Experte Günter Netzer über das Finale in der Champions League und die …

POTSDAM – Noch elf Tage bis zum deutschen Finale in der Champions League: Wer könnte Bayern und Dortmund besser einschätzen als Deutschlands Fußball-Vordenker Günter Netzer (68).

MAZ: Regt sich Dortmund berechtigterweise über einen schlechten Bayern-Stil bei der Verpflichtung von Mario Götze auf?

Günter Netzer: Das kann ich nicht beurteilen, wer da wen nicht informiert hat. Aber wenn der Transfer als Störmanöver gezielt in die Öffentlichkeit gebracht wurde, ist das nicht gut. Ich weiß nicht, ob die Bayern dazu fähig wären. Ich traue ihnen das eher nicht zu.

Den Bayern wird auch vorgeworfen, mit ihren Transfers andere schwächen zu wollen.

Netzer: Damals mit Calle Del’Haye (der Gladbach-Star wechselte 1980 für die damalige Rekordablösesumme von 1,3 Millionen Mark nach München, d. Red.) war es wohl so, denn bei Bayern saß er auf der Bank. Aber wenn Götze auf dem Markt ist, ist es fahrlässig, sich nicht um ihn zu bemühen. Das ist ein international renommierter Spieler, um den sich die ganze Welt bemühen würde.

Können Sie Götze verstehen, der erst 20 Jahren alt ist und schon zu den Bayern wechselt?

Netzer: Außer Messi habe ich keinen gesehen, der mit 20 Jahren derart entwickelt war. Die bieten schon verdammt viel, diese Bayern. Sie bieten Kontinuität, jetzt haben sie noch diesen großartigen Trainer geholt, wo man ja davon ausgehen kann, dass der die Mannschaft und jeden Spieler weiterentwickeln kann.

Götze durfte für die festgelegten 37 Millionen Euro gehen. Dortmunds Boss Hans-Joachim Watzke will nun keine Spieler mehr verpflichten, die Verträge mit einer Ausstiegsklausel fordern. Realistisch?

Netzer: Ja, natürlich. Es ist sogar notwendig, dieses zu tun. Dortmund ist eine sehr gute internationale Adresse geworden. Da geht man gerne hin. Deshalb gehört das selbstverständlich dazu, dass sie nicht jedes Jahr zittern müssen, dass sie irgendwen von ihren großartigen Spielern verlieren werden.

Wer ist Favorit im deutschen Champions-League-Finale in London?

Netzer: Die Kampagne der Bayern ist dermaßen großartig in diesem Jahr, dass sie gefühlsmäßig Favorit sein müssten. Aber: Dortmund kann zu jedem Zeitpunkt Bayern schlagen. Die Bayern werden sich nicht, das wäre auch unprofessionell, darauf verlassen, was sie bisher geleistet haben. Deshalb: leichter Favorit Bayern, Dortmund durchaus mit Chancen.

Mit drei Titeln wäre es für Bayern die perfekte Saison – was soll der neue Trainer Pep Guardiola dann noch verbessern?

Netzer: Mich interessiert, wie er diese Bayern-Mannschaft, die schon großartig ist, zukunftsfähig macht – wie werden die aussehen in drei, vier Jahren, welchen Fußball wird er ihnen vermitteln? Das ist das Hochinteressante für mich, nicht die Titel.

Gibt es die Wachablösung im internationalen Fußball jetzt schon nach den deutsch-spanischen Halbfinalspielen in der Champions League?

Netzer: Nein, so weit würde ich keineswegs gehen. Eine Wachablösung ist etwas, was sich über längere Zeit vollziehen muss. Dass da mal zwei Mannschaften aus einem Land im Finale des größten europäischen Wettbewerbs stehen, das ist für mich nicht das Kriterium. Das gab es auch schon mal mit Chelsea gegen ManU, wo wir dachten, die englische Premier League würde uns überrollen. Und das gab es mal mit Juventus gegen Milan und danach wurde von denen auch nicht jahrelang der Fußball beherrscht.

Kann es denn auch unserer Nationalelf dabei helfen, die spanische als Nummer eins abzulösen?

Netzer: Was mich viel mehr interessiert, ist die Entwicklung dieser Nationalmannschaft. Und die ist seit Jogi Löw großartig. Die Spieler sind noch entwicklungsfähig, das Fundament ist vergrößert worden. Und deshalb können wir auch die Spanier schlagen, das ist nicht so, dass die das eingemauert haben auf die nächsten Jahre, die Titel zu gewinnen.

Gibt es in der Bundesliga eine Zweiklassengesellschaft – Bayern, Dortmund und der Rest?

Netzer: Das kann man so sehen, muss man auch so sehen. Die beiden sind den anderen weit vorausgeeilt. Aber keiner darf sich darauf verlassen, dass es so bleibt.

Haben Sie Sehnsucht nach Ihrem TV-Expertenjob und Ihrem Kultpartner Gerhard Delling?

Netzer (lacht): Nein, überhaupt nicht. Ich habe so viel erzählt, es gibt nichts mehr zu erzählen. Wir haben eine wunderschöne Zeit gehabt, Delling und ich. Manchmal glaube ich das gar nicht, dass das so akzeptiert worden ist von den Menschen. Das ist eine Riesenfreude gewesen. Aber es hat alles seine Zeit, und da war die Zeit gekommen zu sagen: Schluss jetzt! In anderen Genres ist es ja so, dass man die Superstars mit dem Lasso von der Bühne holen muss. Die machen immer weiter und weiter – und irgendwann nimmt das ein schlimmes Ende.

Interview: Jonas Freier

This entry was posted in DE and tagged by News4Me. Bookmark the permalink.

About News4Me

Globe-informer on Argentinian, Bahraini, Bavarian, Bosnian, Briton, Cantonese, Catalan, Chilean, Congolese, Croat, Ethiopian, Finnish, Flemish, German, Hungarian, Icelandic, Indian, Irish, Israeli, Jordanian, Javanese, Kiwi, Kurd, Kurdish, Malawian, Malay, Malaysian, Mauritian, Mongolian, Mozambican, Nepali, Nigerian, Paki, Palestinian, Papuan, Senegalese, Sicilian, Singaporean, Slovenian, South African, Syrian, Tanzanian, Texan, Tibetan, Ukrainian, Valencian, Venetian, and Venezuelan news

Leave a Reply