Miesbach/Rosenheim – Einsatz für ein Neugeborenes: Ärzte und Polizei arbeiteten Hand in Hand und retteten in der Nacht auf Heiligabend das Leben eines Mädchens.
Das Paar hatte sich so auf sein wohl schönstes Weihnachtsgeschenk gefreut: Am Nachmittag des 23. Dezembers wurden die beiden im Krankenhaus Agatharied bei Miesbach Eltern eines Mädchens. Sie waren sehr glücklich, als sie ihre gesunde Tochter zum ersten Mal in den Arm nehmen konnten.
Doch am späten Abend der Schock: Der Zustand des Babys verschlechtert sich rapide, die Lungen öffnen sich nicht. Es beginnt ein stundenlanger Kampf ums Überleben. Das Mädchen hat nicht nur einen, sondern ein gutes Dutzend Schutzengel, die zusammenarbeiten, um ihm zu helfen.
Es geht ihm so schlecht, dass es nicht mehr in die Intensivstation der Kinderklinik in Rosenheim transportiert werden kann. Also rufen die Mitarbeiter des Krankenhauses Agatharied bei den Kollegen an und bitten um Unterstützung. Gegen 21.45 Uhr wird der Baby-Notarztwagen der Malteser in Rosenheim alarmiert, der sich mit einem Kinderarzt und einer Kinderkrankenschwester auf den Weg nach Agatharied macht.
Rund 60 Einsätze im Jahr fahren die Ehrenamtlichen mit dem aus Spenden finanzierten Baby-Notarztwagen, erzählt Ernst Schütz, Wachleiter der Rosenheimer Malteser. „Probleme mit der Lunge kommen bei Neugeborenen immer mal wieder vor“, sagt er. Dafür gibt es ein Medikament, das sehr teuer ist und gekühlt gelagert werden muss. Es wird in der Regel nicht transportiert und ist meistens nur in Kinderkliniken wie in Rosenheim vorrätig.
Das Malteser-Team hatte die Ampullen mitgebracht, der Spezialist verabreicht dem Mädchen das Medikament. Doch der erste Versuch scheitert, das Baby kann nicht stabilisiert werden. Die ganze Zeit über warten die Eltern auf der Entbindungsstation getrennt von ihrer Tochter. Sie können nichts anderes tun als zu hoffen, dass die Ärzte es schaffen, das Leben ihres Mädchens zu retten. Der Kinderarzt will die Hoffnung nicht aufgeben und es noch einmal mit dem Medikament versuchen. Doch der Vorrat ist erschöpft, das Medikament in Agatharied nicht vorrätig. Die letzte Möglichkeit: Es muss aus Rosenheim geholt werden.
Während Ärzte und Schwestern weiter um das Leben des Mädchens kämpfen, organisiert der Fahrer des Baby-Notarztwagens den Transport. „Er sagte: Kümmert ihr euch um das Kind, ich schau’, dass das Medikament kommt“, erzählt Ernst Schütz. Der Fahrer ruft in der Kinderklinik Rosenheim an: Ein Mitarbeiter soll mit den Ampullen an der Tür bereitstehen. Dann alarmiert er die Integrierte Leitstelle Rosenheim und bittet um einen Kurier. Dort reagiert man sofort, verständigt die Polizeieinsatzzentrale. Die zieht eine Streife aus dem Stadtgebiet ab. Die Beamten wissen zunächst gar nicht, was sie mit Blaulicht und Martinshorn ins 33 Kilometer entfernte Krankenhaus transportieren.
Vor dem Malteser-Fahrer, der an der Tür wartet, legen sie eine Vollbremsung hin, reichen ihm das Päckchen, mit dem er zu dem Baby läuft. Es bekommt das Medikament und endlich öffnen sich seine Lungen, sein Zustand stabilisiert sich. Gegen 3.30 Uhr wird das Mädchen im Notarztwagen auf die Kinderintensivstation nach Rosenheim gebracht.
„Unser Team war gegen halb 6 Uhr morgens zuhause“, erzählt Ernst Schütz. Er freut sich, wie gut alle zusammengearbeitet haben. Doch muss weiter abgewartet werden: Er hat sich gestern nach dem Zustand des Babys erkundigt: Es befindet sich noch auf der Intensivstation.
Teresa Pancritius