Ein etwas überheblicher FC Bayern München gerät gegen den FC Arsenal unangenehm unter Druck: Zwei Tore kassiert der Rekordmeister im heimischen Stadion – und lässt Titelqualitäten weitgehend vermissen.
München –
Was soll da noch schiefgehen, das war die Frage, die den FC Bayern ins Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Arsenal aus London begleitet hatte? Vor drei Wochen hatten die Münchner das erste Treffen mit dem Tabellenfünften der Premier League ja 3:1 für sich entschieden, ein überaus komfortabler Vorsprung, den noch keine Mannschaft in Europas Eliteliga verspielt hat. Warum also sollte das ausgerechnet diesen Bayern passieren, die in der Bundesliga längst allen enteilt sind, im DFB-Pokal ebenfalls dem Titelgewinn entgegenstreben und ihre Gier bis dahin mit immer neuen Rekorden zu stillen versuchen?
Die Gewissheit, dass es nicht zu einer geradezu sensationellen Enttäuschung kommen würde, stellte sich gestern Abend erst spät ein. Denn Arsenals Olivier Giroud hatte früh zur Gästeführung getroffen (3.) und damit einen Spätwinterabend eingeleitet, der sich durch das 0:2 von Laurent Koscielny (86.) noch dramatisch zuspitzte und insgesamt eher unter dem Motto durchwurschteln statt glänzen stand. „Das darf nicht passieren“, ärgerte sich Arjen Robben, „dabei hatten wir in der Kabine vorher drüber gesprochen, dass sowas nicht passieren darf.“ Aber vielleicht, so der Niederländer, sei das sogar „Wake up call“, ein Wachmacher zur rechten Zeit gewesen. „Wir mussten bis zum Ende zittern“, räumte Kapitän Philipp Lahm ein, „man muss eben immer zu hundert Prozent auf dem Platz stehen.“
Nach dem 0:2 (0:1) und dem erwarteten Einzug ins Viertelfinale fiel der Jubel entsprechend überschaubar aus, zumal sich Javíer Martinez auch noch eine Gelbsperre eingehandelt hatte. Zu wenig hatten die arroganten Bayern zudem lange gegen das einst in Europa hochgeschätzte, nun aber nur noch mittelmäßige Arsenal geboten. Dass die Münchner dagegen zum Kreis der Titelkandidaten gezählt werden, unterstrichen sie diesmal nicht.
Arjen Robben und der FC Bayern haben sich ins Viertelfinale der Champions League gezittert. Foto: Marc Müller
Nachlässig in der Defensive, wenig Zug nach vorne
Roque Santa Cruz hat die Überraschungsmannschaft FC Málaga in die Runde der besten acht europäischen Teams befördert. Der ehemalige Bundesliga-Profi, der von 1999 bis 2007 155 Spiele für den FC Bayern München absolvierte, erzielte kurz nach seiner Einwechslung per Kopf das entscheidende 2:0 gegen den FC Porto.
Die Portugiesen, die das Hinspiel im Champions-League-Achtelfinale mit 1:0 für sich entschieden hatten, mussten fast die gesamte zweite Halbzeit in Unterzahl bestreiten, nachdem der belgische Mittelfeldspieler Steven Defour die Gelb-Rote Karte gesehen hatte. Isco hatte kurz vor der Pause die Führung für Málaga erzielt.
Denn die Bayern machten ungefähr da weiter, wo sie beim 3:2 gegen Fortuna Düsseldorf in der Bundesliga aufgehört hatten. Ein bisschen nachlässig in der Defensive, nicht mehr so gewohnt kombinationsstark im Aufbau und lange nur selten mit der nötigen Zuspitzung vor dem gegnerischen Tor. Das konnte man darauf zurückführen, dass Trainer Jupp Heynckes auf seinen Ausnahmeartisten Franck Ribéry wegen einer Bänderdehnung und auf den Chefstrategen Bastian Schweinsteiger wegen einer Gelbsperre verzichten musste. Zudem fehlten ja auch der rotgesperrte Jérôme Boateng und Holger Badstuber, der gestern seinen 24. Geburtstag feierte und nach seinem Kreuzbandriss meist gar nicht mehr mit in Absenzen eingerechnet wird. Doch es war wohl auch so, dass sich die Vertreter Arjen Robben, Luiz Gustavo und Daniel Van Buyten wie die gesamte Elf erst sortieren mussten.
Eine ähnlich furiose Aufholjagd zu starten wie jene vor einem Jahr, als Arsenal gegen den AC Mailand nach einem 0:4 aus dem Hinspiel noch bis auf 3:0 herankam, schienen die Bayern aber nicht zuzulassen. Derartige Irritationen blieben kamen erst in der hektischen Schlussphase auf. Zuvor waren die Münchner eigentlich nicht allzu sehr durch den Rückstand erschrocken. Denn solch eine Fehlerkette sollte sich nicht noch einmal ereignen wie jene vor dem 0:1, als Philipp Lahm und Martínez bei einem schnellen Pass ins Leere liefen und David Alaba gegen Tomas Rosicky ausrutschte, ehe Theo Walcott den frei stehenden Giroud im Zentrum bediente.
Dazu fehlte Arsenal, das mit Per Mertesacker, aber wegen einer Sprunggelenkblessur ohne den anderen deutschen Nationalspieler Lukas Podolski angetreten war, auch die spielerische Klasse und Wucht in der Offensive, wenngleich schon Gervinho in der 79. Minute noch das 0:2 auf dem Fuß hatte. Die überlegenen Bayern kamen durch Toni Kroos, Gustavo, Robben und Thomas Müller dagegen immer wieder zu Chancen. Allein, es fehlte die Präzision – und Koscielny sorgte noch fürs große Zittern.
Spannend ist nun die Frage, auf wen die Bayern im Viertelfinale im April treffen. Neben Dortmund stehen bei der Auslosung am Freitag der FC Barcelona, Real Madrid, Juventus Turin, Paris St. Germain, Galatasaray Istanbul und der FC Malaga zur Auswahl.