Der kölsche "Freischuss" bei den Überbayern

Gegen Hannover war alles ein wenig anders: Weniger Zuschauer, leisere Stimmung und endlich mal wieder ein Heimtor. Nur zu einem Sieg reichte es am Ende nicht. Dass der nun ausgerechnet in München gelingt ist zwar unwahrscheinlich, aber längst nicht ausgeschlossen, wie die Vergangenheit zeigt. Und selbst wenn nicht: Bei den Bayern haben wir nichts zu verlieren.

Von Cora Finner 

Am Samstagabend kam es zum Aufeinandertreffen unseres 1. FC Köln mit Hannover 96. Dieser Bundesliga-Kracher war nicht nur das Topspiel des Wochenendes (selbstverständlich vollkommen zu Recht!), sondern es war vor allem auch Spiel eins nach Mönchengladbach. Spiel eins nach Aschermittwoch. Spiel eins nach dem Rauswurf der “Boyz”. Ich gebe zu, ich hatte schon ein etwas merkwürdiges Gefühl, als ich mich auf den Weg ins Stadion machte. Was wird mich dort erwarten? Gibt es Proteste? Und wenn ja: Gegen wen? Die Ultras? Den FC? Vorab sei verraten: Es wurde eine Mischung aus beidem.

In der Südkurve angekommen, fiel zunächst mal eins auf: Ich hatte Platz. Denn getreu dem Motto: “Wenn die nicht dürfen, kommen wir auch nicht”, waren rund 1.500 Ultras der Partie ferngeblieben. Klar, dass sich das bemerkbar machte. Es herrschte eine Stimmung fast wie in englischen Stadien: Der Support war etwas unkoordinierter und nicht ganz so lautstark wie gewohnt, dafür aber sehr situativ und ohne nervige Dauergesänge. Schon das erste “Come on FC” sorgte bei mir für Gänsehaut, denn man merkte richtig, wie jeder einzelne sich noch ein wenig mehr ins Zeug legte, um die Mannschaft nach Kräften zu unterstützen.

Ein “Macarena” macht noch keinen Heimsieg 

In der Südkurve des RheinEnergie-Stadions schlägt das Herz der kölschen Fanszene. Hier fühlt sich auch Cora Finner so richtig wohl – und erzählt in der Bundesligasaison jede Woche aus ihrem Fan-Leben.

Die hatte unsere Unterstützung auch bitter nötig, denn Hennes hatte es sich kaum an der Seitenlinie bequem gemacht, da lagen die Kölner auch schon zurück. Doch was war das für ein Billiard-Tor? Kopf, Latte, Schulter, drin – Horn war schon nach fünf Minuten restlos bedient. In mir dagegen machte sich blanke Panik breit. Ein früher Rückstand ausgerechnet durch Hannovers Spanier Joselu. Wohin das führen kann, ist mir aus dem Hinspiel noch schmerzhaft in Erinnerung. 

Doch an diesem Tag war alles ein bisschen anders. Nicht nur auf den Rängen, auch bei der Mannschaft, die nach dem Rückstand kämpfte, als wären die Gestalten in weißen Anzügen persönlich hinter ihnen her, und vor allem bei Anthony Ujah. Wahnsinn! Zuletzt noch mit einer Backe auf der Bank, versetzte er mit dem ersten Heimtor seit 363 Minuten das ganze Stadion in einen kollektiven Jubelrausch. Gut, statt mit Deyverson hätte der Nigerianer vielleicht lieber mit den 96-Profis Hirsch und Sané ne Runde “Macarena” tanzen sollen, denn ohne die Hannoveraner Zauber-Hacken-Vorlage wäre dieser Treffer wohl nicht gefallen, aber wer will das unserem kölschen Jung schon übel nehmen.

Spätestens jetzt war auch meine Panik wieder verflogen. Ich war mir ganz sicher: gegen die Niedersachsen holen wir uns endlich den zweiten Heimsieg der Saison.und alle, die heute nicht ins Stadion konnten (oder wollten) werden sich schwarz und grün ärgern. Die einzige Gesichtsfarbe, die sich im Laufe der zweiten Hälfte änderte, war jedoch meine – und zwar in ein dunkles Rot. Ganz klar, das war Elfmeter! Daran hatten auch die 46.999 anderen Zuschauer im Stadion keinen Zweifel. Stattdessen gab der Schiedsrichter Freistoß aus gefühlten 15,98 Metern. Das wurmte offenbar nicht nur mich, sondern auch Matthias Lehman so sehr, dass er den Ball vollkommen uninspiriert in die Arme von Hannover-Keeper Ron-Robert Zieler schob. 

So blieb es beim 1:1. “Zumindest mal wieder ein Unentschieden mit Toren”, sagte ein Freund nach Abpfiff zu mir. Recht hat er, allerdings war es angesichts des Kölner Chancenplus‘ auch ein Unentschieden mit äußerst bitterem Nachgeschmack.

Köln gegen Bayern – ein Duell mit der Fallhöhe einer Teppichkante

Doch es bleibt keine Zeit zum Trübsal blasen. Denn schon am Freitagabend geht es zum Spitzenreiter nach München. Der kleine Aufsteiger zu Gast bei den Überbayern. Köln gegen den FC Hollywood. Ein Hauch von Champions League… Oder, wie ich es nenne: Das uninteressanteste Spiel des Jahres. Denn eigentlich geht es für unsere Jungs da schlicht um gar nichts. Ein Freischuss; wie die 32.000-Euro-Frage bei “Wer wird Millionär”. Wenn du gewinnst – überragend. Wenn nicht, dann ist das halt so. Ein Duell mit der Fallhöhe einer Teppichkante.

Zum Glück, muss man sagen, denn viel spricht derzeit nicht dafür, dass die Geißböcke in München auch nur den Hauch einer Chance haben. Während wir seit drei Spielen sieglos sind und dabei gerade Mal ein mickriges Törchen geschossen haben, ließen die Bayern dem 8:0 gegen den Hamburger SV auch noch ein 6:0 in Paderborn folgen. Außerdem hat der FC seit über 20 Jahren nicht mehr bei einem Tabellenführer gewonnen. Zuletzt gelang das im November 1993 bei Eintracht Frankfurt (3:0). 

Geht’s raus und spuits Fußball!

Ich werde mich trotzdem auf den Weg gen Süden machen, schon allein um zu erfahren, ob die Stimmung bei den Bayern wirklich so mau ist, wie es im Fernsehen immer rüberkommt. Zwar war ich schonmal in der Allianz-Arena, doch damals leuchtete sie blau und Köln spielte in der zweiten Liga. Und wer weiß, vielleicht schaffen wir ja die dicke Überraschung. Denn nicht nur der Karnevalssamstag vor sechs Jahren hat gezeigt, dass wir uns auch punktetechnisch durchaus etwas ausmalen dürfen: Von den letzten sechs Auswärtsspielen beim Rekordmeister hat der FC nur ein einziges verloren.  

Und noch zwei Dinge sprechen ganz klar für unsere Elf. Mit einem Sieg könnte der FC in der Tabelle bis auf Platz neun vorrücken. Und wir alle wissen: So eine Chance würde man sich in Köln doch niemals entgehen lassen. Außerdem haben wir Hennes VIII. und die Bayern ein Plüsch-Bär namens Berni… Noch Fragen? Nein? Also gut Jungs, dann geht’s raus und spuits Fußball! (Foto: imago/Fishing) 

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