Schuld, dass uns das Ding jetzt überrollt” – Kritik von den Freien Wählern
Der Fraktionschef der Freien Wähler hat im Rundschau-Magazin der CSU eine Mitschuld an den Problemen bei der Aufnahme der Flüchtlinge geben. Es müsse endlich gehandelt werden, etwa mit der Einstellung von mehr Personal.
[mehr – zum Video: Aiwanger über Flüchtlingskrise – „Die CSU muss tätig werden“ ]
Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger forderte auf der Klausurtagung seiner Partei in Großwallstadt, die Asylbewerberzahlen schon frühzeitig zu reduzieren. Die UNO müsse mit einer Schutzzone in den Herkunftsländern dafür sorgen, dass die Flüchtlinge gar nicht erst ihre Heimat verlassen, so Aiwanger. In Deutschland dagegen brauche es mehr Asylrichter, um die Verfahren zu beschleunigen. Außerdem brauche Bayern mindestens tausend zusätzliche Lehrer um die Integration voranzubringen. Damit würde auch verhindert werden, dass deutsche Kinder unter der Situation leiden, sagte der Chef der Freien Wähler.
“Die CSU stellt diese Leute nicht an… die CSU ist Schuld, dass uns das Ding jetzt um die Ohren fliegt.”
Hubert Aiwanger, Freie Wähler
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