Manche Politiker müssen sich nach ihrem Rücktritt in Schimpf und Schande zurückziehen. Nicht so Hans-Peter Friedrich. Beim kleinen CSU-Parteitag in Bamberg wird der gestürzte Bundesagrarminister so hochachtungsvoll begrüßt wie mutmaßlich nie zuvor in seiner Laufbahn: Die gut 200 Delegierten erheben sich zu seinen Ehren von den Plätzen.
“Du hast die Solidarität der gesamten Partei”, sagt Parteichef Horst Seehofer, der freilich noch nie viel von Friedrich hielt.
Doch dieser hat nach seinem Sturz in der CSU den Status eines Märtyrers erlangt. Und die große Koalition hat ein Problem, denn Seehofer und viele andere in der CSU sind schwer verärgert über die SPD und fordern Konsequenzen.
Aus CSU-Sicht hat Friedrich der SPD-Spitze ein gutes Werk getan, weil er deren Chef Sigmar Gabriel darüber informierte, dass der SPD-Politiker Sebastian Edathy auf einer “Liste mit unangenehmem Zeug” auftauchte, wie Friedrich es formuliert. Damit ersparte der damalige Innenminister Friedrich der SPD die Peinlichkeit, den hoch gehandelten Edathy ins Bundeskabinett zu befördern, bevor die Sache mit den Kinderfotos ruchbar wurde. Die Folgen für die SPD wären mutmaßlich noch weit unangenehmer gewesen.
Nun ist es aber Friedrich, der anstelle eines möglichen SPD-Kabinettsmitglieds Edathy sein Amt verloren hat. Denn der CSU-Mann ist in den Ruch des Geheimnisverrats geraten. Staatsanwälte prüfen, ob sie deswegen ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleiten. Friedrichs politisch vielleicht gut gemeinte, aber juristisch fragwürdige Tat machte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann öffentlich. Ein klarer Fall von Vertrauensbruch, finden viele CSU-Politiker auf dem Parteitag – auch Seehofer. Es könne nicht angehen, dass nur Friedrich und die CSU für die Affäre gerade stehen müssten, meinen viele Delegierte.
In der der Jungen Union werden Rufe nach Oppermanns Rücktritt laut. Doch die CSU-Spitze sucht derzeit den kontrollierten Konflikt, nicht die ungebremste Eskalation: Von den Parteioberen kommen in Bamberg keine Rücktrittsforderungen.
Am kommenden Dienstag kommen die Spitzen von Union und SPD in Berlin zum Koalitionsausschuss zusammen. Das Treffen dürfte reichlich unbequem werden – vor allem für die SPD. (dpa)