Bis heute haben 460.000 Legehennen in einem Stall der Firma Bayern-Ei am Standort Wallersdorf Ettling gelebt. Nun hat das Unternehmen begonnen den gesamten Bestand zu schlachten. Bayern-Ei steht momentan in den Schlagzeilen, dem niederbayerischen Betrieb wird vorgeworfen für den europaweiten Salmonellen-Ausbruch im Jahr 2014 verantwortlich zu sein.
Doch die Massenschlachtung hat damit nichts zu tun. Sie ist auch nichts Außergewöhnliches. Sie passiert jedes Jahr. In den meisten Legehennenbetrieben werden die Tiere nach einem Jahr ausgetauscht, weil sie länger kaum durchhalten.
Deutsche verbrauchen jährlich 1,1 Millionen Tonnen Eier
Ein Misthaufen, ein Hahn und zehn bis zwanzig Hühner – bis in die 1950er Jahre prägte die Hühnerherde das typische Bild eines Bauernhofes. Die Comedian Harmonists haben dieser Idylle und dem angeblich entspannten Hühnerleben in den 1930er Jahren sogar ein musikalisches Denkmal gesetzt.
Doch mit dem Wirtschaftswunder ist der Bedarf an Eiern drastisch gestiegen. Die Deutschen haben im Jahr 2013 insgesamt rund 1,1 Millionen Tonnen oder 17,6 Milliarden Stück verzehrt. Das entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von 218 Eiern (13,5 kg) pro Jahr.
Rationalisierung mithilfe von Hybrid-Hühnern
Männlein oder Weiblein? Das Geschlecht entscheidet über Leben und Tod
Für die Legehennen hatte diese Entwicklung drastische Folgen. Wie in vielen Bereichen der Lebensmittelproduktion musste das Bauernhof-Idyll bald der industriellen Massenproduktion weichen. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 39,6 Millionen Legehennen gehalten.
Mithilfe einer Züchtungsmethode aus den USA wurde die Hühnerhaltung rationalisiert: Bei der sogenannten Hybrid-Züchtung werden Inzuchtlinien von Rassen gekreuzt, die sich durch besonders herausragende Eigenschaften auszeichneten. Deren Nachkommen waren damit deutlich leistungsfähiger, allerdings zur Weiterzucht nicht mehr geeignet.
Jährlich werden 40 Millionen Küken geschreddert
Für die männlichen Küken finden das System keine Verwendung. Deshalb werden jedes Jahr 40 Millionen direkt nach dem Schlüpfen aussortiert und vergast oder bei lebendigem Leibe geschreddert.
Zitat
“Zwar gibt es einige Bioproduzenten, die mittlerweile mit Zweinutzungsrassen experimentieren, aber auch dort ist das für die Landwirte kaum rentabel.” Christine Schneider, BR-Landwirtschaftsexpertin
Ihre Schwestern hingegen beginnen kurz darauf mit der Arbeit. Heutzutage kann eine Legehenne jährlich bis zu 320 Eier legen. 2013 lag der Durchschnitt noch bei 294 Eiern. Um auf diese Zahl zu kommen, beginnt eine Junghenne im Legebetrieb bereits im Alter von circa fünf Monaten mit dem Eierlegen. Den Höhepunkt der Legetätigkeit erreichen die Hennen im Alter von sechs bis sieben Monaten.
Künstliches Licht treibt die Produktion nach oben
Von Natur aus wäre die Eierproduktion im Frühjahr am höchsten. Mit zunehmender Dunkelheit würde im Winter die sogenannte Mauser einsetzen. Weil es in dieser Zeit naturgemäß weniger eiweißreiches Futter und weniger Licht gibt, legt ein Huhn nur noch wenige oder gar keine Eier mehr.
Mithilfe von künstlicher Belichtung und entsprechender Fütterung lässt sich die Mauser hinauszögern. Die Legeperiode einer Henne beträgt damit durchschnittlich etwa zwölf bis vierzehn Monate.
Danach nimmt ihre Legefähigkeit kontinuierlich ab. Für den Geflügelbauern sind die Hennen nicht mehr rentabel. Im zarten Alter von gerade einmal eineinhalb Jahren heißt es dann: ab in den Kochtopf. Die ausgedienten Legehennen werden zu Suppenhühnern und Nuggets verarbeitet. Derweil statten sich die Hühnerbetriebe mit frische Junghennen aus und die ganze Prozedur beginnt von vorn.
Bio ändert nichts
Selbst in der Bioproduktion werden Legehennen selten älter als 15 Monate.
Legehennen in Bayern (2014)
Ökohaltung: 423.000
Freilandhaltung: 696.000
Bodenhaltung: 3,17 Millionen
Kleingruppen: 1,3 Millionen
Auch wenn die Lebenserwartung dort meist nicht höher ist, so sind immerhin die “Arbeitsbedingungen” deutlich artgerechter als in der konventionellen Produktion. Dies zeigt sich vor allem hinsichtlich des Bewegungsfreiraums der einzelnen Tiere.
Denn auf dem Biobauernhof haben die Hennen definitiv am meisten Platz: Maximal 6 Hennen dürfen es pro Quadratmeter Stallfläche sein. Bei Freilandhaltung sind es maximal neun Tiere pro Quadratmeter. Bei beiden Haltungsformen sind pro Tier vier Quadratmeter Auslauf vorgeschrieben.
Kennzeichnung:
Bio: 0
Freilandhaltung: 1
Bodenhaltung: 2
Kleingruppen: 3
Bei Bodenhaltung teilen sich maximal neun Hennen einen Quadratmeter Stall, außerdem haben sie keinen Auslauf ins Freie. Am engsten wird es für die Tiere in der sogenannten Kleingruppenhaltung – eine schöne Umschreibung für große Käfige. Hier leben maximal elf Legehennen pro Quadratmeter.
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