Bayern
Die CSU will das bayerische Versammlungsrecht verschärfen. Die Landtags-Grünen drohen mit juristischen Schritten.
München.Im Pressekonferenzraum des Landtags hat es am Montag gut 30 Grad. Der Grünen-Mitarbeiter schlüpft dennoch zu Demonstrationszwecken tapfer ins Eisbärenkostüm. Das Requisit soll den CSU-Gesetzentwurf zur Verschärfung des bayerischen Versammlungsrechts der Lächerlichkeit preisgeben, der an diesem Dienstag in erster Lesung im Landtag behandelt wird. Die Botschaft: Auch phantasievolle Maskierungen auf Protestmärschen würden bald kriminalisiert, wenn es nach der Regierungspartei geht. Denn Vermummung soll künftig nicht mehr als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat eingestuft werden.
Die CSU begründet den Vorstoß mit Lehren aus linksextremen Ausschreitungen im März vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt, mit Gewalttaten 2013 in Hamburg und den jährlichen Übergriffen am 1. Mai in Berlin. Katharina Schulze, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion drohte am Montag mit Klagen vor dem bayerischen Verfassungsgerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht, sollte die CSU auf ihrem Gesetzentwurf beharren. Sie sieht gute Erfolgschancen. Die CSU habe inzwischen eine „erfolgreiche Serie“ von Gesetzen vorzuweisen, die von Gerichten kassiert wurden. Eva Lettenbauer, Sprecherin der Grünen Jugend in Bayern warnt vor einer Aushöhlung des Demonstrationsrechts. Die CSU stelle Protestierende unter Generalverdacht.
Aus der SPD erhalten die Grünen Rückhalt. „Ich halte eine Verschärfung des Versammlungsrechts für falsch“, sagt der Vorsitzende des Verfassungsausschusses im Landtag, der Oberpfälzer SPD-Abgeordnete Franz Schindler. Die Polizei verliere ihren Ermessensspielraum. „Wenn die Vermummung eine Straftat ist, muss sie immer eingreifen. Das erhöht signifikant die Gefahr, dass eine friedliche Demonstration eskaliert.“
Armin Bohnert, Dozent für Einsatzwissenschaften an der Hochschule für Polizei in Baden-Württemberg und Vorsitzender des Vereins PolizeiGrün, verweist bei der Grünen-Pressekonferenz auf ein weiteres Problem: Oft sei es für Einsatzkräfte schwierig, zu entscheiden, ob es sich wirklich um eine Vermummung handelt. Einen hochgezogenen Schal plus Sonnenbrille nennt er als Beispiel oder ein Kapuze, die tief ins Gesicht gezogen ist. „Die wirklich Autonomen lassen sich vom Straftatbestand des Vermmungsverbots nicht abschrecken“, sagt er.
Seit der Föderalismusreform 2006 liegt die Gesetzgebungskompetenz für das Versammlungsrecht bei den Ländern. Ein bayerisches Gesetz von 2008 war von Grünen und SPD auf breiter Front bekämpft worden. Zu Zeiten der schwarz-gelben Koalition trat 2010 unter liberalem Einfluss eine entschärfte Version in Kraft. Nun soll die Zeit zurückgedreht werden. „Vermummung und das Mitführen von Schutzwaffen sind ein deutliches Indiz für die Gewaltbereitschaft und einen unfriedlichen Versammlungsverlauf“, heißt es im CSU-Gesetzentwurf, der auch vom bayerischen JU-Vorsitzenden Hans Reichhart und vom Oberpfälzer Abgeordneten Alexander Flierl unterstützt wird.
