Kärntens Landesholding haftet nicht nur für Altschulden der Hypo, sondern für alle Verbindlichkeiten. Die BayernLB nutzt das und klagt
Wien – Im juristischen Kleinkrieg zwischen Österreich und Bayern rund um die Lastenverteilung der Hypo-Kosten hat München einen neuen Hebel gefunden. Die BayernLB klagt die Kärntner Landesholding auf Rückzahlung von 2,6 Milliarden Euro, die der frühere Hauptaktionär der Hypo Alpe Adria gewährt hat und letztere nicht zurückzahlt. Die mittlerweile in die Abbaueinheit Heta übergegangene Ex-Bank ist der Ansicht, dass die Darlehen in der Krise gewährt wurden und nicht zurückzuzahlen sind. Zudem wurde ein Teil der Forderungen per Gesetz gestrichen.
Doch die Bayern könnten doch noch zu ihrem Geld kommen: Und zwar von Kärnten, sofern das Bundesland überhaupt zur Zahlung in der Lage wäre. Und das, obwohl die Kredite der Bayern an die damalige Hypo gar nicht von der Landeshaftung umfasst sind, die ja nicht mehr für nach März 2007 begebene Anleihen gilt. Der Grund ist folgender: In den 90er-Jahren wollte der Gesetzgeber, dass größere Sparkassen, Genossenschaften und Hypothekenanstalten in Aktiengesellschaften umgewandelt werden. Dabei wurde festgelegt, dass die Körperschaften, die den Bankbetrieb in die AG einbringen, in vollem Umfang weiter haften. Und zwar “mit ihrem gesamten Vermögen für alle gegenwärtigen und zukünftigen Verbindlichkeiten der Aktiengesellschaft im Falle von deren Zahlungsunfähigkeit”, wie es in Paragraf 92 Absatz 9 Bankwesengesetz heißt. Der Passus wurde auch bei der Abschaffung der Landeshaftungen 2007 nicht geändert. Das Finanzministerium wurde mehrmals auf das Risiko dieser Bestimmung hingewiesen, hat aber keine Änderung veranlasst. Für den Finanzkontrollexperten Michael Bernt ist völlig unverständlich, warum die Regelungen trotz entsprechender Warnungen nicht geändert wurden. Finanzministerium und Länder “setzen damit möglicherweise Milliarden an Vermögen aufs Spiel”, sagte er kürzlich dem STANDARD.
Risiko deutlich höher
Im konkreten Fall heißt das: Sollten die Bayern Recht bekommen, müsste die Kärntner Landesholding für die Verbindlichkeiten der Heta geradestehen. In der Gesellschaft ist u. a. der Zukunftsfonds mit einem Volumen von 500 Mio. Euro gebunkert. Ähnlich ist die Situation übrigens in anderen Bundesländern. Das Risiko der Hypos ist somit deutlich höher als die bekannten 40 Mrd. Euro (inklusive Pfandbriefstelle).
Neben der BayernLB geht auch ein anderer Gläubiger gegen Kärnten vor. Die HMLK Rechtsanwälte haben für ein deutsches Finanzinstitut einen einstelligen Millionenbetrag beim Landesgericht Kärnten eingeklagt. Ihr Argument: Das Zahlungsmoratorium für die Heta gilt nicht für den Bürgen. Basis ist ein Gutachten des Grazer Professors Johannes Zollner, sagte Rechtsanwalt Ingo Kapsch am Freitag.
Zahlungsmoratorium
Dieses komme zu dem Schluss, dass die Ausfallsbürgschaften unmittelbar geltend gemacht werden können, auch wenn es ein Zahlungsmoratorium der Finanzmarktaufsicht FMA gibt. Haftungsbeschränkungen, die das Vermögen des Hauptschuldners dem Zugriff des Gläubigers entziehen, gelten nicht für den Bürgen, so laut Kapsch die gängige Rechtssprechung in Österreich. Da das Moratorium die Zahlungsverpflichtung der Heta nicht grundsätzlich in Frage stellt, sondern nur aufschiebt, sei nun der Bürge in der Ziehung.
Das Bankenabwicklungsgesetz (Basag) schreibe vor, dass kein Gläubiger schlechtergestellt werden darf als in einem Konkurs. Nach Allgemeinem Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) könne man aber auf den Bürgen zugreifen, wenn über den Schuldner ein Konkursverfahren eröffnet wurde. Hätte es also ein Konkursverfahren gegen die Heta gegeben, könnten die Gläubiger auf die Bürgen zurückgreifen. (as, APA, DER STANDARD, 18.4.2015)