Als Denkmalpfleger öffnet sich mir ein Himmel.“ Es ist tatsächlich eine Art Himmel. Denn der Ort, an dem Dr. Matthias Staschull das sagt, ist das gigantische Gerüst im Gartensaal der Residenz. Dort, wo die Stuckaturen von Antonio Bossi und das himmlisch von Johann Zick gemalte Deckengewölbe zum Greifen nahe sind. Der Fachmann für Restaurierung historischer Kunstwerke und Bausubstanz zeigt beim Ortstermin kurz vor Weihnachten begeistert, wie er die Arbeitsweisen der Künstler aus der Mitte des 18. Jahrhunderts hautnah nachvollziehen kann. Damals konkurrierten die Fürstenhöfe ganz Europas bei der Ausstattung ihrer repräsentativen Regierungssitze miteinander und engagierten nur die besten Kunsthandwerker für sich.
Apropos zum Greifen nahe: Angefasst wird nichts. Vor allem der Bossi-Stuck im Gartensaal ist an frei hängenden Partien mitunter in einem schlechten Zustand. Zuletzt fielen immer wieder Brocken ab, deshalb wurden provisorisch einzelne Teile mit kleinen Netzchen gesichert. Man sieht sie nur aus allernächster Nähe. Der Stuck ist der Hauptgrund, warum der Gartensaal dringend restauriert werden muss. Auch bei den Malereien gibt es etliche Stellen, wo sich Farbe ablöst und der Putzträger Risse und Hohlstellen aufweist.
Die Ursachen? Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen vor allem. Dabei sind die Schäden im Gartensaal im Vergleich zu anderen Festsälen der Residenz, die in den vergangenen Jahren restauriert werden konnten, noch relativ gering. Im Gegensatz zu Treppenhaus , Weißem Saal, Kaisersaal oder Hofkirche waren die Gewölbe nach dem Krieg nicht schadensträchtig durchfeuchtet worden.
Die Schäden im Gartensaal seien eher „normal“, sagt Matthias Staschull vom Restaurierungszentrum der Bayerischen Schlösserverwaltung, der die Sanierung verantwortlich betreut. Aufgabe der Fachbauleitung war es im Vorfeld, in die umfangreiche Foto-Dokumentation systematisch alle Schäden einzutragen und Leistungsbeschreibungen für die beauftragten Fachfirmen zu erarbeiten.
Manche Schäden sind mit bloßem Auge gar nicht zu sehen. Die Fachleute mussten die historische Substanz ganz vorsichtig abklopfen, um Hohlräume unter dem Putz festzustellen. Die könnten dann gegebenenfalls durch winzig kleine Bohrungen hindurch hinterspritzt werden, sagt der Fachmann.
Beim Stuck geht es hauptsächlich auch um die Reinigung, weil sich über Jahrzehnte eine Staubschicht festgesetzt hat. Ist sie entfernt, können Korrosionsschäden an den Drahtarmierungen der Ornamente auftauchen. Dann besteht neuer Handlungsbedarf. Es wird aber nichts komplett ergänzt oder nachgebildet, sagt Staschull. Oberstes Prinzip ist die Sicherheit, kein Original soll abbrechen oder beschädigt werden. Bei schwereren Stuckteilen würden notfalls neue stabile Drähte angesetzt.
Johann Zick hat bei seinem Deckengemälde als Hauptthema ein „Göttermahl“ und die „Rast der Diana“ in Freskotechnik malerisch gestaltet. Eine Spezialität Zicks ist das Malen von Putten, also nackten Kindergestalten, wie sie in der Barockkunst üblich waren. Staschull hat schmunzelnd festgestellt, dass der Künstler nicht immer perfekt war. So hat Zick an einer Darstellung des Kronos eine ganz seltsame Flügelhaltung hinterlassen. Die Flügel wachsen ihm nicht aus dem Rücken, sondern aus der Brust. Und eine Sense, die Kronos schwingt, war wohl auch einmal anders geplant, wie eine Übermalung verrät. Da muss es beim Meister Zick wohl einen Konzeptwechsel gegeben haben – oder der Auftraggeber hat sich eingemischt.
Gewölbe und Wände des Gartensaals, derzeit eingerüstet und in Plastikplanen eingehüllt, werden wohl bis Mai 2016 öffentlich nicht einsehbar sein. Damit fällt der Gartensaal auch für das Mozartfest im nächsten Jahr als Festsaal aus. Im Gegensatz zu Treppenhaus, Kaisersaal oder Hofkirche läuft die Finanzierung als „kleine Baumaßnahme“ aus Sondermitteln des Staatlichen Bauamts, das die Restaurierungen leitet. Die Kosten sind knapp unter einer Million veranschlagt.