Einen Moment hatte es letzte Woche so ausgesehen, als müsste der FC Bayern seine Dienstreise zur Klub-WM nach Marokko ohne seinen Präsidenten antreten. Als Uli Hoeneß in München in den Flieger wollte, tastete er vergeblich seine Taschen nach dem Ticket ab. Schließlich rief er nach seiner Frau, es war ihm eingefallen, dass sie die Karten verwaltete. Doch Susi brauchte noch, ehe sie an seiner Seite stand. Sie musste erst einen Star herzlich begrüßen. Küsschen links, Küsschen rechts, wie geht es, ein kurzer Plausch. Da rückten die Abflugzeit und der wartende Gatte in den Hintergrund. Der Spieler, der für die Verzögerung sorgte, war Franck Ribery.
Es kommt nicht von ungefähr, dass der Franzose und die „First Lady“ des FC Bayern eine besondere Beziehung pflegen. Ribery ist gerne Gast am Tegernsee, zudem besetzt er im Herzen seines Präsidenten einen exklusiven Platz. In dieser Saison hat der 30-Jährige die Wertschätzung mehr denn je zurückgezahlt; die Münchner haben alles gewonnen, was es zu gewinnen gab, Ribery trug maßgeblichen Anteil. Am heutigen Samstag im Endspiel der Klub-WM gegen Raja Casablanca (20.30 Uhr/ARD live) steht nun der letzte Kraftakt 2013 an, um das Jahr mit einer finalen Krönung zu veredeln. Der Fokus wird Ribery gelten.
Hier in Marokko war der Mittelfeldmann der am meisten umjubelte Bayern-Spieler. Das begann bereits bei der Landung am Flughafen von Agadir. Es war Mitternacht, dennoch scharten sich etliche Menschen für ein Foto um ihn. „Es ist eine Ehre für mich, hier einmal zu spielen, ich mache den Leuten hier gerne eine Freude“, sagte er. Ribery ist Muslim, seine Frau Wahiba kommt aus Algerien, es besteht eine besondere Bindung zu den Nordafrikanern. Diese Woche ist Ribery fast eine Konkurrenz zu König Mohammed VI gewesen, so sehr wurde ihm überall gehuldigt.
Das offizielle Magazin zum Turnier in Marokko heißt „Stadium“, es gibt eine arabische und eine französische Ausgabe. Auf dem Titelblatt sind Ronaldinho, Casablancas Kapitän Mouhssine Metouali und natürlich Ribery abgebildet. Ronaldinho ist mit Atletico Mineiro ausgeschieden, Metouali empfiehlt sich gerade für die Bundesliga (der FC Augsburg hat Interesse), der Münchner wiederum deutete bereits im Halbfinale gegen Guangzhou an, dass er der Mann dieses Turniers werden dürfte. Das 1:0 beim souveränen 3:0-Erfolg war Chefsache. „Wir sind nach Marokko gekommen, um zu gewinnen“, lautet die Titelzeile seines Interviews im „Stadium“. Auf einem Foto steckt er seinen Kopf in den Champions League-Pokal, auf einem anderen steckt er die Köpfe mit Pep Guardiola zusammen.
Trophäen, Ribery, Guardiola – so leicht lässt sich die Saison auf Kernbotschaften verdichten. Gut, es gab auch noch Jupp Heynckes, Philipp Lahm, Manuel Neuer, Arjen Robben, aber zum Abschluss von 2013 stehen doch Ribery und Guardiola im Zentrum. Der Trainer kann Geschichte schreiben, noch nie holte ein Coach mit zwei verschiedenen Mannschaften diesen WM-Pokal. Er selbst übt sich in Demut, („ich will den Titel für Jupp Heynckes gewinnen“), das hindert ihn nicht daran, mit Akribie am Coup zu arbeiten. Das Halbfinale zwischen Mineiro und Raja sah er im Stadion, in der Pause umringten ihn die Marokkaner wie einen Eisverkäufer an einem heißen Sommertag am Strand von Agadir. Er hat die Atmosphäre im Stadion registriert, trotz aller Wertschätzung für seine Person ist er sich klar: „Wir spielen in diesem Finale nicht nur gegen eine Mannschaft, sondern gegen ein ganzes Land.“
Die Lokalmatadoren werden frenetisch umjubelt werden. „Da kommt König Mohammed ins Stadion, das sagt doch alles, Raja wird alles geben“, sagte Guardiola. Trotzen die Münchner den stürmischen Gastgebern, gäbe es eine feine finale Pointe des Jahres 2013 – wer kann schon von sich behaupten, mal unter den Augen eines waschechten Königs gekrönt worden zu sein? ´
Von Andreas Werner