Fachsymposium stellte Zukunftsfragen auf den Bayerischen Ernährungstagen
Mit der Zukunft zu Tisch: Ernährung geht uns alle an
Die Bayerischen Ernährungstage wurden mit einem hochkarätig besetzten Fachsymposium zum Thema “Was essen wir 2020? Herausforderungen in der Ernährung” in München eröffnet. 300 Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Behörden, Ernährungswirtschaft, -handel und -bildung sowie Multiplikatoren diskutierten Fragen rund um die Herausforderungen gesunder Ernährung in unserer Gesellschaft.
“Der zunehmend individualisierte und entstrukturierte Lebensstil vieler Menschen, die ständige Verfügbarkeit von Lebensmitteln jeder nur denkbaren Art und der immer knapper werdende Faktor Zeit wirken sich maßgeblich auf unser Ess-und Trinkverhalten aus”, erläuterte Dr. Wolfram Schaecke, Leiter Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn). Akteure aus dem Bereich Ernährung diskutierten am Freitag, 12. Juli 2013, im Rahmen von Fachvorträgen und Podiumsdiskussionen zu den Folgen des Wandels in der Ernährung, der Rolle von Unternehmen zwischen Profit und Nachhaltigkeit sowie den individuellen und gesellschaftlichen Herausforderungen einer gesunden Ernährung. Renommierte Experten wie Professorin Dr. Hannelore Daniel von der TU München, Professor Dr. Gunther Hirschfelder, Professor für Vergleichende Kulturwissenschaften in Regensburg, oder Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung, lieferten interessante Fakten und Denkanstöße, die im Anschluss bei angeregten Podiumsdiskussionen erörtert wurden. “Unsere Aufgabe ist es, das Bewusstsein in der Bevölkerung für eine gesunde Ernährung sowie die Wertschätzung für Lebensmittel zu erhöhen”, erklärte Schaecke. “Der gemeinsame Austausch bildet dazu die Grundlage, denn nur so können Lösungen für die anstehenden Herausforderungen gefunden werden.”
Auswirkungen globaler Entwicklungen auf die Ernährung
Die Diskussionsteilnehmer waren sich weitestgehend einig: Mit exponentiellem Bevölkerungswachstum und weltweiter Süßwasserknappheit wird sich der hohe Fleischkonsum in Europa in der Zukunft nicht aufrechterhalten lassen. Das sei nicht zuletzt auch der Fall, weil viele Menschen hierzulande mehr auf ihre Gesundheit achten. Allerdings, so wurde unter anderem aus dem Vortrag von Professor Daniel deutlich, wird der Konsum von Fleisch weltweit gesehen deutlich steigen. “Wenn in 2050 etwa 9,3 Milliarden Menschen auf der Erde leben und diese in etwa unseren Luxuskonsum pflegen, dann müssen wir die Produktion von Milch und Fleisch in etwa verdoppeln”, sagte Daniel. “Wenn Sie dies auf die Futtermittelproduktion projizieren, werden Sie merken, dass das nicht gehen wird. Es sei denn, wir erreichen Quantensprünge bei der Erzeugung pflanzlicher Kalorien.” Das bedeutet, dass Lebensmittel in Zukunft voraussichtlich teurer werden. Laut Daniel brauche es eine leistungsfähige Konsum-und Verhaltensforschung sowie bessere Instrumente, um Ernährungskampagnen zu überprüfen. Sie wies darauf hin, dass der Dialog mit der Gesellschaft sehr wichtig sei. So bewerteten Medien und öffentliche Meinung Produktivitätssteigerungen in der Lebensmittelwirtschaft als negativ, obwohl diese ja in Zukunft dringend notwendig sind. “Früher war alles einfacher, es gab kaum Auswahl und in meiner Studienzeit musste ich mich um die Fleischwurst im Kühlschrank nicht schämen”, sagte Hirschfelder. Die Nachfrage nach Lebensmitteln sei in der Vergangenheit relativ starr gewesen, in jüngster Zeit sei diese jedoch hoch elastisch. Eine starke Verunsicherung mache sich breit – sowohl beim Verbraucher wie in der Wissenschaft als auch auf Hersteller-oder Beratungsseite.
Der verunsicherte Verbraucher stand auch im Mittelpunkt des Vortrags von Professor Hensel. Der zeigte exemplarisch auf, dass sich Konsumenten vor Inhaltsstoffen fürchten, die de facto weit unter der Relevanzschwelle liegen. Im Gegensatz dazu bestünde insbesondere bei jüngeren Verbrauchern, ein erhebliches Defizit in puncto Küchenhygiene. Ein weiterer paradoxer Sachverhalt fand bei mehreren Referenten Erwähnung: Die Lebensmittel in Deutschland seien zwar sehr wenig belastet und qualitativ hochwertig. Doch durch verfeinerte Analysemethoden könnten heute winzige Spuren von Stoffen ohne praktische Relevanz nachgewiesen werden. Deshalb sei der Verbraucher oft beängstigt, obwohl keine objektive Gefahr bestehe. Generell stellten mehrere Referenten ein deutliches Wissensdefizit beim Verbraucher fest. Deshalb fällt es ihm schwer, ein objektives Urteil zu fällen. Aufklärung und Wissensvermittlung seien daher Mittel der Wahl. Professor Dr. Günter Neubauer, Direktor des wissenschaftlichen Beratungsinstituts für Gesundheitsökonomik, rät hier sogar dazu, Ernährung als Teil der Schulausbildung zu stärken. Und zwar insbesondere mit dem Ziel, Fehlernährung und Übergewicht zu bekämpfen. In Deutschland koste allein die Fettleibigkeit bzw. die daraus resultierenden Erkrankungen pro Jahr rund 13 Milliarden Euro, so Neubauer. Alle Fachvorträge können unter www.youtube.de/ernaehrungstage nochmals verfolgt werden.
Marktplatz der Ernährung, Kinderuni und bayernweite Veranstaltungen nach dem Motto “Richtig Gut Essen”
Am 13. und 14. Juli 2013 informierten sich rund 12.000 interessierte Besucher im Schmuckhof des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) in München und der angrenzenden Galeriestraße auf dem “Marktplatz der Ernährung” über Produkte aus der Region, gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittel. Im Audimax der Ludwig-Maximilians-Universität München gab es im Rahmen der Bayerischen Ernährungstage am 14. Juli 2013 eine Kinderuni mit dem Titel “Iss doch kinderleicht in Bayern”. Darüber hinaus fanden vom 13. bis 21. Juli 2013 bayernweit Aktionen an den 47 Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) einschließlich der Fachzentren für Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung (FZ) statt.
Mit den Ernährungstagen unter dem Motto “Richtig Gut Essen” hat das StMELF gemeinsam mit KErn und den ÄELF samt FZ dem Thema Ernährung eine bayernweite Plattform geboten.